Das Gesetz kennt einige Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Dazu zählen z.B. schnell verderbliche Waren oder welche, die aus Gründen der Hygiene oder des Gesundheitsschutzes nicht zur Rücksendung geeignet sind, sofern diese entsiegelt wurden. Aber was ist eigentlich mit Medikamenten? Jetzt liegt eine neue Entscheidung des OLG Karlsruhe vor.
Sowohl das OLG Naumburg (Urt. v. 22.6.2017, 9 U 19/17) als auch das LG Konstanz (Urt. v. 28.4.2017. C 6 O 183/16) mussten sich mit den AGB von Online-Apotheken beschäftigen.
Ausschluss des Widerrufsrechtes in AGB
Beide Apotheken schlossen das Widerrufsrecht für Medikamente in ihren AGB aus. In einem Fall lautete der entsprechende Passus:
“Bei apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln besteht nach Übergabe an den Kunden kein Widerrufsrecht, da diese aufgrund der Vorschriften die Arzneimittelsicherheit wegen ihrer Beschaffenheit nicht für die Rücksendung geeignet sind und schnell verderben können;”
In dem anderen Fall las sich der Hinweis ganz ähnlich:
“Arzneimittel mit dem Packungsaufdruck “verschreibungspflichtig” oder “apothekenpflichtig” können nicht widerrufen werden. Bei solchen Arzneimitteln handelt es sich um Waren, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für eine Rücksendung nicht geeignet sind, so dass nach der gesetzlichen Regelung des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB das Widerrufsrecht nicht besteht.”
Beide Apotheken wurden vom vzbv wegen Verwendung dieser Klauseln abgemahnt.
Medikamente nicht per se vom Widerrufsrecht ausgeschlossen
Zunächst entschied das LG Konstanz, dass eine Klausel, die Medikamente pauschal vom Widerrufsrecht ausschließt, gegen das Gesetz verstößt und damit unwirksam ist.
So habe der Gesetzgeber eine Ausnahme für “apothekenpflichtige” oder “verschreibungspflichtige” Medikamente gerade nicht vorgesehen.
“Zwar ist es sicher zutreffend, dass es verschreibungs- und apothekenpflichtige Arzneimittel gibt, die schnell verderblich sind und deren Verfallsdatum nach der Lieferung schnell überschritten ist und die damit der Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB zugeordnet werden können.
Dass bei ausnahmslos allen verschreibungs- und apothekenpflichtigen Arzneimitteln eine schnelle Verderblichkeit gegeben oder ein Verfallsdatum angegeben ist, dass kurz nach dem Lieferzeitpunkt liegt, ist jedoch nicht feststellbar, ebenso wenig, dass alle verschreibungs- oder apothekenpflichtigen Arzneimittel eine Versiegelung im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB aufweisen.
Insofern konnte ein völliger Ausschluss des Widerrufsrechtes in der Klausel nicht erfolgen.”
Keine Weiterveräußerungsmöglichkeit ist kein Kriterium
Die Apotheker beriefen sich darauf, dass ihnen eine Rücknahme unzumutbar sei, da sie die zurückgenommenen Arzneimittel nicht erneut veräußern dürfen, das verbiete Ihnen das Apotheker-Recht. Da handle es sich bei Arzneimitteln um eine “rechtliche Verderblichkeit”, so die Apotheker. Dies ließ das Gericht aber nicht gelten:
“Die Varianten des Verderbens und der eingeschränkten Haltbarkeit sind auf Lebensmittel zugeschnitten und beziehen sich nicht auf rechtliche Handelsbeschränkungen.”
Update: OLG Karlsruhe bestätigt
Das OLG Karlsruhe (Urt. v. 25.1.2018, 4 U 87/17) hat die Entscheidung des LG Konstanz nun bestätigt.
“Aus der Gesetzesbegründung zu § 312 Abs. 2 Nr. 7 BGB ergibt sich vielmehr ausdrücklich die mit der Regelung angestrebte Ausweitung des Verbraucherschutzes durch Gewährleistung eines Widerrufsrechtes auch für Fernabsatzverträge über die Abgabe von Arzneimitteln.
Die Formulierung der Gesetzesbegründung ist insoweit eindeutig: ‘Verträge über die Abgabe von Arzneimitteln … sollen von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels jedoch erfasst werden. Auch bei diesen Verträgen ist der Verbraucher schutzwürdig. … Darüber hinaus’ (bezogen auf weitere Informationspflichten bei Abgabe von Gesundheitspräparaten) ‘steht dem Verbraucher bei einem Vertreib außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz grundsätzlich auch ein Widerrufsrecht zu, wenn nicht ein anderer Ausschlussgrund … eingreift.’
Diese Formulierung verbeitet eine Auslegung des Auschlussgrundes des § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB im Sinne einer vom Beklagten postulierten ‘rechtlichen Verderblichkeit’ wegen unmöglicher Wiederveräußerung nach dem Widerruf und Warenrücksendung, welche einem, schon gemäß § 312k Abs. 1 BGB untersagten, Ausschluss des Widerrufsrechtes für Arzneimittel im Fernabsatz gleichkäme.
Es kommt daher nicht darauf an, dass als ‘Waren, die schnell verderbern können’ gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB nach dem Wortsinn nach kurzer Zeit nicht mehr genuss- oder verwendungsfähige Waren zu verstehen sind, was auf an einen Verbraucher übersandte Medikamente nur in Ausnahmefällen zutrifft.”
Ausschluss wäre rechtspolitisch sinnvoll
Auch das OLG Naumburg vertrat in seiner Entscheidung diese Auffassung und fügte noch hinzu:
“Insgesamt sieht der Senat angesichts des Wortlautes der zurzeit geltenden Fassung des § 312g Abs. 2 BGB keine Möglichkeit einen generellen Ausschluss des Widerrufsrechtes für Arzneimittel im Fernabsatz anzunehmen.
Es mag zwar für diesen Ausschluss rechtspolitisch, insbesondere aus Sicht der Apotheker, gute Gründe für einen solchen Ausschluss geben. Es wäre aber Sache des Gesetzgebers, einen solchen Ausschluss ausdrücklich vorzusehen.”
Fazit
Arzneimittel sind nicht generell vom Widerrufsrecht ausgeschlossen. Will man sich auf die Ausnahme der schnellen Verderblichkeit berufen, so muss bei jedem einzelnen Artikel geprüft werden, ob dieser innerhalb der normalen Widerrufsfrist von 14 Tagen verfällt, ansonsten ist auch diese Ausnahme nicht einschlägig. Einen pauschalen Ausschluss vorzunehmen, ist nie eine gute Idee, da es für das Greifen der Ausnahmevorschriften immer auf den Einzelfall ankommt. (mr)
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Der Sinn das Widerrufrechts war ja mal, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, Waren wie im Laden zu Hause anzuschauen und zu prüfen.
Bei Medikamenten gibt es diesen Grund nicht. Beipackzettel sind im Internet zu finden und ab die Tablette weiß oder gelb ist, ist auch egal.
Da wäre der Gesetzgeber gefordert, eine sinnvolle Ausnahme zum Widerrufsrecht festzulegen.
Es ist zu vermuten, dass das in Hinblick auf die stationären Apotheken nicht gewünscht ist.
Ein Ausschluss von Medikamenten vom WRR wäre mehr Verbraucherschutz als die Einräumung desselben. Es wird nicht lange dauern, bis sich gewisses Klientel das Geld für eine halbe (hochgradig unsterile) Tube Dornwarzencreme erstatten lassen will, welche auf Rezept gekauft und von der Krankenkasse bezahlt wurde. Dabei kommen gerade bei Arzneimitteln doch wohl alle Ausschlußkriterien zusammen – Hygiene, Lebensmittel und (teilweise) eine Verschreibungspflicht.
Bestimmte Arzneimittel sind sicherlich unter dem Gesichtspunkt der Verderblichkeit vom Widerrufsrecht ausgenommen oder das Widerrufsrecht wird bei “Hygieneartikeln” durch die Entsiegelung erlöschen. Allerdings muss dies bei jedem einzelnen Artikel geprüft werden. Aber ein pauschaler Ausschluss von allen Medikamenten in den AGB geht aus rechtlichen Gründen nicht.
Wie sieht es denn mit der Gewährleistung bei Medikamenten aus? Fallen Medikamente wie alle anderen Produkte unter die Verpflichtung zur Gewährleistung durch den Verkäufer? Vor dem Hintergrund der Valsartan-Geschichte wäre das fast noch wichtiger, wie das allgemeine Widerrufsrecht.
Ja
Ich habe ein rezeptpflichtiges Medikament über das Internet bezogen. Da ich dieses Medikament ohne genaue mg Angabe auf dem Rezept fand, war für mich nicht ersichtlich was es wirklich kostet. Ich las etwas von um 30 Euro. Aber nun kam das Medikament und soll 77,27 Euro kosten. Es ist noch haltbar bis 05/2021 und original versiegelt. Doch die Apotheke verweigert die Rücknahme. Ich kann mir das Medikament aber nicht leisten. Komme ich da raus?
Ja, die Rechtsprechung geht ganz klar von einem Widerrufsrecht aus, d.h. einfach widerrufen, notfalls mit Hilfe einer Verbraucherzentrale
Hallo,
meine Frau hatte 2 Packungen einer apothekenpflichtigen Zink-Salbe in einer Ortsapothke gekauft und dann daheim festgestellt, dass wir doch noch mehrere Packungen haben und entsprechend kein Bedarf bestand. Ich habe diese beiden Salben (ungeöffnet) dann am nächsten Tag rückgeben wollen, wurde aber auf den Ausschluss von Arzneimitteln vom Umtausch hingewiesen. Entsprechend wurde eine Rückgabe verweigert. Auf dem Kassenzettel ist vermerkt: “Arzneimitteln sind aus rechtlichen Gründen vom Umtausch ausgeschlossen!!!” (wirklich mit 3 Ausrufezeichen). Ist diese wird rechtlich zulässig?
Vielen Dank
Ja, da es kein gesetzliches Umtauschrecht im stationären Handel gibt. Nur im Fernabsatz gibt es ein Widerrufsrecht, für das bei Medikamenten aber auch Ausnahmen gelten. Im stationären Handel ist jede Rücknahme durch den Händler rein freiwillig.
ich habe bei einer versandapotheke schmerzmittel bestellt … auf deren seite waren diese als lieferbar in 1-2 tagen angezeigt … nachdem 5 tage vergangen waren ohne das ich eine versandbestätigung erhalten hatte, habe ich die bestellung per mail wiederrufen … nun, 20 tage nach der bestellung erhalte ich eine versandbestätigung … nun meine frage, muss ich das paket annehmen? habe ich ein rückgaberecht?
Nach der Rechtsprechung gilt auch für Arzneimittel ein Widerrufsrecht, die Frist läuft erst ab Erhalt der Ware, d.h. Sie können es 14 Tage lang zurück geben
Ich habe gestern bei einer Versandapotheke eine Salbe bestellt rezeptfrei. Nach reiflicher Überlegung möchte ich diese Salbe wegen evtl. Allergieauslösung nicht mehr. Die Salbe wird im dortigen Online-Shop angeboten, und wurde nicht individuell für mich zusammengestellt. Ich habe nun heute einen Widerruf ausgefüllt, und per E-Mail an die Apotheke gesendet. Jetzt kommt heute Abend folgende E-Mail der Apoth.:
Guten Tag,
ihre Bestellung wurde bereits an die Post übergeben.
Lt unseren AGBs sind individuell gefertigte Produkte leider aus Quallitätsgründen von der Rücknahme ausgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Apotheker
Muss ich das so hinnehmen?
Nein, da es kein individuell gefertigtes Produkt ist. Falls es geliefert wird, kann es (nicht entsiegelt, wichtig) retourniert werden.
Man hat mir Medikamente geleifert, die nicht über 25 grad lagern dürfen. das bei der HItze , wo das Paket vom 5 bis zum 10 august 2020 unterwegs war. kann ich diese zurück senden. und muss die shopapotheke die zurück nehmen? Gruß Bettina Lübben
Nach herrschender Rechtsprechung gilt für nicht (nach speziellem Arzt-Rezept) maßangefertigte Arzneimittel ein reguläres Widerrufsrecht, so dass die (nicht entsiegelten) Medikamente ohne weitere Begründung retourniert werden können. Soll auf den “Mangel” Lieferung bei warmen Wetter abgestellt werden, müsste man die konkrete Liefervereinbarung prüfen. Wahrscheinlich wird ja die Info, dass nicht über 25° gelagert werden darf, schon bei Bestellung vorhanden gewesen (PDF des Beipackzettels) und gleichwohl zu dieser warmen Zeit bestellt worden sein. Ob hier die Apotheke eine gesonderte Aufklärungspflicht bzw. Pflicht trifft, dann gar nicht oder in einer speziellen Kühlbox zu liefern, ist bislang – soweit ersichtlich – nicht entschieden. Oft hilft auch ein simpler Anruf und Nachfrage, vielleicht ist die Apotheke ja kulant.
Ich habe letzte Woche online ein rezeptpflichtiges Medikament für meine Schilddrüsenunterfunktion bestellt. Leider tut sich nichts weiter beim Paket Anbieter und ich warte immer noch darauf. Kann ich dieses Medikament fristgemäss, sobald dass Paket eintrifft zurück senden?
Guten Tag, meine Mutter (70 Jahre alt) hat Nahrungsergänzungsmittel bei der Apotheke telefonisch bestellt. Sie hat sehr schwaches Sehvermögen. Der Bote der Apotheke brachte es. Sie sollte beim Boten bezahlen. Dieser hat es vergessen und ist weggefahren. Sie hat die Verpackung aufgemacht wie immer. Sie stellte fest, dass das Medikament nicht in der richtigen Form geliefert wurde, wie bestellt. Die Verpackung wurde zwar aufgemacht incl. Kleiner Klebestreifen, die darin befindlichen Ampullen und Tütchen nicht. Wir wollten es zurückgeben, denn es ist noch nicht bezahlt. Ist das möglich. Die Apotheke sagt sie will es nicht annehmen, das die Verpackung aufgemacht wurde. Außerdem würde auf der Verpackung stehen, welche Darreichungsform es sei. Sie konnte es allerdings nicht finden und erkennen.
Vielen Dank für ihre hoffentlich eilige Antwort
Mit freundlichen Grüßen
Olympia Klonowski
Hallo,
mir wurde von einer Tierärztin für mein Pferd dringlichst ein Ergänzungsfuttermittel empfohlen und nach Telefonischem Aufdrängen dann auch bestellt. Nun würde ich gerne mein Pferd mit etwas anderem behandeln.
Kann ich von einem 14-tägigien Widerrufsrecht Gebrauch machen?
Befinde mich in eine blöde Situation. Nach Rezept teueren Hormonspritzen gekauft (480 e) die sind unverpakt, müsste die Therapie unterbrechen wegen neuen Untersuchungen, die ein Risiko dar stellen für mich. Wo sind meine Rechte jetzt? Ich möchte die zurück geben, die sind in Kühlschrank. Was soll ich mit die Spritzen jetzt?