Das Ergebnis unserer Leserumfrage zur Eindämmung des Widerrufsmissbrauchs steht fest: 72% der 654 Teilnehmer sind der Meinung, dass eine Tragung der Rücksendekosten durch den Kunden das wirksamste Mittel gegen einen Missbrauch des Widerrufsrechtes darstellt. Diese Regelung existiert fast in ganz Europa, allein in Deutschland und Finnland sind einen Sonderweg gegangen. Sogar Verbraucherschutzorganisationen betrachten die Übernahme der Rücksendekosten durch den Kunden als “fair”.
Lesen Sie hier über das Umfrageergebnis und die Hintergründe des deutschen Sonderweges.
Anlässlich eines Berichtes der Netzzeitung über zunehmend betrügerische Kunden hatten wir danach gefragt, wie der Missbrauch des Widerrufsrechtes am besten eingedämmt werden kann. Die Mehrheit der Teilnehmer sprach sich dafür aus, dass die Kunden im Falle des Widerrufs die Kosten der Rücksendung tragen sollen.
Diese Frage wurde auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder diskutiert. Zuletzt sprach sich der Rechtsausschuss des deutschen Bundestages Ende 2004 dafür aus, eine Regelung wie in anderen europäischen Mitgliedsstaaten einzuführen, das sich die deutsche Regelung als nicht sachgerecht erwiesen habe. Die Kommentare zu unserem damaligen Beitrag machen die Problematik des Widerrufsmissbrauchs deutlich sichtbar.
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Im Zuge einer öffentlichen Konsultation über die Fernabsatzrichtlinie haben sich zahlreiche Interessenvertreter der Wirtschaft Ende 2006 für eine verbindliche europäische Vorgabe in dieser Frage ausgesprochen. Derzeit haben die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, über das Verbraucherschutzniveau der Fernabsatzrichtlinie hinaus zu gehen, wovon Deutschland in mehreren Punkten Gebrauch gemacht hat. Hierdurch entstehen allerdings Wettbewerbsnachteile für deutsche Händler.
So macht der Branchenverband Bitkom darauf aufmerksam, dass Deutschland zusammen mit Finnland mit der Kostenüberwälzung für die Rücksendung auf den Händler eine Außenseiterposition einnimmt. Eine Kostentragung durch den Käufer, wie sie in den meisten Staaten vorgesehen ist, entspreche einer angemessenen Risikoverteilung, da der Kunde von den Vorteilen des Fernabsatzes (regelmäßig günstigere Preise, Bequemlichkeit) profitiere, daher aber auch das mögliche Risiko einer notwendigen Rücksendung tragen solle.
“Zumindest die alleinige Belastung des Händlers mit diesem Risiko erscheint unangemessen und schafft erhebliche Fehlanreize mit gravierenden Nachteilen nicht nur für die Händler, sondern auch für die nicht missbräuchlich agierenden Verbraucher, die die verursachten Gesamtkosten durch höhere Endkundenpreise mittragen müssen.
Die Erfahrungen in den anderen Mitgliedsstaaten bestätigen, dass der Verzicht auf eine Rücksendekostenregelung wie in Deutschland nicht zu einer Gefährdung eines angemessenes Verbraucherschutzniveaus führt. Vielmehr wird ein angemessenes Anreizsystem geschaffen, das Missbräuche des Widerrufsrechts durch „Bestellungen ins Blaue hinein“ etc. etwas eindämmen kann.”
Letztlich bliebe es immer noch besonders service-orientierten Händlern freigestellt, die Übernahme der Rücksendekosten anzubieten.
Auch der Bundesverband des deutschen Versandhandels (bvh) vertritt in seiner Stellungnahme die Ansicht, dass die deutsche Regelung nicht angemessen ist. Die Verbraucher seien es gewohnt, auch beim Umtausch wegen Nichtgefallens im stationären Handel die Kosten des Rücktransports der Ware zum Händler zu tragen.
“Dass aufgrund des intensiven Wettbewerbs im Versandhandel und des Wettbewerbs zwischen Versandhandel und stationärem Handel die Rücksendekosten vor Erlass des Fernabsatzgesetzes häufig freiwillig vom Versandhandel übernommen wurden, ist lediglich Ausdruck des funktionierenden Marktes und liefert keine Rechtfertigung, in den Markt einzugreifen. Die jedenfalls grundsätzliche Kostentragung durch den Verbraucher hätte vor allem den großen Vorteil, dass sich damit das Problem des Missbrauchs der Bestellmöglichkeit durch einzelne Kunden zu Lasten aller Kunden kaum noch stellen würde.”
Die derzeitige 40 €-Regelung ermuntere hingegen Kunden, die letztlich nichts kaufen wollen, lediglich dazu, in jedem Fall Waren im Wert von mehr als 40 € zu bestellen. Die Notwendigkeit, die Rücksendekosten selbst zu tragen, würde die nicht ernsthafte Bestellung oder die Bestellung einer Vielzahl von Modellen, von denen höchstens eins gekauft wird, weniger attraktiv machen. Außerdem entfiele die Gefahr übermäßiger Rücksendekosten. Denn der Verbraucher als Träger der Rücksendekosten würde die günstigste Art der Rücksendung wählen.
Bemerkenswert ist, dass selbst die europäische Verbraucherlobby nicht eine Regelung nach deutschem Vorbild fordert, sondern den geltenden Art. 6 Abs. 2 der Fernabsatzrichtlinie, nach dem den Kunden die Kosten der Rücksendung auferlegt werden können, nicht in Frage stellt. In diesem Sinne äußert sich etwa The Consumer Council of Norway und auch der Verband Bureau Européen des Unions de Consommateurs (beuc), in dessen Stellungnahme es auf S. 9 schlicht heißt:
“It is fair that the consumer pays the costs of returning the goods when he/she withdraws from the contract for no specific reason.”
Fragt sich, warum sich der deutsche Gesetzgeber derart schwer tut, die deutsche Regelung zu ändern. Widerstand von Verbraucherschützern ist nicht zu erwarten und die deutsche “40-EUR-Klausel” wurde zu Recht als Musterbeispiel für Überregulierung bezeichnet.
Dahinter stehen wohl irgendwelche nicht genau nachvollziehbaren politischen Absprachen. Die Stellungnahme des Bundesjustizministeriums zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission, diese Frage einheitlich zu regeln ist jedenfalls nicht besonders überzeugend. Die Bundesregierung sieht in ihrer Stellungnahme keinen Anlass zur Überarbeitung der komplizierten deutschen 40-EUR-Kostentragungsregelung. Vielmehr sei dies im Interesse der Beibehaltung der “nationalen Gewohnheiten” sachgerecht. Eine weitergehende Harmonisierung würde zu einer “Überreglementierung” führen, so die Bundesregierung.
Stellt sich die Frage, wie lange sich Deutschland diese “nationale Gewohnheit” im europäischen Wettbewerb noch leisten kann. Die Überarbeitung der Musterwiderrufsbelehrung wäre ein guter Anlass, noch einmal den Vorschlag des Rechtsausschusses aus dem Jahr 2004 aufzugreifen und die verkorkste deutsche “40-EUR-Klausel” endlich abzuschaffen. (cf)
Wenn ich als Kunde einem Ladengeschäft einen Artikel kaufe,
dann habe ich noch nicht mal ein 14-tägiges Rückgaberecht,
schon garnicht werden mehr die Parkgebühren oder sonstige
Aufwendungen für meine Hinweg erstattet
und übernichts bekomme ich wenn ich den Artikel im Laden
zurückgeben will. Weder meine Fahrtkosten noch Parkgebühren
oder ähnliches.
Daher denke ich, dass hiermit genauso verfahren werden muss
wie im normalen Ladengeschäft.
Wundere mich eh dass die klassischen Einzelhändler nicht auf die
Barikaden gehen und sich darüber beschweren, dass der Kunde im
Netzt viel mehr Rechte hat als im Laden.
Dann hat er noch hohe Innenstadtmieten zu tragen, berät einen
Kunden persönlich, der dann geht und günstiger mit mehr Rechten versehen im Web bestellt….
Es wäre auch ohne Umfrage mehr als vorhersehbar, daß sich die Händler dagegen aussprechen. Nicht nur, daß die Versandkosten für Hin- und Rücktransport für immer verloren sind, auch noch der ganze Aufwand war bei einem Widerruf “für die Katz”.
Aber es ist die Frage ob man mit der Übernahme der Kosten durch die Kunden dem Online-Handel etwas gutes tut. Der im Text angesprochenen Vorteile wie Komfort, günstige Preise etc. stehen nämlich schon jetzt Risiken und Nachteile entgegen wie z.B. Produkte können nicht berührt/probiert/getragen werden, Risiko von unseriösen Händlern bei Vorkasse, schlechter Service etc. etc.
Ich denke es ist da schon eine gute Lösung wenn man als Verbraucher weiß, daß man die Ware bei nichtgefallen kostenfrei zurückgeben kann.
Die Händler kann ich auch verstehen, aber sie sollten evtl. kreativer da rangehen und z.B. bessere Produktinformationen bieten, also weiter daran arbeiten Rücksendungen zu minimieren.
>>Eine weitergehende Harmonisierung würde zu einer “Überreglementierung” führen, so die Bundesregierung.<<
das ist ja wohl das Paradoxum schlechthin… netter Scherz der BR, oder doch nicht?
Mal ganze im Ernst : Eigentlich bräuchten die Shopbetreiber einen Lobbyverband. Auch wenn ich solchen Verbänden bis auf das Mark kritisch gegenüber stehe – aber wenn Deutschland wie so oft einen eigenen Weg in der Rechtsprechung geht, wäre ein Interessensverband gar nicht mal so unabwegig.
Nicht nur die Rechtsprechung hinsichtlich der Rücksendekosten ist bei genauerer Betrachtung ein Witz, sondern in zunehmender Weise auch die Problematik bei Lastschriften, bzw der daran anknüpfende Hürdenlauf der für den Betreiber meist darin endet weder Geld, noch Ware wieder zu bekommen.
Weniger Kundenschutz (Rücksendekosten, umständliche Auflagen für das Impressum, welches kaum ein Kunde je liest und einige weitere Blockaden) und härteres und vor allen Dingen schnelleres Vorgehen bei Betrügern (Käufer wie Verkäufer) und härtere Strafen würden mit Sicherheit für beide Seiten Vorteile bringen.
Und wenn man Online-Shopping mit dem online buchen von Flügen
vergleicht, dann muss man feststellen dass die Airlines bei Stornos
oder Umbuchungen jede Menge Gebühren berechnen dürfen, obwohl
garnichts versandt wurde und die Online-Händler die wirkliche
manuelle Arbeit haben nichts berechen dürfen, ganz im Gegenteil
sogar die Hin- und Rücksendekosten erstatten müssen.
Irgendwas stimmt hier doch nicht…
Bei online Flugbuchungen hängt das aber damit zusammen, daß das Widerrufsrecht dort nicht greift. Ansonsten wären dort kein seriöser Handel machbar, wenn dann auf einmal 50% eines Fluges kostenfrei storniert werden kann – ohne Gebühren.
@ Peter: verstehe nicht was Du meinst.
Ich will eine 100%tige Erstattung meiner Flugkosten, incl. NK usw.
Der Flug wird ja nach dem Storno sogar wieder zum vollen,
oft auch zum höheren Preis verkauft.
Das vom Flug war ein gutes Beispiel…..
deutsche Regelung ist schwachsinnig, viele Firmen gehen deshalb pleite, nur weil Kunden gerne probekaufen. Es geht schon so weit, dass viele Bekannte wissen: ach wenns mir nicht gefällt, dann schicke ichs zurück. Ich brauchs ja eh nur für die CeBIT.
@TrustedShops:
Wann gibt es denn eine Änderung. Ist etwas schon in Sicht?