Heute vor 55 Jahren, also am 22. Januar 1963 wurde der Élysée-Vertrag unterzeichnet. Wir wollen daher einmal schauen: Wie sieht es aus beim Online-Handel mit französischen Verbrauchern? Es gibt einen ganz gravierenden Unterschied zum deutschen Recht bei der Frage: Wie kommt der Vertrag zustande?
Verkaufen Sie aktiv an französische Verbraucher? Dann stellen sich viele zunächst die Frage: Warum soll mich eine rechtliche Besonderheit in Frankreich überhaupt interessieren?
Deutscher Händler = Deutsches Recht?
Das hat einen einfachen Grund: Beim grenzüberschreitenden Handel gilt das Recht des Staates, in dem der Verbraucher wohnt, sofern der Händler auf diesen Staat ausgerichtet ist.
Diese Ausrichtung ist schnell erreicht, zum Beispiel wenn der Kunde im Bestellprozess das Lieferland Frankreich aus einer Dropbox auswählen kann.
Dieser Grundsatz kann zwar durch eine Rechtswahl abbedungen werden, allerdings darf diese nicht dazu führen, dass dem Verbraucher Rechte entzogen werden, die in seinem Land zwingend sind, hat der EuGH in Bezug auf die Rechtswahlklausel von amazon festgestellt. Gerade in Bezug auf den Vertragsschluss können also keine anderen Dinge mit dem franz. Verbraucher vereinbart werden, als das Gesetz vorgibt.
Oder anders ausgedrückt: Wer in seinen AGB stehen hat “Es gilt deutsches Recht.” kann für diese Klausel abgemahnt werden, weil sie gegen das Gesetz verstößt.
Vertragsschluss in Deutschland
Nach deutschem Recht kann ein Händler aus mehreren Möglichkeiten des Vertragsschlusses wählen. Oft wollen Händler, dass die Darstellung im Shop ein unverbindliches Angebot darstellt, der Verbraucher mit seiner Bestellung erst das Angebot abgibt, welches der Händler dann annimmt.
In Frankreich hingegen ist der Online-Vertragsschluss explizit gesetzlich geregelt.
Frankreich: Online-Shop ist das verbindliche Angebot
Anders in Frankreich. Ein Vertrag nach französischem Recht kommt im Online-Shop immer wie folgt zustande: Durch die Präsentation der Ware auf der Webseite, macht der Online-Händler ein verbindliches Angebot, das seinen Willen zum Abschluss eines Kaufvertrages ausdrückt.
Die Annahme erfolgt durch den Verbraucher und zwar in dem Moment, in dem er auf den Bestell-Button klickt. Das Gesetz spricht von der „double clic“ Lösung:
Der erste Klick erfolgt, wenn die Produkte in den Warenkorb gelegt werden.
Dann gibt der Kunde seinen persönlichen Daten für die Lieferung und die Zahlungsoption ein.
Mit dem “zweiten Klick” schließt dann der Kunde seine Bestellung ab.
Und dann ist der Vertrag geschlossen.
Double Clic und Button-Lösung in Frankreich
Der Verbraucher musss gemäß Artikel 1127-2 Code civil die Möglichkeit haben, seine Bestellung und den Preis (mit den eventuellen Lieferkosten) zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Danach kann der Kunde durch einen zweiten Klick seine Bestellung bestätigen. Damit ist dann der Vertrag geschlossen.
Nach Artikel L221-14 Absätze 2 Code de la consommation muss der Online-Händler dem Verbraucher bewusst machen, dass es sich bei diesem zweiten Klick um eine zahlungspflichtige Annahme des Vertrages handelt.
Dies entspricht der deutschen Button-Lösung.
Ist die Button-Bezeichnung falsch, hat dies die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge.
Was bedeutet der Vertragsschluss?
Nach dem Vertragsschluss ist der Online-Händler zur Lieferung der Ware und der Kunde zur Bezahlung des Preises verpflichtet.
Der Händler hat also keine Möglichkeiten mehr, zu kontrollieren, ob die Ware in ausreichender Menge vorhanden ist oder die Bonität des Kunden zu prüfen. Das muss alles vor Abgabe der Bestellung durch den Verbraucher passieren.
Fazit
Im französischen Recht stellt der Online-Shop ein verbindliches Angebot dar. Dieses nimmt der Käufer durch Abschluss des Bestellvorgangs an. Deutsche Online-Händler sollten diese Besonderheit kennen. Ein nachträgliches “Stornieren” von Bestellungen ist nicht möglich. Sobald der Kunde bestellt hat, beginnt für diesen die Zahlungsverpflichtung und für den Händler die Lieferpflicht.
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Das mutet doch sehr seltsam an. Der Online-Händler hat so keine Möglichkeit, den Vertragsschluss mit nicht zahlungsfähigen oder auch nicht zahlungswilligen Kunden zu verweigern. Jedes Scoring wird da überflüssig. Das spart im Hintergrund eher unwesentlich Kosten, führt jedoch dazu, dass der Online-Händler den Shop mit einem deutlich höheren Ausfallrisiko betreiben muss. Welches Korrekiv bietet denn der französische Gesetzgeber?
ja, es ist richtig, dass man den Vertragsschluss nicht verweigern kann. In Frankreich ist es mehr als unüblich, dass der Händler mit seiner Ware in Vorleistung geht. In der Regel läuft der Bestellprozess so ab, dass der Kunde bereits vor Abgabe der Bestellung seine Zahlungsdaten angibt und eine Prüfung stattfindet, ob z.B. das Konto gedeckt ist oder das Limit der Kreditkarte bereits erreicht ist. Wird dem Händler gemeldet, dass eine Zahlung nicht möglich ist, dann kann der Kunde den Bestellprozess gar nicht zu Ende durchlaufen und seine Bestellung gar nicht abgeben.
Hallo,
ich verkaufe über Spartoo (Sitz Frankreich) in Deutschland.
Spartoo -Mitarbeiter haben nach der Bestellung eines Artikels dem deutschen Kunden (er hatte nach der Bestellung festgestellt, dass er die falsche Größe bestellt hat, die Bestellung war aber bereits versendet) mitgeteilt, er könne die Annahme verweigern. Ein Widerruf wurde nicht abgegeben.
Nun hat Spartoo dem Kunden das Geld zurückerstattet.
Das angefallene Rückporto (der Kunde trägt dies) und das Strafporto werden nicht erstattet.
Die Begründung:
Das französische Recht ist anders. In Frankreich ist Annahmeverweigerung erlaubt. Das französische Recht gilt auf der Verkaufsplattform Spartoo auch in Deutschland.
Stimmt das?
Hallo,
tja, einerseits soll man sich nicht dem weltweiten oder EU-Handel verschließen (geht ja einfach, über die Länderauswahl im Bestellprozeß), andererseits gelten dann nicht mehr die eigenen Gesetze, sondern die des Bestelllandes.
Wieviele Länder gibt es doch gleich noch?
Wieviele Sprachen gibt es dann noch?
Achja, es gibt bestimmt noch viele unterschiedliche Gesetze, oder?
(Vielleicht sollte man bei den ganzen Richtern & Gesetzesentwicklern nicht mehr von Internet sprechen, sondern von Worldwideweb, dann könnte denen vielleicht mal ein Licht aufgehen 😉 )
Alle kleinen Unternehmen/Firmen haben doch überhaupt gar keine Möglichkeit, als dann praktisch nur noch für Deutschland verkaufen zu können, weil alles andere abmahnfähig und strafbar ist.
Selbst Rechtstexte von Trustedshops & Co gibt es doch gerade einmal für D, AT, CH, F, ? (war es glaube ich schon)
Wenn ich als Privatperson im Ausland einkaufe, gehe ich logischerweise davon aus, daß ich dann auch die AGBs des Shops/Landes akzeptiere (alle ausländischen Käufer dürften ja dann auch rein rechtlich nicht unsere AGBs usw. akzeptieren, oder? – wäre ja schon die nächste Abmahnung).
Oder gelten in anderen Ländern wieder andere Rechte, daß unsere Rechte dort keine Gültigkeit besitzen – kann jetzt natürlich kaum jemand überprüfen, da es schon an der Sprachhürde scheitert.
Schade, daß dieser Handel nur den Großen überlassen wird, die es sich leisten können (sei es auch nur in Form von guten Anwälten, die alles niederschmettern können) und alle anderen, gerade die ganzen Kleinen “mal wieder” auf der Strecke bleiben.
Im Klartext heißt es, sobald man keine AGBs & Rechtstexte aus dem entsprechenden Land hat, darf man dort nichts hin verkaufen und muß es aus der Länderliste im Shop streichen, oder?
Herzliche Grüße
Nils
Wir bieten auch Texte für den Verkauf nach Spanien, Italien, Niederlande, UK und Polen an.
Wer professionell ins Ausland verkaufen will, muss sich nicht nur an die dortigen gesetzlichen Regelungen halten (wozu übrigens in fast jedem Land auch die Pflicht gehört, in der jeweiligen Landessprache zu verkaufen). Man muss sich auch mit den Gepflogenheiten im Zielland auskennen. Welche Zahlungsarten werden dort z.B. akzeptiert bzw. vom Verbraucher erwartet. Das können manchmal ganz andere sein als im Land des Händlers.
Gleiches gilt für die Angabe der Preise: Wer in die Schweiz oder nach Polen verkauft, MUSS zwingend in der Landeswährung die Preise anzeigen.
Der Auslandsverkauf muss geplant und professionell angegangen und umgesetzt werden. Mal so eben im Bestellprozess die Auswahl der Lieferländer auf “weltweit” stellen, reicht da nicht. Wer so vorgeht, wird keinen Erfolg haben.
Martin Rätze 22. Januar 2018
Wir bieten auch Texte für den Verkauf nach Spanien, Italien, Niederlande, UK und Polen an.
Wo kann ich diese erwähnte Texte erhalten?
Kees van Soest
van Soest Stoffe
In diesem Paket: https://shop.trustedshops.com/abmahnschutzpaket-enterprise
Hallo,
Dankeschön – das ist natürlich alles klar, wenn man es professionell macht, daß zumindest die Landessprache & ein paar wenige Mitarbeiter auch noch die Muttersprache entsprechend beherrschen sollten (ich als Kunde sehe aber sofort, ob jemand die andere Sprache beherrscht oder nicht und kann es mir dann immer noch überlegen…). Im besten Falle gibt es dann eh Zweigniederlassungen usw., aber das ist ein anderes Thema. 😉
Es geht aber genau um den umgekehrten Fall, denn das Internet kennt keine Grenze und wie Du mal geschrieben hattest, kaufst Du ja auch sehr oft im Ausland ein.
In Deutschland besitzen viele manchmal ja nur einen 2-sprachigen Shop (D/EN) und es gibt genügend Leute die entweder einkaufen oder einkaufen würden, wenn das entsprechende Land aus der Auswahl ersichtlich ist (klingt banal und einfach, einige erfragen es auch nicht, aber ist so). Klar, die Kunden wissen dann genau was sie möchten, es liegt dann wohl nur am Preis/Verfügbarkeit der Ware und kann auch recht erfolgreich sein. Tendenz übrigens steigend.
Zurück zur eigentlichen Frage, die für viele recht interessant ist (rechtlich OK ja/nein usw.):
“Im Klartext heißt es, sobald man keine AGBs & Rechtstexte aus dem entsprechenden Land hat, darf man dort nichts hin verkaufen und muß es aus der Länderliste im Shop streichen, oder?”
(Den gleichen “Irrwitz” gibt es ja mit den Versandkosten ins Ausland, daß der Kunde die am liebsten erfragen solle, weil es für jedes Land, Kg, Warenwert usw. unterschiedlich ist und man es nicht einfach “seriös” festlegen kann (vielleicht nur die ganz Großen mit besseren Pakettarifen) und diese Höflichkeit ist dann gleich wieder abmahnfähig… verstehe es wer will. 😉 )
Herzliche Grüße
Nils
Das stimmt, ich kaufe häufig im Ausland ein. Den Großteil meiner Online-Einkäufe beziehe ich aus den USA und Australien. Teilweise können mir die Shops dort sogar auf den Cent genau sagen, wie viel Zoll ich noch bei der Einfuhr zahlen muss. Das Argument, man könne keine internationalen Versandkosten festlegen, kann ich nicht gelten lassen. Richtig müsste es heißen: “Man will keine internationalen Versandkosten angeben.” Denn es ist ja möglich. Es mag nicht sonderlich einfach sein, aber möglich ist es. Und Sie müssen die Preise ja so oder so parat haben. Oder wollen Sie einen Kunden, der nach den Versandkosten fragt erst 3 Wochen warten lassen, bis die Kosten mal berechnet sind? Das ist ja dann keine Höflichkeit. Und wieso soll ich als Kunde einen Händler fragen, was es kostet, wenn ich in einem Online-Shop bin, also in einem vollautomatisiertem Prozess. Wenn ich da vorher erst 5 Nachfragen per Mail zu meiner Bestellung einreichen muss, dann kann ich ja auch gleich in die Stadt fahren und das Zeug offline kaufen.
Händler, die den Gewinn des Auslandsgeschäfts mitnehmen wollen, müssen halt auch investieren. Das Geld fällt halt nicht vom Himmel. Und ein seriöser Unternehmer weiß das auch und wird diese Investitionen auch vornehmen.
Wenn Sie keine AGB nach Landesrecht verwenden, kann es durchaus sein, dass sie in dem Land auch rechtliche Probleme bekommen. Und die Strafen im Ausland sind teilweise wesentlich gravierender als “nur” eine Abmahnung zu erhalten. In manchen Ländern können staatliche Stellen enorme Geldbußen verhängen und in anderen Ländern ermittelt auch mal der Staatsanwalt wegen irreführender Werbung. Insofern muss man also immer abwägen, was man möchte.
Gilt das Gebot der Rechtswahl nach Ort des Verbrauchersitzes nur innerhalb der EU? Oder weltweit?
Da müsste man jeweils in die nationalen Vorschriften gucken oder prüfen, ob es bilaterale Abkommen gibt.
Mit Konsumenten aus der Schweiz dürfen Sie z.B. gar keine Rechtswahl treffen.
Danke für Ihre Antwort! Muss man in die AGB eine Erwähnung über den gültigen Gerichtsstand einbauen? Wenn ja, wie sollte man sie formulieren, wenn die Einschränkung auf deutsches Recht unzulässig ist? “Es gilt stets das Recht des Landes, in dem der Verbraucher seinen Sitz hat, wenn nicht anders zwischen den Ländern des Händlers und des Verbrauchers vereinbart.”?
Sie müssen dazu gar nichts schreiben, weil dies gesetzlich geregelt ist.