Die rechtliche Problematik der möglichen Verletzung von bestehenden Markenrechten durch die Buchung von Keywords in Suchmaschinen und der daraus resultierenden AdWord-Darstellung hat jahrelang die Gerichte beschäftigt. Aber wer haftet, wenn eine Suchmaschine das Keyword bucht und die Anzeige auf das Angebot des Händlers verlinkt?

Diese Frage hat das OLG Hamm beantwortet.

In einem Grundsatzurteil hatte der BGH im Jahre 2011 Bedingungen und Vorgaben aufgestellt, die nunmehr bindend sind. Jedoch ist mit dieser Grundsatzentscheidung die Frage der Verletzung von Markenrechten durch AdWord-Werbung noch nicht beendet.

Dies zeigt ein aktuelles Urteil des OLG Hamm (Urt. v. 13.9.2012, I-4 U 71/12).

Was war passiert?

Ein Onlinehändler im Bereich des Angebots von Gesundheitsprodukten (unter anderem Rollstühle und Elektromobile) hatte einen Vertrag mit einer Internetpreissuchmaschine geschlossen und entsprechende Informationen und Produktdaten an diese geliefert.

Diese Internetpreissuchmaschine schaltete eine Google-AdWord-Anzeige wie folgt:

„Wl Elekt­ro­mo­bi­le

www.spard­ein­geld.de

Hier W- Elekt­ro­mo­bi­le ver­glei­chen:

Rie­sen­aus­wahl zu Schnäpp­chen­prei­sen“

Über den entsprechenden Link in dem AdWord konnte der Internetnutzer auf eine Trefferliste der Preissuchmaschine gelangen.

Dort waren unter anderem Produkte gelistet, die durch die Onlinehändler vertrieben wurden und eine entsprechende Verlinkung auf dem Onlineshop war verfügbar. Nicht vertrieben wurden durch den Onlinehändler Produkte, die unter der Marke „WI Elektromobile“ angeboten werden.

Der Inhaber der Marke „WI-Elektromobile“ sag diese AdWord-Schaltung als Markenrechtsverletzung an, die dem Onlinehändler zuzurechnen war und verklagte ihn u.a. auf Unterlassung.

OLG Hamm folgt dem BGH

Zunächst stellt das Oberlandesgericht Hamm zutreffend fest, dass hier eine Markenrechtsverletzung durch die konkrete Gestaltung des AdWords vorliegt.

Das Gericht folgte damit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 13.1.2011, I ZR 125/07 – Bananabay II).

Für das Gericht liegt hier eine eindeutige Markenrechtsverletzung vor:

„Die Be­nut­zung des frem­den Mar­ken­na­mens im Rah­men der Ad­words-Wer­bung stellt in der vor­lie­gen­den Form eine Kenn­zei­chen­ver­let­zung dar.

Denn die An­zei­ge selbst – und dies ist aus­weis­lich des Kla­ge­an­tra­ges auch der maß­geb­li­che Streit­gegen­stand – ent­hält so­wohl in der unter­stri­che­nen Über­schrift in Fett­druck als auch im fol­gen­den An­zei­gen­text den be­an­stan­de­ten Be­griff und be­nutzt ihn damit mar­ken­mä­ßig. Dass die Firma T für den In­halt die­ses Tex­tes ver­ant­wort­lich ist, steht nicht in Streit.

Hier­bei wird an kei­ner Stel­le auf die tat­säch­lich an­de­re be­trieb­li­che Her­kunft der be­wor­be­nen Waren hin­ge­wie­sen. Allein der an­ge­ge­be­ne Link www.spard­ein­geld.de auf eine Preis­such­ma­schi­ne gibt dem Inter­net­nut­zer kei­nen An­lass zu der An­nah­me, die An­zei­ge weise nicht auf Pro­duk­te des Mar­ken­in­ha­bers hin. Im Gegen­teil wird er unter die­sem Link einen Preis­ver­gleich für An­bie­ter die­ser Pro­duk­te er­war­ten, zumal ihm der An­zei­gen­text „Hier W- Elekt­ro­mo­bi­le ver­glei­chen: Rie­sen­aus­wahl zu Schnäpp­chen­prei­sen“ genau dies aus­drück­lich in Aus­sicht stellt.

Selbst in der ver­link­ten Tref­fer­lis­te unter www.spard­ein­geld.de zum Such­er­geb­nis „w-e-lek­tro­mo­bi­le von an­de­ren Shops“ wird (al­lein) durch die op­ti­sche Ab­gren­zung der von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­nen Elekt­ro­mo­bi­le nicht ohne wei­te­res klar ge­macht, dass es sich hier­bei – ent­gegen dem durch das wie­de­rum als Such­er­geb­nis res­pek­ti­ve „Überschrift“ auf­schei­nen­de Key­word „w- elek­tro­mo­bi­le“ er­weck­ten Ein­druck – nicht um sol­che der klä­ge­ri­schen Marke han­delt.

Die Ad­words-Wer­bung der Firma T unter­schei­det sich damit maß­geb­lich von den üb­ri­gen mar­ken­recht­lich ein­wand­frei­en An­zei­gen in der rech­ten Spal­te des als An­la­ge K5 zur Kla­ge­schrift vom 05.12.2011 (Bl. 25 d.A.) zu den Akten ge­reich­ten Screen­shots der Goo­gle-Tref­fer­lis­te zum in Rede ste­hen­den Key­word. Denn diese An­zei­gen wei­sen teilwei­se schon durch den an­ge­ge­be­nen Do­main­na­men auf eine an­de­re be­trieb­li­che Her­kunft hin und ent­hal­ten die frem­den Kenn­zei­chen aus­nahms­los nicht im sicht­ba­ren Teil der An­zei­ge (zu die­ser Form des un­be­denk­li­chen Key­word-Ad­ver­ti­sing BGH MMR 2009, 331 – pcb; NJW 2011, 3005 – Ba­na­na­bay II).“

Händler haftet für AdWord-Darstellung

Der Knackpunkt des zu entscheidenden Falls war es, ob und inwieweit hier die AdWord-Anzeige dem beklagten Onlinehändler zugerechnet werden kann. Dieser hatte schließlich nicht aktiv diese Anzeige gestaltet, sondern dies geschah durch den Vertragspartner ihm Rahmen des Vertrages mit der Preissuchmaschine.

Das OLG Hamm nimmt hier eine Haftung gem. § 14 Abs. 7 MarkenG an.

Diese gesetzliche Regelung besagt folgendes:

„Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.“

Das Gericht sieht für die Eigenschaft als „Beauftragter“ folgende, zu erfüllende Voraussetzungen:

„Be­auf­trag­ter ist, wer, ohne Mit­arbei­ter zu sein, für den Unter­neh­mens­in­ha­ber kraft Ab­spra­che tätig wird (BGH GRUR 1995, 605 – Fran­chise­neh­mer). Der Be­griff ist weit aus­zu­le­gen.

Der Be­auf­trag­te muss in die be­trieb­li­che Or­ga­ni­sa­tion des Be­triebs­in­ha­bers in der Weise ein­ge­glie­dert sein, dass einer­seits der Be­triebs­in­ha­ber auf das be­auf­trag­te Unter­neh­men einen be­stim­men­den, durch­setz­ba­ren Ein­fluss auf die­je­ni­ge Tä­tig­keit des be­auf­trag­ten Unter­neh­mens hat, in deren Be­reich das be­an­stan­de­te Ver­hal­ten fällt, und dass an­de­rer­seits der Er­folg der Ge­schäfts­tä­tig­keit des be­auf­trag­ten Unter­neh­mens dem Be­triebs­in­ha­ber zu Gute kommt.

Des­halb ist es un­er­heb­lich, wie die Be­tei­lig­ten ihre Rechts­be­zie­hung aus­ge­stal­tet haben. Trotz des Kri­te­riums „Ein­glie­de­rung“ kön­nen damit auch selb­stän­di­ge Unter­neh­mer wie bei­spiels­wei­se Wer­be­agen­tu­ren Be­auf­trag­te sein. Dabei kommt es nicht da­rauf an, wel­chen Ein­fluss der In­ha­ber des Unter­neh­mens sich auf diese tat­säch­lich ge­si­chert hat, son­dern wel­chen Ein­fluss er sich hätte si­chern kön­nen und müs­sen.“

Für das Gericht ist die beauftragte Internetsuchmaschine aufgrund der geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen als Beauftragter des abgemahnten Onlinehändlers anzusehen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass aufgrund der vertraglichen Regelungen hier eine Einflussmöglichkeit auf die entsprechende beauftragte Internetsuchmaschine vorlag, bestimmte Darstellungen vorzunehmen oder nicht:

„Der Er­folg der Ge­schäfts­tä­tig­keit der Firma T kommt der Be­klag­ten un­mit­tel­bar zu­gu­te. Denn je öfter Inter­net-Nut­zer über ent­spre­chen­de Links zu den Einkaufssuchmaschinen der Firma T und dort zu den das An­ge­bot der Be­klag­ten um­fas­sen­den Ein­kaufs­lis­ten ge­lan­gen, desto grö­ßer ist die Chan­ce, dass sie von dort zum verlink­ten Internetauf­tritt der Be­klag­ten ge­lan­gen.

Die Prä­senz der Be­klag­ten im Inter­net wird damit deut­lich ge­stei­gert. Ihre Ab­satz­chan­cen er­hö­hen sich.…Die Be­klag­te ver­füg­te auch prin­zi­piell über einen be­stim­men­den, durch­setz­ba­ren Ein­fluss auf ihren Ver­trags­part­ner, die Firma T.,,Die Be­klag­te kann nicht ein­wen­den, in An­be­tracht eines standardisierten Ver­trags mit der Firma T in einem in­so­weit gleich­sam auto­ma­ti­sier­ten An­mel­de­ver­fah­ren im Inter­net kei­nen tat­säch­li­chen Ein­fluss auf deren Tä­tig­keit gehabt zu haben. Denn hie­rauf kommt es nicht an.

Maß­ge­blich ist näm­lich nicht, wel­chen Ein­fluss sich der Be­triebs­in­ha­ber ge­si­chert hat, son­dern wel­chen Ein­fluss er sich si­chern konn­te und muss­te. Dass heißt, die Be­klag­te könn­te sich einer Haf­tung selbst dann nicht ent­zie­hen, wenn sie sich sämt­li­cher un­mit­tel­ba­rer ver­trag­li­cher Ein­fluss­nah­me­mög­lich­kei­ten auf ihren Ver­trags­part­ner be­ge­ben hätte .

Tat­säch­lich stan­den ihr im Üb­ri­gen im Falle einer ver­trags­wid­ri­gen, da mar­ken­rechts­ver­let­zen­den Tä­tig­keit durch­aus recht­li­che Mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Ab­ge­se­hen davon, dass unter C. 9 des Ver­tra­ges ein Ver­fah­ren zur Bei­le­gung von Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten der Ver­trags­par­tei­en ge­re­gelt ist, hätte die Be­klag­te jeden­falls die Möglich­keit der Kün­di­gung des Ver­tra­ges ge­habt.”

Kein Ausnahme der Haftung

Das Gericht sieht hier ebenfalls im vorliegenden Fall keine Ausnahme der Haftung des § 14 Abs. 7 MarkenG für den werbenden Onlinehändler an.

Die Rechtsprechung hat insbesondere Ausnahmemöglichkeiten nur dann begründet, wenn und soweit der entsprechende Beauftragte außerhalb seines vertraglichen Regelungsbereiches tätig wird. Ein solches Vorgehen war im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

„Der Auf­trag­ge­ber haf­tet le­dig­lich dann nicht als Unter­neh­mens­in­ha­ber im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG, wenn das be­tref­fen­de ge­schäft­li­che Han­deln nicht der Geschäftsorganisa­tion des Auf­trag­ge­bers, son­dern der­je­ni­gen eines Drit­ten oder des Be­auf­trag­ten selbst zu­zu­rech­nen ist, etwa weil er noch für an­de­re Per­so­nen oder Unterneh­men tätig wird oder weil er neben dem Ge­schäfts­be­reich, in dem er für den Auf­trag­ge­ber tätig wird, noch wei­te­re, davon zu unter­schei­den­de Ge­schäfts­be­rei­che unter­hält.

Denn die Haf­tung nach § 8 Abs. 2 UWG er­streckt sich nicht auf jeg­li­che ge­schäft­li­che Tä­tig­keit des Be­auf­trag­ten auch au­ßer­halb des ihm zu­ge­wie­se­nen Geschäftsbereichs. Dies gilt jeden­falls dann, wenn der Auf­trag auf einen be­stimm­ten Ge­schäfts­be­reich des Be­auf­trag­ten be­schränkt ist und der Auf­trag­ge­ber nicht damit rech­nen muss, dass der Be­auf­trag­te auch an­der­wei­tig für ihn tätig wird. Nur in die­sem Um­fang ist es im Hin­blick auf das vom Auf­trag­ge­ber be­herrsch­ba­re Ri­si­ko gerechtfertigt, ihn der wei­ten Haf­tung des § 8 Abs. 2 UWG zu unter­wer­fen.

Sol­che Um­stän­de lie­gen hier je­doch nicht vor. Die Be­auf­tra­gung der Firma T be­schränk­te sich – im Gegen­satz zu dem der Ent­schei­dung BGH GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm zu­grun­de lie­gen­den Sach­ver­halt – ge­ra­de nicht auf be­stimm­te Do­mains oder gar ein­zel­ne Tä­tig­keits­for­men. Im Gegen­teil wird aus der Re­ge­lung unter A. 2. des mit T ge­schlos­se­nen Ver­tra­ges mehr als deut­lich, dass der­lei Ein­schrän­kun­gen ge­ra­de nicht gel­ten soll­ten.

Denn das sog. „T-Netz­werk“ um­fasst da­nach sämt­li­che eige­nen sowie frem­de Web­sites und auch sons­ti­ge Me­dien und Diens­te, unter denen T dem Ver­brau­cher seine Leis­tun­gen an­bie­tet. Hier­von ist auch die streit­gegen­ständ­li­che Goo­gle-Ad­words-An­zei­ge der Firma T um­fasst, die dem Ver­brau­cher die Mög­lich­keit er­öff­net, durch einen Link auf die von ihr zur Ver­fü­gung ge­stell­te Such­lis­te zu ge­lan­gen…“

In der Folge war der Onlinehändler also für die Markenrechtsverletzung verantwortlich und musste sich dem gerichtlichen Unterlassungsgebot unterwerfen.

Fazit

Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass die Nutzung von bezahlten Internetsuchmaschinenwerbeanzeigen für Onlinehändler nicht ohne Risiko ist.

Insbesondere in den Fällen, in denen Sie Dritte mit der Bewerbung von Produkten beauftragen (Internetverkaufsportale, Preissuchmaschinen, sonstige Darstellungen) sollten jeweils immer geprüft werden, ob und inwieweit durch einzelne Darstellungen möglicherweise Markenrechtsverletzungen begründet werden, die sodann zu einer unmittelbaren Unterlassungshaftung für den Onlinehändler führen könnten.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

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