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Urteil: BGH zur Zulässigkeit von Zugaben

Der BGH hat mit Urteil v. 22.9.2005 (I ZR 28/03) entschieden, dass von einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern nach § 4 Nr. 1 UWG regelmäßig nicht allein deshalb auszugehen ist, weil einem Produkt eine im Verhältnis zum Verkaufspreis wertvolle Zugabe ohne zusätzliches Entgelt beigefügt wird. Zudem sei eine Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen i.S. von § 4 Nr. 2 UWG nicht gegeben, wenn eine Jugendzeitschrift zusammen mit einer Sonnenbrille abgegeben wird.

Im vorliegenden Fall hatte die Herausgeberin einer Jugendzeitschrift dieser eine Sonnebrille beigelegt, wobei der Verkaufspreis nicht erhöht und die Brille als „Designerbrille“ bezeichnet wurde. Eine Konkurrentin hielt dieses Vorgehen trotz Wegfalls der Zugabeverordnung nach allgemeinem Wettbewerbsrecht für übertriebenes Anlocken und damit wettbewerbswidrig. Durch den Begriff „Designerbrille“ werde eine besondere Hochwertigkeit vorgespiegelt.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG Hamburg hat auf Berufung der Klägerin die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die Sonnenbrille zusammen mit der Zeitschrift abzugeben, da durch diese Zugabe die Rationalität der Nachfrageentscheidung in den Hintergrund trete und auf die geschäftlich unerfahrene Zielgruppe einen übertrieben hohen Kaufreiz auslöse. Dieser Argumentation folgte der BGH nicht.

Nach Aufhebung der Zugabeverordnung sei es einem Unternehmen erlaubt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in einer Weise miteinander zu verbinden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere ohne Berechnung abgegeben wird. Solche Kopplungsangebote seien zwar nicht uneingeschränkt zulässig. Von einem unzulässigen Angebot sei z.B. auszugehen, wenn über den tatsächlichen Wert des Angebotes getäuscht wird oder unzureichende Informationen gegeben werden. Ein Missbrauch könne auch vorliegen, wenn die Anlockwirkung so groß ist, dass bei einem verständigen Verbraucher die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt. Daran habe auch die Änderung des UWG im Juli 2004 nichts geändert.

Im vorliegenden konkreten Fall sei nicht davon auszugehen, dass die Zugabe einer Sonnenbrille eine unsachliche Beeinflussung darstellt. Die Anlockwirkung sei als beabsichtigte Folge des Wettbewerbs zulässig. Selbst wertvolle Zugaben brauchen nicht zu einer irrationalen Nachfrageentscheidung zu führen. Allein die Attraktivität der Sonnenbrille schließe die Rationalität der Nachfrageentscheidung nicht aus. Auch Jugendliche, die noch geschäftlich unerfahren sind, fragen Sonnenbrillen regelmäßig nach. Selbst wenn der Kauf der Zeitschrift nur wegen der Sonnenbrille erfolge, seien damit keine nennenswerten wirtschaftlichen Belastungen verbunden.

Das Urteil konkretisiert die Möglichkeiten, eine Ware gekoppelt mit einer Zugabe abzugeben. Der BGH hat nach Abschaffung der Zugabeverordnung bereits in mehreren Entscheidungen zu sog. Kopplungsangeboten Stellung genommen und Grundsätze aufgestellt. Gleichwohl kommt es immer auf den Einzelfall, d.h. die konkrete Ware, die konkrete Zugabe und den konkreten Adressatenkreis der Werbung an. Im Zweifel sollte ein spezialisierter Rechtsrat eingeholt werden.