Das LG Landau hat mit Urteil vom 17.2.2006 (HK O 977/05) entschieden, dass die von einem Online-Händler gegenüber einem Verbraucher verwendete AGB-Klausel “Versand auf Risiko des Käufers” nach §§ 474 Abs. 2, 447 BGB, § 4 Nr. 11 UWG unzulässig ist.
Das Urteil ist keine Überraschung, sondern bestätigt nur die geltende Rechtslage. Seit Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie im Rahmen der Schuldrechtsreform (1.1.2002) ist im Gesetz klar geregelt, dass die Gefahr der Beschädigung oder des Untergangs der Ware nicht schon mit Übergabe an das Transportunternehmen, sondern erst mit tatsächlicher Ablieferung beim Verbraucher auf diesen übergeht.
Auch die im Jahr 2014 in deutsches Recht umgesetzte Verbraucherrechterichtlinie hat an dieser Rechtslage nichts geändert.
AGB mit gewerblichen Kunden
Eine abweichende Vereinbarung ist nur mit Nicht-Verbrauchern (z.B. gewerblichen Kunden) möglich, so dass es sich empfiehlt, je nach Kundenkreis mit verschiedenen AGB-Versionen bzw. differenzierten Klauseln zu arbeiten.
Riskant sind auch optional angebotene Transportversicherungen, wenn durch die Wahlmöglichkeit der Eindruck entsteht, der Verbraucher trage das Versandrisiko, wenn er keine Transportversicherung wählt. Solche Konstellationen wurden in der Vergangenheit bereits von der Verbraucherzentrale Bayern abgemahnt.
Fehlerhafte AGB können abgemahnt werden
Interessant ist, dass das Landgericht die unwirksame AGB-Klausel zugleich als Wettbewerbsverstoß einstuft. Nicht jede unwirksame Geschäftsbedingung ist zugleich wettbewerbswidrig und berechtigt damit zu Abmahnungen. Ähnlich wie unzulässige Rügefristen (Pflicht zur Anzeige von Transportschäden innerhalb einer Ausschlussfrist) wird jedoch die Gefahrabwälzung als Verstoß gegen eine sog. Marktverhaltensregel eingestuft, so dass die Verwendung einer solchen Klausel nicht nur im Verhältnis zu Verbrauchern unwirksam ist, sondern zugleich von Konkurrenten und Verbänden abgemahnt werden kann.
Update: Abmahnungen vermeiden
Ende 2008 wurde das UWG umfassend reformiert. Seit dem ist auch klar, dass fehlerhafte AGB immer abgemahnt werden können. Zu Zeiten der Entscheidung des LG Landau war dies noch umstritten.
Eine erste Hilfe zur Vermeidung von Abmahnungen bietet Ihnen das Trusted Shops Handbuch für Online-Händler.
Im Internet bestellte Ware ist komplett zerstört bei mir angekommen. Der Versand per DHL war nicht versichert. Die Ware ist bezahlt. Welche Rechte habe ich als Verbraucher?
Der Händler trägt beim sog. Verbrauchsgüterkauf zwingend die Gefahr, dass die Ware auf dem Versandweg zerstört wird. Ist dies der Fall, können Sie die Rückerstattung des Kaufpreises verlangen.
Ob es sich hier um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, d.h. Sie als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB bestellt haben und nachgewiesen werden kann, dass die Ware auf dem Transportweg und nicht z.B. nach Ablieferung zerstört wurde, können wir an dieser Stelle wegen des Rechtsberatungsgesetzes nicht prüfen.
Hierzu können Sie sich an eine lokale Verbraucher-Beratungsstelle wenden. Adressen unter:
http://www.verbraucherzentrale.de
Mich interessiert die Rechtslage im folgenden abstrakten Fall:
Der Käufer K. kauft bei einem gewerblichen Münzhändler über eine Internetauktion-Plattform eine seltene Goldmünze für 400 Euro. Da der
Verkäufer V. zu 100 prozent gute Bewertungen hat und einen seriösen Eindruck macht, überweist K. das Geld am selben Tag.
Eine Woche später findet der K. in seinem Briefkasten eine Abholkarte, jedoch nicht wie gewohnt für das Postamt, sondern das Paket sei bei dem Nachbarn N., einem im selben Haus befindlichen Taxi-Unternehmen hinterlegt. Dieser jedoch erklärt, er habe das Paket nicht mehr und es DHL zurückgegeben.
DHL aber erklärt auf Anfrage, dass es beim Nachbarn N. zugestellt sei und danach dort verblieb und, entgegen N’s Aussage, von DHL nicht wieder mitgenommen wurde.
Käufer K. ist sehr verärgert, da seit 2 Monaten Emails hin-und hergehen mit dem V. und sich nichts tut. V. scheint auch ungewöhnlich langsam und herauszögernd. Er setzt dem V. nun per Email eine Frist von 8 Tagen mit der Aufforderung zur Lieferung, ansonsten träte er zurück vom Kaufvertrag da er ja nachweislich keine Ware erhalten habe.
V. lässt diese Frist ungenutzt verstreichen, und fast auf den Tag genau nach Ablauf von 2 Monaten seit Kaufdatum – die Frist, innerh. der man bei der Auktionsplattform negative/positive Händler-Bewertungen geben kann – erklärt Verkäufer V. per Anwaltsschreiben, er weigere sich nun das Geld zurückzuzahlen denn laut AGB von DHL sei die Münze ja ordnungsgemäß beim Nachbarn zugestellt und er habe sie ja nachweislich verschickt. Folglich hafte er nicht für die verschwundene Ware; dass er Händler sei, sei irrelevant denn er habe ja alles getan um die Ware zu verschicken.
Frage:
Kann ein Händler in einem solchen Fall den Schaden auf den Verbraucher abwälzen? Laut DHL ist das Paket zwar “ordnungsgemäß zugestellt” (Nachbar), allerdings hat es der Käufer selber nie bekommen.
Gegen wen hat ein Verbraucher in einem solchen Fall nun Schadensersatzansprüche?
Und – gilt eine Fristsetzung und Rückttritt vom Vertrag per Email, oder sollte dies per Einrschreiben geschehen?
Ich bedanke mich im Vorraus für ihren Kommentar.
mfG
Hallo Andreas,
das ist kein abstrakter, sondern Ihr ganz konkreter Einzelfall mit der Bitte um Rechtsrat, der wir hier weder nachkommen können noch dürfen.
In allgemeiner Form habe ich mich zu diesem Thema einmal im ARD Ratgeber Recht geäußert:
Text: http://www.wdr.de/tv/ardrecht/sendungen/2008/september/080913_1.phtml
Film: http://www.wdr.de/themen/global/webmedia/webtv/getwebtvextrakt.phtml?p=200&b=026&ex=2
Meine Meinung: Die DHL-Klausel zur Nachbarschaftsannahme ist in dieser Form unwirksam. Das braucht Sie als Verbraucher aber ohnehin nicht zu interessieren, sondern betrifft nur die Frage, ob der Händler bei DHL Regress nehmen kann.
Im Verhältnis Händler-Verbraucher gilt immer, dass die sog. Gefahr erst übergeht, wenn die Ware bei Ihnen abgeliefert wurde (§ 474 Abs. 2 BGB), und zwar unabhängig davon, ob versicherter und unversicherter Versand vereinbart wurde. Ablieferung liegt vor, wenn Sie selbst oder ein ausdrücklich von Ihnen beauftragter Nachbar Besitz erlangen, aber nicht irgendein Nachbar. Wird die Ware bei irgendeinem Nachbarn abgegeben, ist das nichts anderes, als wenn DHL sie auf der Straße liegen lässt. Der Händler muss dann den Kaufpreis zurück erstatten, aber nicht noch einmal neu liefern (Unterschied zwischen Preis- und Leistungsgefahr, siehe dazu auch http://www.lrz-muenchen.de/~Lorenz/urteile/viiizr302_02.htm).
Wie gesagt: das ist meine Rechtsauffassung. Wie Sie konkret vorgehen sollen, müssen Sie Ihren Anwalt fragen.
Viele Grüße
Carsten Föhlisch