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BGH: Werbung mit durchgestrichenen Preisen muss erklärt werden

Wird ein Geschäft neu eröffnet oder ein neues Produkt ins Sortiment aufgenommen, bedienen sich Händler oft der Werbung mit Einführungspreisen, die unter dem später verlangten “normalen” Kaufpreis liegen. Jetzt liegt ein BGH-Urteil aus dem März 2011 im Volltext vor, in dem genaue Anforderungen an eine solche Werbung gestellt werden.

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Der BGH (Urteil v. 17.03.2011, I ZR 81/09 – Original Kanchipur) hatte sich mit einem Fall aus der “Offline-Welt” zu beschäftigen. Ein Teppichhändler warb in einer Anzeige mit der Markteinführung einer neuen Teppich-Kollektion.

In der Anzeige hieß es:

“Als Hersteller können wir zur Markteinführung hohe Rabatte geben.”

Neben verschiedenen Teppichabbildungen befanden sich Preisangaben, bei denen jeweils ein hoher Preis, z.B. 1200 Euro, durchgestrichen war und daneben ein niedrigerer Preis – in dem Beispiel – von 299 Euro angegeben war.

Eine Erklärung, was der höhere Preis bedeuten soll oder ab wann dieser gelten solle, war nicht gegeben.

Zeitraum des Rabattes

Das LG Freiburg und das OLG Karlsruhe in Freiburg haben den Beklagten Händler zur Unterlassung verurteilt. Sie hielten die Werbung für wettbewerbswidrig, da nicht angegeben war, wie lange der rabattierte Preis verlangt würde.

Der BGH hatte bereits in mehreren Verfahren entschieden, dass ein Zeitraum für Rabatte nicht angegeben werden müsse, wenn es sich um Räumungsverkäufe handelt, da der Unternehmer nicht wissen könne, wie lange der Abverkauf der Produkte dauere.

Dieser Grundsatz sei aber nicht auf Einführungsangebote anzuwenden, so das OLG Karlsruhe.

“Dagegen blieben die angesprochenen Verbraucher bei einer Werbung mit einem Einführungspreis, bei der der vergleichend genannte Normalpreis in keiner Weise erläutert werde, über die sachlichen Kriterien für die Begünstigung gänzlich im Unklaren.

Eine derartige Werbung suggeriere zwar eine Kalkulation, nach der der Einführungspreis nur für eine begrenzte Dauer oder bis zum Absatz bestimmter Mengen gelten und anschließend ein fest bestimmter regulärer Preis verlangt werden solle.

Anders als bei einem Räumungsverkauf fehle aber jeder dem Käufer erkennbare Anhaltspunkt für das Ende der Sonderveranstaltung.”

Irreführung wegen mangelnder Erklärung

Bevor sich der BGH mit der Frage des Zeitraumes eines Rabattes auseinandersetzt, stellte er noch fest, dass die Werbung bereits deswegen wettbewerbswidrig sei, weil sie den Verbraucher i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG irreführe. Denn der Verbraucher wisse gar nicht, was der durchgestrichene Preis bedeuten solle. Der Unternehmer müsse diese erklären.

Der BGH konstruiert dafür drei mögliche Interpretationen, wie der Verbraucher den höheren, durchgestrichenen Preis verstehen könne:

“Die Adressaten der Werbung können allenfalls vermuten, dass es sich bei jenen Preisen um die Preise handelt, die der Beklagte nach dem Ende der Verkaufsaktion für die Ware verlangen wird.

Es erscheint aber auch nicht als fernliegend oder gar ausgeschlossen, dass es sich etwa um die Preise handeln könnte, die für die beworbenen Teppiche auf anderen Märkten erzielt werden, auf denen die Markteinführung der vom Beklagten beworbenen Teppichkollektion bereits gelungen ist.

Weiterhin erscheint es als denkbar, dass es sich etwa um Preise handeln könnte, die für Ware vergleichbarer Qualität bereits auf dem deutschen Markt erzielt werde.”

Zeitliche Begrenzung der Rabattierung

Der BGH folgte aber auch den Vorinstanzen mit der Einschätzung, dass die Dauer der Verkaufsaktion angegeben werden müsse.

“Bei einem Sonderverkauf aus Anlass der Eröffnung eines Geschäfts oder einer Filiale oder auch aus Anlass der Einführung eines neuen Produkts gibt es zudem keinen Zeitpunkt, der die Dauer der Verkaufsaktion wie bei einem Räumungsverkauf bereits nach der Natur der Sache begrenzt.”

Der Verbraucher müsse aus der Werbung bereits erkennen, welches von 3 möglichen Zielen der Händler mit den Eröffnungspreisen erreichen will:

“Eine […] ernstgemeinte Werbung mit Eröffnungspreisen oder Einführungspreisen kann darauf gerichtet sein,

entweder einen bestimmten Vorrat an preisreduzierter Ware oder

diese für einen bestimmten Zeitraum oder

auch bis zum Erreichen eines bestimmten mit der Sonderaktion verfolgten Zieles abzusetzen.

Da es für die Verbraucher bei der Beurteilung entsprechender Verkaufsförderungsmaßnahmen von Belang ist zu wissen, mit welcher dieser drei möglichen Arten von Eröffnungs- bzw. Einführungsangeboten er es im konkreten Fall zu tun hat, hat der Unternehmer bei solchen Verkaufsaktionen im Blick auf § 4 Nr. 4 UWG mitzuteilen, zu welcher dieser drei denkbaren Arten sein Eröffnungs- bzw. Einführungsangebot gehört. […]

Der Unternehmer ist in einem solchen Fall zumindest gehalten, in seiner Werbung für die Verkaufsaktion mitzuteilen, dass diese weder auf einen bereits festgelegten Zeitraum beschränkt noch auf einen bestimmten Warenvorrat bezogen ist, sondern dann beendet werden wird, wenn der Marktzutritt aus Sicht des Unternehmers gelungen ist.”

Abschließend stellte der BGH noch fest, dass ein solcher Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht spürbar ist.

Fazit

Wer mit durchgestrichenen Preisen wirbt, muss nach der Auffassung des BGH den durchgestrichenen Preis genau erklären. Es wäre begrüßenswert gewesen, wenn der BGH hier der Auffassung der Oberlandesgerichte in Stuttgart und Düsseldorf gefolgt wäre. Diese Gerichte hatten noch entschieden, dass durchgestrichene Statt-Preise für den Verbraucher verständlich sind, als – in den dort entschiedenen Fällen – ehemalige Preise des Unternehmers.

Ich kann die verschiedenen Interpretationen des BGH von durchgestrichenen Preisen nicht nachvollziehen. Wenn ich als Verbraucher einkaufe und durchgestrichene Preise sehe, dann wird mir klar, dass – im Falle der Markteinführung – dies der Preis ist, der später verlangt werden wird. Ich würde nie auf die Idee kommen zu denken, dass dies ein Preis ist, den der Händler “auf einem Markt verlangt, auf dem der Markteintritt schon gelungen ist”. Warum sollte der Händler mit solchen Preisen werben?

Hier gilt mal wieder der Satz: Man muss das Urteil akzeptieren und umsetzen.

Darüber hinaus muss ein Hinweis erfolgen, bis wann Einführungspreise gelten sollen, wenn man dieses Werbemittel nutzen möchte.

Zwar spielte der Fall hier in der “offline-Welt”, die hier vom BGH aufgestellten Grundsätze gelten aber auch für Online-Shops. (mr)

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