Unumstritten ist Amazon der bekannteste Internethändler der Welt und unter Fachleuten für seine Innovationen hochgelobt. Die Umsätze, die das Unternehmen Jahr für Jahr erwirtschaftet, sind gigantisch. Allein im vierten Quartal 2009 konnte Amazon fast eine Milliarden US-Dollar umsetzen.
Zu welchem Preis Amazon sein Wachstum sicherstellt, lesen Sie hier.Vor wenigen Tagen hat der Onlinehändler Amazon seine Zahlen für das dritte Quartal 2010 vorgelegt. Es geht Aufwärts wie seit vielen Jahren schon. Im Berichtszeitraum erwirtschaftete das Unternehmen weltweit einen Umsatz von 7,5 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um satte 39 Prozent. Auch beim Gewinn legt Amazon zu. Unter dem Strich blieben 231 Millionen Dollar übrig (+16 Prozent).
Umsatz top, Gewinn flop
Trotzdem zeigt ein Blick auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung der letzten 10 Jahre ein klares Bild. Zwar wächst bei Amazon der Umsatz immer weiter, aber der Gewinn kann mit diesem Wachstum nicht Schritt halten.
Marktbeobachter und Anleger betrachten den Kurs auf dem Amazon steuert, mit Skepsis. Der Online-Händler finanziere sein Wachstum zu Lasten des Gewinns und verliere die Kosten aus den Augen. In der Tat arbeitet der Online-Händler im großen Stil mit Rabatten und investiert immense Summen in die Werbung. Hinzu kommen Ausgaben in die Infrastruktur, wie etwa Logistik, Technologie und der Ausbau des Sortimentes auf die Breite eines klassischen Universalversenders.
Wie preisaggressiv Amazon im Markt ist, zeigt beispielhaft die neue e-Book-Strategie. Das in Eigenregie entwickelte Lesegerät Kindle werde nach Informationen des Branchendienstes Heise.de in der neuesten und leistungsstärkeren Version um etwa ein Viertel billiger angeboten, als der Vorgänger.
Der Grund hierfür sei die starke Konkurrenz durch das iPad und das Lesegerät nook der größten US-Buchhandelskette Barnes & Noble. Und dieser Druck wird noch steigen: Auch Wal- Mart wolle bald den nook anbietet. Zusätzlichen Druck auf den Kindle erzeuge die zweite große US-Buchhandelskette Borders, die mit dem Lesegerät Kobo den Markt angreife.
Laut Heise.de, könne Amazon-Kapitän Jeff Bezos schon am Jahresende dafür die Quittung erhalten:
Am Ende des laufenden Quartals, in das das wichtige Weihnachtsgeschäft fällt, könnte, wenn es ganz schlimm kommt, sogar ein Gewinnrückgang stehen. Die Prognose für den operativen Gewinn für das laufende Quartal liegt zwischen einem Rückgang um 24 Prozent und einem Zuwachs um 18 Prozent.
Ein Blick auf die Umsatzrendite von Amazon bestätigt die aktuellen Einschätzungen. Seit etwa drei Jahren hat sich der Wert zwischen drei und vier Prozent eingependelt. Überhaupt schaffte es Amazon bislang nur einmal in seiner Unternehmensgeschichte, die Rendite in den zweistelligen Bereich zu führen: Im vierten Quartal 2004 (14 Prozent).
Eine gute Analyse, die eines zeigt: Universalversandhandel erreicht auch mit Marktplatz und reinem Online-Vertrieb nur eine Gewinnmarge, die dem klassischen Versandhandel entspricht. Das ist in Ordnung, sollte aber denen zu denken geben, die Amazon als Vorbild für vermeintlich bessere KUR und damit deutlich höhere Gewinne angeführt haben. Es erklärt auch, warum Investoren im Distanzhandel wenig Perspektive oder Story sehen.
Dabei gibt es durchaus etablierte und neue Versand- und Multichannel-Händler mit Renditen im zweistelligen Umsatzbereich. Das geht in Nischen durchaus.
Gewinn positiv und gestiegen, Umsatz gesteigert, und die stabile Umsatzrendite wird bemängelt.
Kontinuierliches Wachstum ist auf Dauer realitätsfremd (da exponentiell).
Der Gewinn steht in einem stabilen Verhältnis zum Umsatz (seit 2007).
Innovationen sichern eine Vorreiterrolle, zwingen nicht zum Hinterherlaufen (vgl. Microsoft).
Im Falle von Amazon ist es vollkommen ausreichend mit der Größe des Marktes zu wachsen, höheres Wachstum führt zu Instabilität, außerdem wird eine eindeutig marktbeherrschende Stellung durch Wettbewerbshüter bestraft.
Ich halte es für gefährlich einen Nischenhändler mit Amazon zu vergleichen. Ein Nischenhändler muß durch hohen Gewinn sein Risiko absichern. Im Falle von Amazon wird hoher Gewinn zum Risiko.
Bemängeln tun das hier ja nur die Investoren. Ich kritisiere die überzogene Annahme, das Amazon-Modell erlaube eine günstigere KUR bzw NUMS-Rendite, weil man weniger werben müsse. Ich erinnere mich an die leuchtenden Augen bei einem bayerischen Großversandhaus, dass man dank Internet deutlich effizienter werben und so profitabler arbeiten könne. Da schaute man auf die kleinen ausgewiesenen Werbekosten.
Der Hinweis auf die Spezial- und Nischenversender zeigt, dass es das nicht der Vertriebsweg, sondern das Sortiments- bzw. Geschäftsmodell ist, das hier wirkt.
Und alles zusammen soll keine Absage an Web-Exzellenz sein. Ich bin überzeugt, dass man dadurch am Profit drehen und tatsächlich effizienter werden kann. Aber Wunder sind nicht zu erwarten.
Als Händler, der immer wieder im Wettbewerb mit Amazon steht, tut das natürlich gut. Unsere Umsatzrendite ist jedenfalls besser als die von Amazon. Und für diese Umsatzrendite würde ich weder arbeiten noch investieren wollen.
@Waveboard-Guru,
bei dem Umsatz lässt man auch andere für sich arbeiten und kassiert trotzdem tausendfach mehr Gewinn als aus dem renditestärksten Tante-Emma-Laden 🙂
In unserer täglichen Arbeit stellen wir immer wieder fest, das Amazon in Nieschen einen lukrativen Absatzmarkt für Marketplace / Seller Central Händler darstellt. Dies gilt aber keinesfalls für alle Warenbereiche. Die Preisparität die Amazon nämlich seinen Anbietern abverlangt, fordert weitreichendere Strategien… um auch in der “freien Wildbahn” Rendite zu erwirtschaften. Grundsätzlich wird sich durch die Preissuchmachinen und die Neustrukturierung bei eBay auch der Margendruck bei Amazon weiter erhöhen. Die letzten 2-3 Jahre war der Mitbewerber eBay auf Portalebene ja eher zurückhaltend bis gar nicht wahrnehmbar. Zudem ist die Frage wie lange Händler es noch verkraften zwischen 13 % und 18 % des Umsatzes an Amazon abzuführen und die lukrativen Artikel an Amazon selbst zu verlieren. Es ist relativ einfach Umsatzstarke Artikel abzugreifen wenn man jeden Verkauf analysieren kann. Schwieriger wird es aber allemal, wenn man einen guten Einkauf braucht um diese “Renner” auf klassische Art und Weise zu finden, wenn eines Tages die Händler fehlen.