Der Verbraucherschutz in der EU und Deutschland steht ganz oben auf der politischen Agenda. Neue Informationspflichten hier, neue Werbeverbote da oder noch mehr Widerrufsrechte. Aber wollen das die Verbraucher überhaupt? Eine Studie hat jetzt ergeben: Nein!
Dem Bericht zu Folge meinen nur 30% der Verbraucher, dass der Verbraucherschutz noch nicht stark genug sei. 54% dagegen meinen: Es reicht! Wir fühlen uns gut genug geschützt.
Vor 15 Jahren waren wohl nur 33% der Verbraucher der Meinung, dass der Verbraucherschutz ausreichend war.
Zu viele Informationspflichten
Insbesondere im Online-Handel stören die völlig überflüssigen Informationspflichten. Welchen Verbraucher interessiert es bitte, ob der Vertragstext nach Vertragsschluss gespeichert und auch noch zugänglich ist? Das ist ein schönes Beispiel, dass Informationspflichten weniger mit Verbraucherschutz zu tun haben.
Oder warum muss der Händler über einen Link auf die OS-Plattform zur außergerichtlichen Streitbeilegung informieren, wenn er nie an Schlichtungen teilnehmen will?
Welchen Verbraucher interessieren die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Handelsregister-Daten im Impressum? Warum muss der Verbraucher einen Hinweis erhalten, dass das Gesetz ihm ein Gewährleistungsrecht einräumt?
All diese Informationspflichten (und noch mehr) wurden unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes eingeführt.
Aber sind wir doch mal ehrlich: Das liest doch ohnehin niemand!
Am 23. September 2015 stellte der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz fest: Wenn wir alle AGB lesen würden, denen wir zustimmen, dann würde das 67 Arbeitstage kosten.
Aktuelle Diskussion: Noch “mehr” Verbraucherschutz
In der EU gibt es aktuell Überlegungen, den Verbraucherschutz beim Online-Kauf noch weiter zu stärken. Zu diesem Zweck will man ein eigenes Online-Kaufrecht schaffen und dieses komplett vom normalen Kaufrecht absplitten.
Hintergrund soll sein, dass Verbraucher nicht grenzüberschreitend einkaufen, weil sie das jeweilige Kaufrecht nicht verstünden. Meiner Meinung nach liegt das eher an exorbitanten Versandkosten beim grenzüberschreitenden Handel.
Wir dürfen gespannt sein, was sich die EU-Kommission noch so in Sachen “Verbraucherschutz” einfallen lässt. Aber vielleicht hört man auch mal auf die Bedürfnisse der Verbraucher. (mr)
Ich als Verbraucher kann doch oft gar nicht mehr grenzüberschreitend einkaufen, weil ein Händler nach dem anderen den Auslandsverkauf wegen der zunehmenden Bürokratie einstellen muss. Man kann ja nicht mal mehr ein Handtuch in Frankreich bestellen, weil es müsste ja in deutsch auf dem Handtuch draufstehen dass das Handtuch aus Baumwolle ist. Wer als kleiner Textilhändler alle EU-Länder beliefern will muss inzwischen einen halben Meter Etikett in 24 Sprachen dranmachen. Elektrohändler scheuen vor der WEE Registrierung in 28 Ländern zurück und machen die Shops inzwischen ebenfalls dicht.
Es wurden einige Regelungen getroffen die mich als Verbraucher auch nötigen. Bestes Bsp. ist die Cookierichtlinie. Immer mehr Seiten kommen nun mit so einem hässlichen Overlay und verlangen von mir einen Klick. Ich will nix anderes als die Seite ansurfen. Am schlimmsten ist es, wenn man Mobil im Netz surft und die Webseite noch garnicht Mobil umgesetzt wurde. Versuch da mal die Cookie Bestätigung durchzuführen, ein Krampf.
@Oink
Ein tolles Beispiel, die Cookie-Richtlinien-Overlays. Jeden Tag ärgere ich mich mindestens 15x darüber. Wie Du richtig sagst, vor allem mobil eine schreckliche User-Experience.
Wenn rechtliche Vorgaben, derart “bescheiden” in den Websites umgesetzt werden – hatdas m.E. mit Verbraucherschutz nicht viel zu tun.
Dazu muss man aber festhalten, dass es in Deutschland aus rechtlicher Sicht keine Pflicht ist, solche Cookie-Banner zu haben. Ich schreibe übrigens gerade an einem Beitrag zu möglichen Gefahren von solchen Bannern.
Ich biete auch keinen Versand (mehr) nach Österreich an, weil mir der Aufwand viel zu hoch ist. Mal abgesehen davon, dass ich mich mit den Gesetzen in AT nicht auskenne, ist mir der Aufwand wenn eine Firma bestellt und eine Nettorechnung wünscht zu hoch. Um eine Nettorechnung ausstellen zu können muss ich die UStId-Nr. des Kunden überprüfen und später bei der Steuererklärung muss ich dies auch wieder berücksichtigen. Dazu kommt noch diese Gelangensbestätigung, bei der ich nicht weiß, ob das irgendwann mal Probleme bereiten könnte. Dabei könnte ich zu guten Versandkonditionen nach AT liefern. Schade. _____
Was die Verbraucherinformationen angehen, finde ich es auch überflüssig, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren, es steht doch auch im Gesetz, genau wie das mit der Gewährleistung. Ich empfinde es eigentlich sogar eher als eine Selbstverständlichkeit.
_____
Auch könnte man insgesamt Informationspflichten, die in AGB oft untergebracht sind und somit oft identisch sind, auf einer Webseite die vom Bundesjustizministerium bereitgestellt wird, verweisen / verlinken um alles etwas knapper zu halten. Wen es dann interessiert, der kann es dann dort nachlesen.
@Frau P
Der Vorschlag mit der “zentralen Seite”, auf der alle Infopflichten für alle Online-Händler hinterlegt sind, lässt sich aber nicht realisieren. Der Inhalt der Pflicht ist ja individuell vom jeweiligen Shop abhängig.