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Aktuelle Rechtsprechung zum Thema Vertragsfallen im Internet

gelddruckmaschineDas OLG Frankfurt hatte neulich zwei Parallelfälle zu entscheiden, in dem der Nutzer eines Online-Datenbank für Gedichte nach Inanspruchnahme der Leistung zur Zahlung für ein mehrmonatiges Abonnement veranlasst wird, ohne jedoch im Vorfeld hinreichend deutlich auf die Entgeltlichkeit der Leistung hingewiesen zu werden. Das LG Hanau erörtert des Weiteren die wettbewerbsrechtlichen Aspekte solcher Kostenfallen, sowie die Frage, wie sich ein anwaltliches Gutachten in solchen Fällen auswirkt.

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Sind die Preisangaben auf der Webseite eines Shopbetreibers nicht leicht erkennbar, liegt nicht nur ein Wettbewerbsverstoß i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 und 6 S. 2 PAngV vor, dies erfüllt vielmehr auch den Tatbestand der irreführenden Werbung, weil der angesprochene Verkehr über die Entgeltlichkeit der angebotenen Dienstleistungen in die Irre geführt wird, so das OLG Frankfurt (Urteile vom 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07 und 6 U 186/07).

Die Verbrauchersicht zählt

In seiner Begründung stellt das Gericht zunächst auf das Verbraucherleitbild ab.

“Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der auf eine Website wie “… .com” oder “… .com” gelangt, rechnet nicht ohne weiteres damit, für das dort angebotene Downloaden von Grafiken oder den Zugriff auf eine Datenbank mit über 2.000 Gedichten etwas bezahlen zu müssen. Vergleichbare Angebote werden im Internet in erheblichem Umfang kostenlos unterbreitet. Teilweise geschieht dies zur Erzielung von Werbeeinnahmen, teilweise, um Internet-Nutzer zu einem weiteren “besseren”, dann aber kostenpflichtigen, Angebot hinzuführen, teilweise aber auch aus anderen Gründen….”

Weiterhin sei zu beachten, dass, solange es dem Verbraucher nicht um eine konkrete Kaufentscheidung geht und er sich im Internet im Wesentlichen zum Zwecke der eigenen Unterhaltung bewegt, er sich um eine gründliche Wahrnehmung der auf dem Bildschirm erkennbaren Informationen nicht bemühen wird.

Zudem rechnet der Verbraucher um so weniger mit einer Kostenpflichtigkeit der angebotenen Dienstleistungen, als er mit den Worten „Vielen Dank, dass auch Sie helfen, die wissenschaftliche Datenbank von ….de zu erweitern.“ darauf aufmerksam gemacht wird, dass der Anbieter ihrerseits von seiner Dateneingabe profitiert.

Registrierungspflicht deutet nicht auf Kostenpflicht

Dies gelte im entschiedenen Fall um so mehr, als bevor der Nutzer zur Anmeldemaske gelangt, es keine Anhaltspunkte für eine mögliche Kostenpflicht gibt.

„Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) mit der Anmeldung die Möglichkeit bietet, zugleich an einem Gewinnspiel … teilzunehmen. Eine solche Gewinnspielteilnahme stellt aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers bereits eine hinreichende Erklärung für die Notwendigkeit der geforderten Angaben dar.“

Ferner liegt selbst für solche Verbraucher, die mit einem kostenpflichtigen Angebot grundsätzlich rechnen, die Annahme fern, dass bereits die Betätigung des Eingabe-Buttons zu einer vertraglichen Bindung führen soll.

Sternchenhinweise unzureichend

Der Anbieter wollte auf die Entgeltlichkeit der Datenbanknutzung durch Sternchenhinweise aufmerksam machen:

„In den beiden Internetauftritten der Beklagten zu 1) findet sich über der Eingabemaske jeweils die Aufforderung “Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus ! * ” Auf der Website “… .com” wird dem Sternchen unterhalb der Eingabemaske und dem nachfolgenden, hervorgehobenen, Button “JETZT ANMELDEN” in normaler Schriftgröße folgender Text zugeordnet: “Um Missbrauch und wissentliche Falscheingaben zu vermeiden, wird Ihre IP- Adresse …. bei der Teilnahme gespeichert. Anhand dieser Adresse sind Sie über Ihren Provider… identifizierbar. Durch Betätigung des Button “Jetzt Anmelden” beauftrage ich ….com, mich für den Zugang zum Grafik-Archiv freizuschalten und soweit gewünscht, mich für das Handy-Gewinnspiel zu registrieren. Der einmalige Preis für einen Drei-Monats-Zugang zu unserem … beträgt 39,95 € inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer.” Die Angabe “39,95 € inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer” erscheint in Fettschrift.“

Das OLG Frankfurt hat zu Recht festgestellt, dass dieser Hinweis nicht geeignet sei, die Irreführung der Verbraucher über die Kostenpflichtigkeit des jeweiligen Dienstleistungsangebots entgegenzuwirken. Das Angebot verstößt auch gegen die PAngV.

„Ein Verbraucher, der das Sternchen bei der Aufforderung “Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus!” wahrnimmt, mag erwarten, in einem dem Sternchen zugeordneten Hinweistext darüber informiert zu werden, warum alle Felder vollständig auszufüllen sind und welche Folgen es hat, wenn bestimmte Angaben unterleiben. Er rechnet jedoch nicht damit, in dem Hinweistext über eine – für ihn unerwartete – Entgeltlichkeit des Angebots informiert zu werden. …
Hieran wird es, sofern sich die Entgeltlichkeit des fraglichen Angebots für den Durchschnittsverbraucher nicht ohnehin aus der Natur der Sache ergibt, in aller Regel fehlen, wenn nicht schon oberhalb des maßgeblichen Buttons ein ausdrücklicher und deutlich erkennbarer Hinweis auf die Entgeltlichkeit des Angebots erfolgt, dem dann gegebenenfalls über ein Sternchen ein weitergehender Aufklärungstext zugeordnet werden mag.“

Das Gericht hat weiterhin ausgeführt, dass die Platzierung der Preisangabe erst am Ende eines längeren Textes zu dessen Übersehen wesentlich beträgt.

Hinweis in AGB unzureichend

Die Entgeltlichkeit der Leistung sollte auch durch die AGB des Anbieters vereinbart werden. Nach Auffassung des OLG Frankfurt sind die Preisangaben aber auch dort für den Durchschnittsverbraucher nicht leicht auffindbar.

„Umfangreichere Klauselwerke wie Allgemeine Geschäftsbedingungen und Lizenzbedingungen werden jedoch bekanntermaßen von den meisten Verbrauchern im Regelfall akzeptiert, ohne sie vorher gelesen zu haben. …
Aus der Sicht eines Verbrauchers, der auf eine Vergütungspflicht nicht gefasst ist, lässt sich das Vorhandensein von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwanglos damit erklären, dass in solchen AGB urheberrechtliche Bestimmungen, Regelungen zur Unterbindung von Missbräuchen und Falscheingaben oder auch die Gewinnspielbedingungen enthalten sind.“

Gewinnabschöpfung, § 10 UWG

Ebenso wie das OLG Frankfurt, hat auch das LG Hanau (Teil-Urteil v. 01.09.2008, 9 O 551/08, Teil-Urteil v. 17.09.2008, 1 O 569/08) in einer sehr ähnlichen Konstellation  eine Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG angenommen.

,,Auch ein durchschnittlich informierter, situationsadäquat aufmerksamer und verständiger Verbraucher rechnet bei diesem Internetportal der Beklagten nicht mit einer kostenpflichtigen Leistung. Deshalb ist einfach, davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Verbrauchern nur deshalb die Leistung der Beklagten in Anspruch genommen hat, weil sie von deren Kostenfreiheit ausgegangen sind. Genau auf diese Verbraucher zielt die konkrete Maßnahme auch ab. Sollte nur derjenige erreicht werden, der von Anfang an bereit ist, für die angebotenen Leistungen auch eine Gegenleistung zu erbringen, hätte man die Kostenpflichtigkeit mit Preisangabe gleich in den Text mit aufgenommen.“

Vorsätzlicher Verstoß erst ab Abmahnungszugang

Das LG Hanau hat hier auch ein vorsätzliches Handeln des Anbieters bejaht. Vorsatz liegt vor, wenn der Kläger weiß, dass er den Tatbestand des § 3 UWG verwirklicht und dies auch will. Dabei genügt, dass er die Verwirklichung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Bereits aufgrund der Abmahnung vom 26.04.2007 waren dem Anbieter die Tatsachen bekannt, die nach Auffassung des Klägers für die Wettbewerbswidrigkeit im Sinne des § 3 UWG sprechen.

Anwaltsgutachten bietet keine ewige Garantie

Im vom Landgericht entschiedenen Fall wollte sich der beklagte Anbieter, darauf berufen, er hatte sich bei der Preisgestaltung anwaltlich beraten lassen. Bei der Frage, welche Auswirkungen ein derartiges Gutachten hat, hat das LG Hanau eine Differenzierung für die Zeit vor und nach der ersten Abmahnung vorgenommen.

„Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Rechtslage auch noch nach der anwaltlichen Beratung aus Sicht der Beklagten als zweifelhaft darstellen musste, so kann den Beklagten ab diesem Zeitpunkt allenfalls noch grob fahrlässiges nicht aber vorsätzliches Handeln angelastet werden. …
Denn mit Zugang des Abmahnschreibens musste der Beklagten klar sein, dass die eingeholte Rechtsauskunft möglicherweise nicht richtig war, zumal es sich bei der Klägerin um den Bundesverband der Verbraucherzentrale handelt. … Wenn die Beklagte nach diesem Zeitpunkt ihr rechtswidriges Verhalten fortsetzte, so nahm sie einen Rechtsverstoß zumindest billigend in Kauf. Dies reicht indes aus, um Vorsatz zu bejahen.“

Arglistige Täuschung, § 123 BGB

Das OLG Frankfurt geht darüber hinaus auch von einer arglistigen Täuschung aus:

“Denn nur so ist die Gestaltung der beiden Internetauftritte zu erklären …”

Neues Gesetz kommt bald

Da die Bekämpfung solcher unlauteren Geschäftspraktiken nach der geltenden Gesetzeslage nicht hinreichend wirksam scheint, plant die Bundesregierung ein neues Gesetz, die Möglichkeit der Verbraucher gegen solche Kostenfälle entgegenzuwirken deutlich verbessern wird.

Fazit

Das Urteil des OLG Frankfurt ist sehr zu begrüßen, da es den Verbraucher und lauter handelnde Händler für betrügerischen Machenschaften schützen soll. Leider entschied das LG Frankfurt kurze Zeit später am 05.03.2009 (Az: 5/27 Kls 3330 Js 212484/07 KLs – 12/08) in einem Strafprozess, dass derartige Abofallen keinen strafbaren Betrug darstellen. Allerdings besteht Hoffnung, dass andere Gerichte zu diesem Thema eine andere Meinung haben und das LG Frankfurt eine Ausnahme bleibt. (mr)

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