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Die Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenrecht kann rechtsmissbräuchlich sein

rote-karteDer Inhaber einer Marke kann sich dagegen wehren, dass diese von Dritten unberechtigt verwendet wird. Hat er sie aber nur zu dem Zweck eintragen lassen, um anderen die Verwendung dieser Marke mittels Abmahnung zu verbieten, handelt er rechtsmissbräuchlich und ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht nicht.

Lesen Sie mehr dazu in einem Gastbeitrag von RA Albrecht.

Der Schutz einer Marke ermöglicht dem Markenrechtsinhaber, gegen eine identische oder ähnliche Verwendung der geschützten Bezeichnung Ansprüche geltend zu machen. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass die entsprechenden Marken auch tatsächlich durch den Markenrechtsinhaber genutzt werden. Geschieht dies nicht und werden Rechtsansprüche aus der eingetragenen Marke gegen Dritte hergeleitet, so kann dies im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein.

So auch in einem durch das Landgericht Düsseldorf entschiedenen einstweiligen Verfügungsverfahren (Urteil vom 24. Februar 2010, Az.: 2a O 195/09). In dem dortigen einstweiligen Verfügungsverfahren hatte der Verfügungskläger und Markeninhaber verschiedene Wortmarken für unterschiedliche Waren- und Dienstleistungsklassen beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet.

Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung

Unter Zuhilfenahme dieser Markenrechte wurden Abmahnungen gegen Online-Händler ausgesprochen. So auch in dem zu entscheidenden Fall, in dem nach erfolgloser Abmahnung eine einstweilige Verfügung beantragt wurde.

Markenanmeldung kann bösgläubig sein

Jedoch konnte im Laufe des Verfahrens durch den Verfügungsbeklagten nachgewiesen werden, dass diese Marken im Einzelnen nicht wirtschaftlich genutzt wurden. Aus diesem Aspekt heraus nahm das Gericht an, dass hier die Durchsetzung von marken-rechtlichen Ansprüchen rechtsmissbräuchlich sei. Bereits die Markenanmeldung sei diesbezüglich bösgläubig gewesen und der Markeninhaber habe den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG erfüllt.

Eine bösgläubige Markenanmeldung kann insbesondere dann vorliegen, wenn eine Markenanmeldung nur zu dem Zweck erfolgt, andere im geschäftlichen Verkehr tätige Personen an der Verwendung einer Marke und der geschützten Bezeichnung zu hindern.

So auch das Landgericht Düsseldorf:

„Der Verfügungsklägerin ist der Vorwurf der bösgläubigen Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu machen. Von einer bösgläubigen Markenanmeldung, die auch durch die Verletzungsgerichte zu berücksichtigen ist, ist dann auszugehen, wenn der Markeninhaber im Zeitpunkt der Markenanmeldung die Markenstellung zur Erzwingung sachfremder Vorteile erworben hat. […]

Das ist dann der Fall, wenn von vorneherein die Benutzung der Marke zu eigenen Zwecken oder für Lizenzvereinbarungen nicht angestrebt wird, sondern vielmehr die Marke zu reinen Spekulationszwecken erworben wird, um Dritte an der Benutzung der Marke zu hindern. […] Dies kann dann gegeben sein, wenn eine Vielzahl von Marken für eine große Bandbreite an Waren und Dienstleistungen angemeldet werden, kein Benutzungskonzept vorhanden ist und die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen. So liegt der Fall hier. Die Verfügungsklägerin hat mehrere Marken, wie “Hawk”, “Red Baron”, “Miami Vice” und “Powerangle” eintragen lassen und Schutz für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beansprucht.“

Markeninhaber war gar nicht im Internet tätig

Dann prüften die Richter den Zusammenhang des Schutzes der angemeldeten Waren mit der geschäftlichen Tätigkeit des Markeninhabers im Internet:

“Auffällig ist, dass die Waren und Dienstleistungen, für die Schutz beansprucht worden ist, viele Branchen umfassen und keinen inneren Zusammenhang erkennen lassen. Seither hat die Verfügungsklägerin keine erfolgversprechenden Aktivitäten unternommen, Waren und Dienstleistungen unter den geschützten Bezeichnungen anzubieten und zu vertreiben. Dies ergibt sich schon aus der Website der Verfügungsklägerin, auf der es heißt:

Wir verkaufen hier nichts“.”

Der Rechtsmissbrauch in Form der Geltendmachung der Markenrechte ergab sich für das Gericht insbesondere aus dem Aspekt, dass die registrierten Marken gar nicht genutzt wurden:

“Auch stellt sich die jetzige Geltendmachung der Markenrechte unabhängig von der ursprünglichen Markenanmeldung als rechtsmissbräuchlich dar. Dies kann bereits vor Ablauf der Benutzungsschonfrist angenommen werden, wenn der Markeninhaber keinen ernsthaften Benutzungswillen hat und weitere Missbrauchsumstände hinsichtlich der Ausübung hinzutreten.

Der Benutzungswille wird zwar vermutet. Diese Vermutung wird hier aber widerlegt. Zum derzeitigen Zeitpunkt der Geltendmachung der Markenrechte hat die Verfügungsklägerin ausweislich ihrer Website noch keine Vertriebsaktivitäten aufgenommen. Auch anderweitige Hinweise auf die Benutzung der Marke liegen nicht vor und sind angesichts der von der Verfügungsbeklagten vorgebrachten finanziell schwierigen Situation der Antragstellerin auch für die Zukunft unwahrscheinlich. Die von der Verfügungsklägerin vorgetragene Planung, Motorroller unter der Bezeichnung “Hawk” zu vertreiben, überzeugt das Gericht nicht. Es liegt lediglich eine Bestellbe-scheinigung über 57 Motorroller an den “XXX Großhandel” vor. Die beigefügte Einzollanmeldung lässt aufgrund der von der Verfügungsklägerin vorgenommen Schwärzungen nicht erkennen, welches Produkt und in welcher Menge verzollt wurde. Inwiefern die Motorroller, die an den “XXX Großhandel” versendet werden sollen, mit der Verfügungsklägerin unter der Bezeichnung “Hawk” vertrieben werden sollen, ist nicht ersichtlich. Auch die eidesstattliche Versicherung des Herrn XXX lässt eine Vertriebsplanung nicht erkennen. Unklar ist, inwiefern die Verfügungsklägerin an dem Vertrieb der Motorroller beteiligt sein soll, in welcher Form die Klagemarke verwendet.”

Auch diese Tätigkeit im Internet begründet nach Ansicht des Gerichts keine Nutzung der Marke:

“Die von der Verfügungsklägerin eingereichten Lizenzverträge sind durch sie fast komplett geschwärzt worden. Sie sind daher nicht geeignet, die konkrete Verwendung der Marke zu belegen. […]

Auch der derzeitige Auftritt der Verfügungsklägerin im Internet ist nicht darauf ausgerichtet, geschäftliche Beziehungen aufzubauen. Auf der Eingangssei-te der Website wird deutlich gemacht, dass nichts an Endkunden verkauft werde. Auch der sog. Händlerbereich ist äußerst fragwürdig gestaltet. Zum einen soll der Händlerbereich nicht jugendfreie Inhalte haben.

Zum anderen ist Endverbrauchern und Rechtsanwälten unter Strafandrohung der Zugang zu diesem Bereich untersagt. Auch interessierte Großkunden und Händler werden durch einen solchen Auftritt abgeschreckt.”

Verhalten des Markeninhabers bei Rechtsverfolgung

Auch der Umfang der Verfolgung der Markenrechte begründet hier für die Richter den Einwand des rechtsmissbräuchlichen Handelns:

“Die Verfügungsklägerin beschränkt die Verwendung der Marken vielmehr auf ein sehr reges Abmahn- und Klageverhalten. Ein so reges Abmahn- und Klageverhalten, bei dem der wirtschaftliche Wert der Durchsetzung der Unterlassungsansprüche kaum messbar ist oder sogar wegen der Nichtbenutzung der Marke gar nicht vorhanden ist, widerspricht jeder wirtschaftlichen Vernunft und lässt sich nur damit begründen, dass es der Verfügungsklägerin in Wahrheit darauf ankommt, in rechtsmissbräuchlicher Weise Gebührenerstattungsansprüche in hohem Umfang zu begründen.

Auch im Markenrecht kann dieser Umstand zur Annahme der rechtsmissbräuchlichen Benutzung der Marke führen. Die fehlende Benutzung der Marke ohne erkennbare Benutzungsmöglichkeiten in der Zukunft, sowie die Vielzahl der von der Verfügungsklägerin angestrengten Abmahnungen, Verfügungs- und Klageverfahren lassen nur den Schluss zu, dass die Verfügungsklägerin die streitgegenständliche Marke auch nach Ablauf der Benut-zungsschonfrist nicht verwenden wird, sondern allein ihre formale Markenstellung zur Behinderung des Wettbewerbes ausnutzt.”

Fazit:

Dieses Urteil zeigt, dass auch im Rahmen des Markenrechtes und der Durchsetzung markenrechtlicher Ansprüche rechtsmissbräuchliches Verhalten gegeben sein kann.
Jedoch muss hier im Einzelfall genau geprüft werden, ob und inwieweit der Markenrechtsinhaber tatsächlich eine geschützte Marke nicht nutzt und der Nachweis durch den Abgemahnten geführt werden.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf AlbrechtRolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.