Viele Shopbetreiber kennen das Problem: Ein Mitbewerber spricht eine Abmahnung wegen der Verletzung von Markenrechten oder Wettbewerbsverstößen aus. Aber neben der Inanspruchnahme des Unternehmens ist auch die persönliche Inanspruchnahme eines Unternehmensleiters, z.B. eines GmbH-Geschäftsführers, ein beliebtes Mittel im Rahmen von rechtlichen Auseinandersetzungen. Dabei wissen viele Unternehmer gar nicht, dass Sie persönlich in Haftung genommen werden können.

Lesen Sie mehr zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers in einem Gastbeitrag von RA Rolf Albrecht.

Die Verletzung von bestehenden Markenrechten wird durch die jeweiligen Rechteinhaber meistens konsequent verfolgt. Hier kann der Markenrechtsinhaber auch den Unternehmensleiter persönlich in Haftung genommen. Insbesondere kann solch eine Haftung dann ergeben, wenn der Unternehmensleiter  Kenntnis von einer möglichen Verletzung von Markenrechten hat und die Möglichkeit, diese im Vorfeld zu verhindern. Eine solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Hamburg zu entscheiden (Urteil vom 14.12.2005, Az.: 5 U 200/04).

Dem durch das Gericht zu entscheidenden Fall lag eine Streitigkeit im (stationären) Handel zwischen zwei Schuhgeschäften zugrunde. Die Klägerin hatte markenrechtliche Ansprüche aus der Bezeichnung “G…17“ gegen einen Mitbewerber geltend gemacht, der sich Geschäft ebenfalls für Schuhe unter der Bezeichnung „M…17“ führte.

Das Gericht nahm insoweit eine Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen an und bejahte die markenrechtlichen Ansprüche der Klägerin.

Geschäftsführer haftet persönlich

Zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers führte das Gericht aus:

“Nach ständiger Rechtsprechung haften die Geschäftsführer einer GmbH bei Kennzeichenverletzungen auch persönlich, wenn sie die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder wenn sie jedenfalls von ihr Kenntnis haben und die Möglichkeit, sie zu verhindern. Sogar ohne eigene Kenntnis kommt eine persönliche Haftung des Geschäftsführers unter dem Gesichtspunkt der Organisationspflichtverletzung in Betracht, wenn er sich bewusst der Möglichkeit zur Kenntnis- und Einflussnahme entzieht, etwa durch einen dauerhaften Aufenthalt im Ausland. Vorliegend hatte der Bekl. unstreitig Kenntnis von der Kennzeichenverletzung der Firma M (s. auch die eidesstattliche Versicherung). Er hat sogar an der Kennzeichenverletzung teilgenommen, denn er hat das Gewerbe der Firma M angemeldet und die Anmeldung enthält auch den Namen des Geschäfts „M…17“.”

Weitreichende Folgen für Geschäftsführer

Der Geschäftsführer einer GmbH z.B. darf die Frage der Nutzung einer Marke nicht den Gesellschaftern überlassen, sondern muss diese in eigener Verantwortung auf ihre rechtliche Zulässigkeit prüfen. Notfalls muss der Geschäftsführer, wenn er sich mit seinen Bedenken nicht durchsetzen kann, sein Amt als Geschäftsführer niederlegen und den Anstellungsvertrag kündigen.

Das Urteil des OLG Hamburg zeigt umso mehr, dass die persönliche Verantwortlichkeit für etwaige Verletzung von Markenrechten nicht unterschätzt werden sollte. Somit muss der Unternehmensleiter die Problematik der Verletzung von bestehenden Markenrechten in seine geschäftlichen Entscheidungen einbeziehen und ggf. die rechtliche Prüfung vorab veranlassen.

Klare Regelung bei Werbung erforderlich

Zugleich besteht auch ein erhöhtes Haftungsrisiko für eine Inanspruchnahme für Wettbewerbsverstöße. Oft ist die Verantwortlichkeit z.B. für Suchmaschinen-Anzeigenkampagnen an Drittanbieter ausgegliedert. Ist dies nicht der Fall, so fällt die rechtliche Zuständigkeit auf das Unternehmen und dessen Leitung zurück. Auch hier kann der Unternehmensleiter persönlich in Anspruch genommen werden, wenn er entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder diejenige eines anderen gekannt und pflichtwidrig nicht verhindert hat.

Dabei gilt, dass sämtliche Werbemaßnahmen z.B. auch durch den GmbH-Geschäftsführer zu verantworten sind. Der Geschäftsführer haftet persönlich, wenn er entweder selbst die Rechtsverletzung begangen oder die eines anderen gekannt und pflichtwidrig nicht verhindert hat.

Für E-Commerce-Anbieter und deren Unternehmensleitungen muss somit eine klare Verantwortungsstruktur vorhanden sein. Übernimmt der Unternehmensleiter nicht persönlich die Vornahme von entsprechenden Werbehandlungen, sollte eine hinreichende Aufgabenzuordnung vorhanden  und dokumentiert sein, um hier eine persönliche Haftung in einem möglichen Rechtsstreit entkräften zu können.

Fazit:

Die persönliche Verantwortlichkeit für Marken- und Wettbewerbsverletzungen sollte durch die verantwortlich Handelnden im Bereich E-Commerce nicht unterschätzt werden. Eine persönliche Inanspruchnahme verursacht oft im Vorfeld vermeidbare rechtliche Folgen.

Über den Autor:


Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei volke2.0. Die Kanzlei volke2.0 erwirkte in Zusammenarbeit mit Trusted Shops u.a. eine Entscheidung des LG Bielefeld, in der die Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnwelle zu angeblich fehlerhaften Preisangaben festgestellt wurde.

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