Nehmen Sie zusammen mit mir mal an, dass Google einen „großen“ am Markt etablierten Händler aufkauft. Dieser verfügt über ein breites Sortiment und nutzt einen Online-Shop, mehrere Printkataloge und Läden im stationären Einzelhandel zum Vertrieb seiner Produkte.
Der dritte Teil dieser Beitragsserie widmet sich dem Thema offener Kunden-Blog und Kundenfeedback.
In den ersten beiden Beiträgen dieser Reihe ging es darum, wie eine optimale Sortimentstruktur für einen Online-Shop aussehen könnte, sowie um das Thema, wie ein Shop aussehen würde, der von Google selbst gestaltet wurde. Im dritten Teil soll es nun darum gehen, wie ein Kundenblog und Kundenfeedback in das Konzept integriert werden können.
Im ersten Schritt widmet sich Google einer Optimierung des vorhandenen Online-Shops.
Wie würde Google dabei vorgehen?
Meine These: Google würde einen offenen Blog einrichten und dort allen Kunden die Möglichkeit geben Beiträge einzustellen! Warum? Um mit seinen Kunden „ins Gespräch“ zu kommen. So wie es jeder erfolgreiche Besitzer eines Ladengeschäfts auch tut und von seinen Mitarbeitern fordert: Gute Verkäufer gehen auf ihre Kunden zu, bieten ihnen im Bedarfsfall eine sachlich fundierte Beratung und bauen eine positive, emotionale Beziehung zu Kunden auf.
Das alles geht auch „online“ – und zwar mit Hilfe eines offenen Kundenblogs.
Ein Kundenblog bietet Shop-Betreibern die Möglichkeit an 365 Tagen im Jahr mit ihren Kunden zu sprechen, ihre Meinungen und Ansichten zu erfahren, Feedback zu angedachten Veränderungen einzuholen und sich nach der Zufriedenheit ihrer Kunden zu erkundigen. So entsteht schnell eine umfangreiche Datenbasis mit deren Hilfe der Online-Shop und das Sortiment an den Bedürfnissen der Nutzer und Kunden ausgerichtet werden können.
Jetzt werden einige von Ihnen fragen: “Was ist so besonders an Google?”
„Das gibt es doch schon, z. B. bei Hess Natur, Baur oder Otto“? Ja, richtig. Diese und auch viele andere Shops betreiben bereits Blogs. In diesen Blogs kommen die Beiträge jedoch nicht von den Kunden selbst. Kunden können mitlesen und kommentieren, aber keine eigenen Beiträge einstellen. Google würde dies ermöglichen – und dabei weiter gehen als Amazon dies derzeit tut – mit den veröffentlichten Kundenmeinungen und der Kommentarmöglichkeit zu Kundenmeinungen.
Schaffung eines offenen Kundenblogs:
Kunden könnten auf einem offenen Blog über ihre Probleme im Umgang mit beispielsweise dem Bestellprozess berichten und gemeinsam mit anderen nach Lösungen suchen, auf fehlerhafte Lieferungen eingehen, Anregungen zur Verbesserung der Produktsuche bereitstellen, Wünsche in Bezug auf das Sortiment äußern usw. … Keinerlei Themenbeschränkung – unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen!
Mitarbeiter beteiligen – Kundenfeedback nutzen
Mitarbeiter des Shops könnten die Beträge der Kunden kommentieren und sich an der Diskussion beteiligen. Auch sie würden regelmäßig Beiträge einstellen. Sie könnten beispielsweise über anstehende Aktionen auf dem Shop wie z. B. Adventskalender berichten, Produkttrends vorstellen, Tipps & Tricks in Bezug auf die Pflege von Produkten verraten, Umweltschutzverbesserungen im Logistikbereich aufzeigen usw. … Auch für sie gilt: Keinerlei Themenbeschränkung!
Mitarbeitern der Abteilung „User Experience und Frontend“ könnten den Blog zur Einholung von Meinungen zu überarbeiteten Bedienkonzepten nutzen. Beispielsweise wenn es darum geht die Darstellung und Bedienung von Filtern auf Suchergebnisseiten zu verbessern. Hierzu stellen die Mitarbeiter denkbare Konzepte und Ideen in Form von Screens oder Prototypen vor und lassen diese von den Kunden bewerten. Die Kunden werden so bereits in die frühen Phasen der Shop-Optimierung einbezogen und beteiligt. Dies beschleunigt die Entwicklung und trägt dazu bei, dass Veränderungen im Sinne der Kunden und Nutzer vorgenommen werden.
Schreiben Sie einen Kommentar! Was halten Sie von der Idee eines offenen Kundenblogs? Wo sehen Sie Nachteile und Probleme? Ich freue mich auf eine anregende Diskussion mit Ihnen.
Der Autor:
Thorsten WilhelmThorsten WilhelmThorsten Wilhelm, Gründer & geschäftsführender Gesellschafter der eResult GmbH (Göttingen, Kiel, Frankfurt am Main) ist seit 1996 als Forscher und Berater für „Usability“ und „Online-Marketing“ tätig. Er studierte an der Universität Göttingen Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Marketing und Wirtschaftspsychologie. Im Anschluss war er mehrere Jahre in der wissenschaftlichen Grundlagenforschung am Institut für Marketing und Handel der Universität Göttingen tätig (Forschungsschwerpunkte User-Tracking, Usability, Werbewirkung und statistische Datenanalysen). Dort leitete er auch eine Vielzahl von Forschungsprojekten. Im Jahr 2000 gründete Herr Wilhelm zusammen mit Frau Prof. Dr. Yom, Herrn Prof. Dr. Silberer und Dr. Wohlfahrt die eResult GmbH. Herr Wilhelm ist aktives Mitglied im Marketing-Club Göttingen, im Berufsverband der Usability Professionals und begeisteter Blogger (www.usabilityblog.de).
Ein offener Blog bringt halt auch verdammt viel Risiken, bei viel User Content besteht schnell die Möglichkeit das über Mitbewerber oder Marken hergezogen wird und so hat man schnell mal wieder eine Abmahnung im Posteingang liegen.
Wir bieten unseren Kunden / Interessenten auch ein Forum, einen Blog mit Kommentar Funktion und zwar direkt im Shop an – aber nutzen tun dies nur 0,0001% – Kann es sein, das diese Funktionen überbewertet werden?
Stellt sich nur die Frage, ob es wirklich so viele schreibwütige Shopkunden / Shopnutzer gibt: Würde ein Kundenblog wirklich lebhaft mit Inhalten gefüllt?
Ich habe meine Zweifel: Nach meiner Erfahrung sind die Nutzer eher phlegmatisch und schreiben kaum etwas.
Beispiel Produktkommentare: In unserem Shop gibt es trotz tausender Käufer kaum Nutzermeinungen / Bewertungen zu Produkten – und dies, obwohl Produktkommentare über ein Blog-ähnliches Kommentarsystem ganz einfach und ohne Registrierung oder ähnliches möglich sind: Kommentar und Name eintragen. Fertig. Kommentare wären ganz einfach; dennoch wird die Kommentarfunktion nicht angenommen.
Fazit: Ich halte Web 2.0 Elemente in der Onlineshop-Praxis für überschätzt.
Guten Tag. Gute Idee, daß mit dem offenen Blog. Einige Links und Hinweise zur praktischen Umsetzung würde ich hilfreich finden. Zum Beispiel auch ob sich das mit WP zu machen ist.
Vielen Dank für die interessanten und gehaltvollen Anmerkungen und Fragen. Gerne gehe ich drauf ein.
@ Westernreiten Shop: bei einem offenen Blog wird es sich ganz sicher nicht vermeiden lassen, dass auch mal negative Kritik kommt. Hier ist es dann notwendig in der richtigen Form zu reagieren, die Kritik zunächst aufzunehmen, ernst zu nehmen und dann einen Antwort zu liefern, die zufriedenstellend ist (im Idealfall behebt man das, was zu der Kritik geführt hat); wir betreiben für einige Kunden auch “geschlossene” Kundenblogs. Hierbei haben wir ca. 50 Kunden des Shops ausgewählt und ihnen einen Blog bereitgestellt der nur über einen Zugang auffindbar und betretbar ist. Nur registrierte Kunden können hier schreiben und die Beiträge und Kommentare können auch nur von registrierten Kunden eingesehen werden. Auch das funktioniert sehr gut, diese geschlossenen Blogs werden vor allem zur Optimierung und Weiterentwicklung des Online-Shops eingesetzt, zur Sammlung von Ideen und auch zur Vorstellung von Entwürfen und Konzepten, inkl. Einholung von Meinungen bevor die Entwürfe “freigeschaltet” werden. Details dazu u.a. hier: –// http://www.eresult.de/studien_artikel/forschungsbeitraege/kundenblog.html).
@ Christian Rothe: Ja, es ist sicherlich notwendig dass man ein Team hat, was sich darum kümmert dass das Blog “lebhaft” wirkt. Z. B. in dem Mitarbeiter aktiv bloggen oder eben in dem man Kunden die Möglichkeit gibt auch zu Bloggen. Da machen dann vielleicht nur 10% mit, aber immerhin.
@ Hans Blazejewski: Ja, das kann man gut mit WP machen, wir haben z. B. das Blog des Online-Shops von Frankonia – überwiegend für Forschungs- und Entwicklung eingesetzt – damit realisiert:
–// http://www.eresult.de/wp_frankonia/
Ich halte Web 2.0 in Shops nicht für überschätzt. Fraglich ist ob Sie die Kunden richtig ansprechen. Wir haben beispielsweise gute Erfahrungen damit gemacht, die Kunden nach einem gewissen Zeitraum explizit an zu schreiben. Dadurch bewerten bei uns sage und schreibe monatlich 20-30% der Kunden.
Wie fast überall gilt auch bei UGC der Pareto-Effekt bzw. die “80-zu-20-Regel”. Nur in weitaus stärkerer Ausprägung (5/95?). Nur ein sehr kleiner Teil der Kunden / Besucher kann ohne weitere Anreize (z.B. Punkte-/Prämiensystem) dazu motiviert werden, sich aktiv in einem Shop einzubinden. Speziell wenn es um Kundenmeinungen zu Produkten oder reines Kommentieren in einem Kunden-Blog geht.
Effektiver sind da erfahrungsgemäß Community-Ansätze, gerade wenn typische Fragestellungen/Probleme zu den im Shop angebotenen Produkten gelöst werden sollen (Ratgeber in Form von UGC, bspw. Shop für Modelleisenbahnen > Wie wird die “optimale Anlage” errichtet?). Für Otto-Normal-Shop kann die langfristige Einbindung der Kunden in eine solche Community sehr nützlich sein, wenngleich mitunter äußerst aufwendig.
Bereits bekannte und beliebte Marken wie Google und Co. hingegen ziehen lebhafte Diskussionen selbst bei noch so kleinen Meldungen und Gerüchten nach sich.
Die Idee finde ich gut, nur an der Umsetzung und der Nutzung der Kunden zweifle ich noch ein wenig. Wenn ein Kunde den Kauf wegen Problemen im Bestellprozess z.B. abbricht, schreibt er meines Erachtens keinen Eintrag mehr in einen Blog, sondern sucht evtl einen neuen Shop auf.
Der Gedanke über Google’s Onlineshop ist jedoch doch auch beängstigend! Dann wird es nur einen Onlineshop im Internet, der gefunden wird und dort wird es die günstigsten Artikel geben, die alle Hersteller direkt an Google verkauft haben
Fazit: kein Platz mehr für alle Zwischenhändler.
ABER: was ist für Google besser Verzicht auf die Werbeeinnahmen oder die Marge beim Verkauf!
Also brauch man sich meines Erachtens keine Sorgen machen!
Ich glaube das google die Einbrüche bei den Werbeeinnahmen scheut und den administrativen Aufwand eines Direktverkaufs nicht auf sich nehmen wird.