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Abmahnungen wegen fehlender Grundpreisangaben

Mehrere Händler berichten über Abmahnungen wegen angeblich fehlender oder unvollständiger Grundpreisangaben, die eine Berliner Kanzlei im Auftrag einer Kosmetikhändlerin aus Berlin um den 14.6.2006 verschickt hat. Der Vorwurf: bei den im Internet angebotenen Waren werde nur der Endpreis und nicht der Grundpreis angegeben.

Gemäß § 2 Abs. 1 PAngV ist bei Waren, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten werden, in unmittelbarer Nähe des Endpreises auch der Grundpreis anzugeben. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware, wobei es in bestimmten Fällen auch möglich ist, kleinere Einheiten (z.B. 100 ml) als Bezugsgröße zu verwenden (§ 1 Abs. 3 PAngV). Die Preisangabenverordnung enthält eine Reihe von Ausnahmen. So müssen z.B. bei kosmetischen Mitteln, die ausschließlich der Färbung oder Verschönerung der Haut des Haares oder der Nägel dienen, keine Grundpreisangaben gemacht werden (§ 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV).

Grundpreisangaben sind nicht Gegenstand der Trusted Shops Anforderungen und somit auch nicht der Zertifizierung. Allerdings weisen wir in der Prüfung darauf hin, wenn nach unserer Einschätzung für bestimmte Warensortimente Grundpreise zu nennen sind. Dies müssen Sie aber – je nach verkaufter Ware – für Ihr Sortiment selbst überprüfen.

Ein Verstoß gegen die Grundpreisangabenpflicht berechtigt nicht immer zu Abmahnungen. So hat das OLG Koblenz mit Urteil v. 25.4.2006 (4 U 1219/05) entschieden, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV nicht allein wegen einer möglichen Nachahmungsgefahr im Sinne von § 3 UWG geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber oder der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. D.h. einige Verstöße überschreiten nicht die Bagatellschwelle.

Auch gab es in den aktuellen Abmahnfällen durchaus Möglichkeiten, im Wege der Gegenabmahnung vorzugehen. Wie einige Betroffene selbst feststellen, machte die Händlerin – wie so oft – selbst auch nicht alles richtig und nannte nicht bei allen Preisangaben im Schaufenster Grundpreise bzw. ergänzte diese nachträglich handschriftlich. Die abmahnende Kanzlei war bereits in anderem Zusammenhang mit einer Reihe gleich lautender Abmahnungen aufgefallen und hat auch Verstöße gerügt, die man unter den Ausnahmekatalog der Preisangabenverordnung subsumieren kann. Ob diese Umstände bereits ein missbräuchliches Vorgehen i.S.v. § 8 Abs. 4 UWG begründen, ist offen. Einige Betroffene haben jedenfalls keine Unterlassungserklärung abgegeben.

Gleichwohl kann nur eindringlich davor gewarnt werden, das Urteil des OLG Koblenz oder ähnliche Entscheidungen als Freifahrtschein für Rechtsverstöße zu deuten. Die Grundpreisverpflichtung ist eine verbraucherschützende Marktverhaltensregel und ein Verstoß regelmäßig wettbewerbswidrig. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat kürzlich herausgefunden, dass sehr viele Großpackungen namhafter Hersteller von Waschmitteln und ähnlichen Produkten wesentlich teurer verkauft werden als Kleinpackungen, obwohl der Verbraucher davon ausgeht, dass er bei Großpackungen Geld spart. Dies kann der Verbraucher nur dann auf den ersten Blick erkennen, wenn Grundpreisangaben gemacht werden. Die Pflicht zur Grundpreisangabe hat also durchaus ihre Berechtigung, und wer dagegen verstößt, beeinträchtigt häufig den Wettbewerb zu Lasten des Verbrauchers.