Berufsbedingt verfolge ich das Thema Shop Usability seit inzwischen 10 Jahren. Bebilderte Preislisten möchte heute kein Online-Käufer mehr sehen. Händler, die ihren Shop an den Bedürfnissen der Kunden vorbei planen, werden abgestraft und bleiben auf der Strecke.
Usability ist so etwas wie eine Lebensversicherung.
Zunächst ein Luxus für die damaligen Urgesteine Neckermann, Quelle und Otto. Später haben wir versucht jeden Shopbetreiber davon zu überzeugen, dass durch gute Usability die Kaufquote verbessert werden kann. Heute helfen unter anderem spezialisierte Conversion Optimierer bei der detaillierten Analyse und dem letzten Conversion-Schliff im Shop.
Viel wurde über vermeintliche und echte Erfolgsfaktoren im E-Commerce geschrieben, aus der Conversion Optimierung entstand ein irrsinniger Hype mit hunderten von Anbietern – heute ist quasi jeder Dienstleister auch eine Conversion Agentur.
Zuletzt mit der Aussage von Adidas scheint sich unsere kleine Dienstleisterwelt aber signifikant zu verändern. Markenartikler sehen sich Shops genau an, analysieren deren Aktivitäten und Auftreten und drohen mit dem Entzug der Ware. Dabei ist den Marken völlig egal welche Zahlungsmöglichkeiten man anbietet und wie gut die Conversion Rate die letzten Jahre “geupliftet” wurde. Einzig und allein steht jetzt im Vordergrund: “Wie gut wird meine Marke platziert?”. Dazu zählt die Optik des Shops, die Relevanz im Markt, die Authentizität, die Darstellung der Produkte, die Liebe zum Detail und letztendlich natürlich der Preis.
Haben wir die letzten Jahre das falsche optimiert? Jein – manche Shops haben früh erkannt, dass der User im Fokus steht und der Shop selbst zur Marke werden muss. Der Shop muss ein Erlebnis sein und darin werden Markenprodukte eingebettet. Der Shop muss attraktiv sein, perfekt laufen und auf Shopping Erlebnis getrimmt sein. User Experience steht plötzlich wieder im Fokus als wäre es gestern erfunden worden.
Wer genau diese Faktoren vernachlässigt hat, bekommt im Moment einen harten Wind zu spüren. Es ist nicht mehr möglich, dass die Ware bei Amazon und ebay eingestellt wird und der eigene Shop stiefmütterlich behandelt wird. Fast allen der Branche ist klar, dass jetzt viele Lichter ausgehen oder viele Relaunches stattfinden. Plötzlich ist Usability kein netter Erfolgsfaktor für ein paar mehr Bestellungen – Usability ist der letzte Anker, der echte Ãœberlebensfaktor.
Wer den User nicht ernst nimmt, seine Aufgabe als Fachhändler nicht erkennt und seine Aufgabe in der Wertschöpfungskette nicht erkennt, wird auch nicht mehr daran teilnehmen dürfen. Die Markenartikler haben alle ihre Pläne in der Tasche. Auch kleine Hersteller wissen was zu tun ist – wir sprechen nicht mehr nur vom mächtigen, langen Arm von Adidas. Die Zusammenarbeit zwischen Marken und Handel stimmt nicht mehr, es muss sich was ändern – es wird sich was ändern.
Viel Erfolg bei ihrem nächsten Strategietag.
Ãœber den Autor
Johannes Altmann ist Gründer und Geschäftsführer der Shoplupe GmbH. Er berät mit seinem Team Online-Shops wie Herrenausstatter.de. Dallmayr, Neckermann oder Strenesse. Johannes Altmann ist Dozent an der Akademie des Deutschen Buchhandels und Initiator der Branchenauszeichnung “Usability Award“. Laut exciting commerce ist Johannes Altmann Deutschlands bester Shopberater.
Vielen Dank für diesen Beitrag.
Usability ist nicht nur rein auf Design-Aspekte zu reduzieren. Vielmehr geht es oft auch um die Erwartungen der Nutzer, die nicht erfüllt werden. Wo sollte der Call-To-Action Button platziert sein – bzw. wo hätte der Nutzer ihn erwartet. Wenn er sich nicht dort befindet, läuft man oft Gefahr das er übersehen. Aber auch Bilder, Textformationen etc. sollten dem Nutzer entsprechend angepasst werden – schließlich ist dieser aufgrund von großen Konkurrenten wie Amazon etc. schon an eine gewisse Usability gewöhnt.
Ganz einfach lassen sich die Usability-Probleme mit sogenannten Remote-Usability-Test schnell und preiswert herausfinden – innerhalb von 24 Stunden erhält man qualitative Ergebnisse. Wir stellen in unseren Tests immer wieder fest, das oft die gleichen Fehler gemacht werden, die aber einfach und ohne großen Aufwand mit großem Effekt (Conversionrate-Steigerungen bis zu 30%) behoben werden können
Natürlich halte ich Usability auch für extrem wichtig und deshalb sind wir eigentlich täglich damit beschäftigt (und sei es nur in Gedanken), unsere Seite in dieser Hinsicht zu optimieren. Doch wir müssen eigentlich eher feststellen, dass insbesondere im Software-Bereich nur der Preis zählt. Da kann der Shop noch so übersichtlich und informativ sein. Letzten Endes nutzt der User einen solchen Shop als Informationsquelle und kauft dann doch via billiger.de beim qualitätsarmen Discounter… Vielleicht ist das ja in anderen Branchen anders?!