unbezahlte-ware.jpgDurch unbezahlte Produkte entstehen Online-Shops regelmäßig hohe Kosten. Wer hier aber denkt, als Kosten nur die Differenz zwischen Einkaufs und Verkaufspreis als Kosten ansetzen zu können, macht laut Shopbetreiber Ralph P. Görlach eine “Milchmädchenrechnung”.

Im folgenden Gastbeitrag erfahren Sie, welche Kosten Shopbetreiber wirklich bei unbezahlter Ware erwarten.

Wussten Sie, dass ein unbezahltes Produkt im Verkaufspreis von 190 Euro ca. 15 x zusätzlich verkauft werden muss, um die dadurch entstandenen Kosten zu decken? Weil Diebstahl von Waren über das Internet oder Warenkreditbetrug nicht bundeseinheitlich gleich engagiert verfolgt wird, entsteht ein Schaden in enormer Höhe.

  1. Angenommen, die Ware kostet im Einkauf = 100 Euro (netto)
  2. Netto-Verkaufspreis der Ware = 159,66 Euro
  3. + Umsatzsteuer= 30,34 Euro
  4. = Verkaufspreis =190 Euro
  5. Gewinnspanne = 59,66 Euro (190 Euro – 19 % Umsatzsteuer – 100 Euro)

Von der Gewinn-Marge in Höhe von 59,66 Euro, die “Budoten” beim Verkauf von Waren verbleibt, müssen zunächst die Kosten des laufenden Betriebes gedeckt und die Mitarbeiter bezahlt werden, die für ihre Arbeit zu Recht eine angemessene Entlohnung erwarten. Neben den Personalkosten, Strom, und Miete für Lager und Büro, Transport – die Versandkostenpauschale deckt die tatsächlichen Kosten nämlich nicht – verschlingen auch die Gemeinkosten, Hard- und Software usw. eine ansehnliche Summe. Nach Abzug aller Kosten verbleibt dann noch ein Betrag von rund 10 Euro als “echter” Verdienst übrig.

Wird die Ware nicht bezahlt, so muss “Budoten” weitaus größere Anstrengungen unternehmen, um diesen Verlust auszugleichen. Bezogen auf die reine Marge von 59,66 Euro, also den Verkaufspreis ohne Berücksichtigung der Kosten, bedeutet dies, dass “Budoten” das gleiche Produkt zwei mal zusätzlich verkaufen muss, um ein neutrales Ergebnis zu erhalten, d.h. den Einkaufspreis der nicht bezahlten Waren zu decken.

Das Rechnen mit der reinen Marge – der Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis – ist aber eine “Milchmädchenrechnung”, die nicht aufgeht, denn die Kosten, die mit jeder Bestellung verbunden sind, müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

An “echtem” Verdienst verbleiben nach dem Beispiel von oben rund 10 Euro. Um auch den Einkaufspreis der nicht bezahlten Ware zu decken, werden 100 Euro benötigt. “Budoten” muss das gleiche Produkt also 10 x zusätzlich verkaufen, um nur den reinen Einkaufspreis eines nicht bezahlten Produktes zu decken. Hinzu kommen aber auch noch die mit der nicht bezahlten Ware im direkten Zusammenhang stehenden fixen Kosten von rund 50 Euro, was nochmals 5 zusätzlichen Verkäufen entspricht.

Es müssen 15 zusätzliche Produkte verkauft werden, um den entstandenen Schaden annähernd auszugleichen, doch diese Rechnung berücksichtigt noch nicht, dass durch die nicht bezahlte Rechnung weitere Kosten durch Schriftverkehr mit Polizei, Rechtsanwälten, Staatsanwaltschaft und Gerichten, entstehen. Jede angemahnte Rechnung verschlingt zusätzliches Geld.

Dieses Geld steht für Reinvestitionen nicht zur Verfügung. Allein das Bundesland Brandenburg registrierte im vergangenen Jahr 11.999 Fälle mit einem Gesamtschaden von 6.567.382 Euro. Nordrhein-Westfalen meldete für 2004 bereits rund 50 Millionen Euro Schaden durch Warenkreditbetrug. Berücksichtigt man, dass diese Zahlen “nur” der reine Zahlungsausfall sind, wird schnell erkennbar, dass der tatsächliche Schaden weit höher liegt.

  • Diese enormen Schadenssummen stehen für neue Investitionen in Deutschland nicht zur Verfügung.
  • Bezogen auf die reinen Ausfallkosten der Forderung entgehen dem Staat Steuern in Millionenhöhe: Umsatzsteuer von 6.567.382 Euro = 1 Million (NRW = 6,89 Millionen), dazu kommen Ertragssteuern der Unternehmen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) – vorsichtig geschätzt mit 40% = Brandenburg 2007: rund 2,21 Millionen Euro, NRW 2004: rund 17,24 Millionen Euro.
  • Diese Zahlungsausfälle gefährden Arbeitsplätze und verursachen weitere zusätzliche Kosten für die Sozialsysteme.

Fazit: Warenkreditbetrug oder Diebstahl sind keine Kavaliersdelikte und sollten meiner Meinung nach strenger verfolgt werden.

Viele Staatsanwaltschaften stellen Verfahren wegen Warenkreditbetrug “mangels öffentlichem Interesse” ein. Hier gibt es allerdings von Bundesland zu Bundesland große Unterschiede. In Brandenburg und Berlin geschieht dies besonders häufig, da es in diesen Fällen nach Einschätzung der Gerichte meist “nur” um geringe Streitwerte gehe. Der wahre Grund ist wohl, dass die chronische personelle Unterbesetzung eine effektive Strafverfolgung erschwert.

Es scheint, als würde der “klassische Ladendieb”, der ein paar Tüten Kaffee im Supermarkt hat mitgehen lassen, härter bestraft, als der moderne Dieb, der sich der Zeit angepasst hat, seine Diebesbeute über das Internet macht und dort häufig auch wieder gewinnbringend absetzt.

Diesen Beitrag von Ralph P. Görlach finden Sie auch im Blog von Budoten.

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