Der sogar noch aus C64-Zeiten berühmt-berüchtigte Anwalt Günter Freiherr von Gravenreuth wurde nach einem taz-Bericht vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen versuchten Betrugs zu einer Haftstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Der stets umstrittene von Gravenreuth gilt vielen als einer der Verursacher des heutigen Abmahn-Unwesens. Was hat ihn jetzt in’s Gefängnis gebracht?
Der Verurteilung ging ein langer Rechtsstreit voraus. Im Mai 2006 hatte der für Abmahnungen bekannte Gravenreuth die Tageszeitung abgemahnt, weil er unbestellt eine Bestätigungsmail für den taz-Newsletter erhalten habe. Als die Zeitung nicht zahlte, habe Gravenreuth eine einstweilige Verfügung erwirkt. Dem Münchner Anwalt wurde darin ein Betrag von 663,71 Euro zugesprochen, den die taz zahlte. Dennoch ließ der Anwalt die Domain www.taz.de pfänden und versuchte sogar, sie zu versteigern. Er begründete diesen Schritt damit, dass er kein Geld von der Berliner Tageszeitung erhalten habe, schreibt die taz: Er habe auf den Kostenfestsetzungsbeschluss noch keine Zahlung erhalten, habe Gravenreuth erklärt. (via cT)
Die taz stellte daraufhin Strafanzeige wegen versuchten Betruges. Eine Kanzlei-Durchsuchung förderte ein Telefax-Schreiben der taz an Gravenreuth zu Tage, dessen Eingang er bis dahin bestritten hatte. Richterin Nissing wurde dann bei der Urteilsbegründung ungewöhnlich deutlich:
Nur weil die taz einen Anwalt hatte, der Ihnen in den Arm gefallen ist, haben Sie die Domain nicht verwertet. Die Allgemeinheit muss vor Ihnen geschützt werden.
Dem haben wir nichts mehr hinzuzufügen… Allerdings: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Für von Gravenreuth besteht noch die Möglichkeit, in Berufung zu gehen.
P.S.: Das heise-Forum zur Meldung quillt mit fast 3.000 Beiträgen gerade über.
P.P.S.: Und bei Technorati finden sich mittlerweile geschlagene 300 Blogpostings zum Thema…
ich glaube nicht das er wirklich hinter Gittern muss, er wird sich schon etwas einfallen lassen. Bestimmt ist er krank oder sowas.
Aber das Gericht hat wirklich wahre Worte gesprochen, das macht das Leben wieder lebenswert.
Igor
wer sich eines Betrugstatbestandes schuldig macht, gehört bestraft. Punkt.
Ob man v.G. mag oder nicht, die Ausnutzung juristischer Lücken zum eigenen Vorteil, steht auf einem anderen Blatt. Ich kenne selbst das ohnmächtig wütende Gefühl, wenn man eine Abmahnung vorliegen hat. Vor allem, wenn es um oft hanebüchene Lappalien geht, die mittels abstruser “Streitwerte” extrem verteuert werden. Zum Glück erkennt die Rechtssprechung (nach Jahrzehnten…lang hat´s gedauert) die Relationen und setzt daher Abmahnungen bzw Kosten für Lappalien herab – richtig so. Andererseits bedarf es gerade im Internet, wo viele denken, sie seien unantastbar im rechtsfreien Raum, eines Instrumentes, um uneinsichtige Mitbewerber, die sich zum Nachteil anderer einen eigenen unfairen Vorteil verschaffen, eines wirksamen Instrumentes. Dies mittelbar über gerichtlich festgestellte Streitwerte zu erreichen, halte ich für sinnvoll.
Häme allerdings dabei mit Straftatbeständen zu vermischen ist verständlich, jedoch eigentlich nicht opportun , nicht nur in diesem “ganz speziellen” Fall 😉
Signale haben sie damit gesetzt, aber jetzt helfen auch keine Leuchttürme mehr bei der Situation in welcher Deutschland momentan ist.