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Ist der Verkauf von Produkten ohne deutsche Betriebsanleitung irreführend?

Davon geht zumindest das Landgericht Bochum in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 2. Februar 2010, Az.: I- 17 O 159/09) im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens aus. Der abgemahnte Händler verstieß außerdem gegen Vorschriften des Elektrogesetzes.

RA Rolf Albrecht hat den Fall für Sie zusammengefasst.

Ein Online-Händler war durch einen Mitbewerber abgemahnt worden, da er neben einem Verstoß gegen das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) durch den Verkauf seiner angebotenen Elektro- und Elektronikgeräte ohne Kennzeichnung eines Herstellers oder Importeurs auch gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben sollte, in dem er die Produkte angeboten hat, ohne das diesen eine deutsche Betriebsanleitung beilag.

Dauerhafte Kennzeichnung nach ElektroG muss auf Produkten erfolgen

Hinsichtlich des Verstoßes gegen das ElektroG urteilte das Gericht bezüglich der angebotenen digitalen Bilderrahmen, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 ElektroG die entsprechenden Geräte dauerhafte unter Angabe des Herstellers oder Importeurs zu kennzeichnen sind.

§ 7 ElektroG: “Elektro- und Elektronikgeräte, die nach dem 13. August 2005 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erstmals in Verkehr gebracht werden, sind dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist und festgestellt werden kann, dass das Gerät nach diesem Zeitpunkt erstmals in Verkehr gebracht wurde. Sie sind außerdem mit dem Symbol nach Anhang II zu kennzeichnen, sofern eine Garantie nach § 6 Abs. 3 erforderlich ist. Sofern es in Ausnahmefällen auf Grund der Größe oder der Funktion des Produkts erforderlich ist, ist das Symbol auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein für das Elektro- oder Elektronikgerät aufzudrucken.”

Wille des Gesetzgebers

Nach § 7 S. 1 Elektrogesetz sind Elektro- und Elektronikgeräte dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist. Dem Zusammenhang mit § 7 S. 3 ElektroG kann dabei entnommen werden, dass der Gesetzgeber von einer Kennzeichnung auf dem Gerät selbst ausgeht.

Im Hinblick darauf, dass jedenfalls auf der Rückseite des von der Verfügungsbeklagten vertriebenen digitalen Bilderrahmens hinreichend Raum für die erforderliche Kennzeichnung vorhanden ist, besteht daher keine Veranlassung, hier darauf zu verzichten, so das Gericht. Die Verfügungsbeklagte kann sich folglich nicht darauf berufen, dass der Hersteller auch etwa der Rechnung zu entnehmen sei.

Verstoß gegen § 7 ElektroG ist gleichzeitig Wettbewerbsverstoß

Das Landgericht Bochum geht weiterhin davon aus, dass ein Verstoß gegen das Gebot der dauerhaften Kennzeichnung ein Wettbewerbsverstoße gegen § 4 Nr.11 UWG darstelle, da § 7 ElektroG als Markenverhaltensregelung gelte.

“Die fehlende Kennzeichnung und der Verstoß gegen § 7 Elektrogesetz stellt sich auch als unlautere Handlung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Die Herstellerkennzeichnungspflicht ist Voraussetzung dafür, dass die Altgeräte für die Zuordnung nach § 14 Abs. 5 S. 7 ElektroG identifiziert werden können. Sie gehört damit zum System der präventiven Kontrolle nach dem ElektroG, das die Inanspruchnahme der Kollektivgemeinschaft verhindern soll und folglich wettbewerbsrechtlich relevant ist.

Zudem ermöglicht die Kennzeichnungspflicht nach § 7 ElektroG erst die Prüfung, ob der Hersteller nach Maßgabe von § 6 ElektroG registriert und damit die spätere Rücknahme und Entsorgung des Geräts wirtschaftlich gesichert sind. Damit dient die Vorschrift auch vor diesem Hintergrund dem Interesse der Allgemeinheit und der Verbraucher an einer geordneten Entsorgung, mithin einem wichtigen Gemeinschaftsinteresse. Die Verletzung einer solchen Norm indiziert grundsätzlich die wettbewerbsrechtliche Unlauterbarkeit im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.”

Fehlende deutsche Bedienungsanleitung ist Irreführung

Hinsichtlich der fehlenden deutschsprachigen Anleitung zum Betrieb des digitalen Bilderrahmens geht das Gericht davon aus, dass es sich dabei um eine irreführende Handlung im Sinne des § 5 Nr. 1, bzw. 5a Abs. 2 UWG handelt.

Nach Ansicht des Gerichtes ist bei Elektro- und Elektronikgeräten regelmäßig davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise und damit die Verbraucher davon ausgehen, dass eine Bedienungsanleitung dem entsprechenden Produkt beiliegt.

Für den Vertrieb in Deutschland erwarte der Verbraucher grundsätzlich eine deutsche Bedienungsanleitung:

“Bei Elektro- und Elektronikgeräten erwarten die interessierten Verkehrskreise regelmäßig eine Bedienungsanleitung. Dies gilt nach Überzeugung des erkennenden Gerichts auch für digitale Bilderrahmen, wie dem vorliegenden. Dass auch der Hersteller des hier streitgegenständlichen digitalen Bilderrahmens eine Bedienungsanleitung für notwendig erachtet hat, belegt die Tatsache, dass er eine solche dem Produkt beigefügt hat. Wird aber herstellerseits eine gedruckte Bedienungsanleitung für erforderlich erachtet, liegt es nahe, dass bei einem Vertrieb in Deutschland das Produkt auch mit einer solchen in deutscher Sprache versehen wird…

Eine dahingehende Erwartung hat dann auch naheliegender Weise der Verkehr. Dieser sieht sich in seiner berechtigten Erwartung getäuscht, wenn das Produkt nur mit einer englischsprachigen Anleitung vertrieben wird, ohne dass darauf vorher hingewiesen wurde.”

Fazit

Dieses Urteil sollte alle Onlinehändler, die entsprechende Produkte vertreiben, zur Prüfung Ihrer entsprechenden Angebote veranlassen. Neben der reinen Registrierung der angebotenen Elektro- oder Elektronikgeräte sollte auf die Einhaltung der dauerhaften Kennzeichnung der Produkte mit dem Hersteller oder Importeur geachtet werden.
Hinsichtlich der mitgelieferten Bedienungsanleitung sollte im Rahmen der Produktbeschreibung ggf. darauf hingewiesen werden, dass diese nicht in deutscher Sprache geliefert wird.
Des Weiteren bleibt abzuwarten, ob weitere Gerichte der Ansicht des Landgerichts Bochum folgen werden.

Über den Autor:

RA Rolf Albrecht

Rolf AlbrechtRolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.