JustitiaAndere Länder, andere Sitten. Im grenzüberschreitenden E-Commerce müssen Sie Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht des Ziellandes berücksichtigen. Unter Umständen können Sie sogar im Zielland verklagt werden. In diesem Beitrag informieren wir Sie über das Justizsystem und die alternative Streitschlichtung in Spanien.

Das Justizsystem in Spanien

Spaniens Justizsystem ist in den letzten Jahren im Umbruch gewesen. Die Folgen der Krise haben eine Lawine von Fällen ausgelöst, die noch heute zu spüren sind, wie im Immobilien- und Bankensektor. Die Gerichte sind oft überlastet und ihre Arbeit wird durch schlechte Organisation und sogar die Einmischung der Politik erschwert. Zudem wurde das Image der spanischen Justiz schwer beschädigt als sie ihre Kontrollfunktion nicht erfüllte, was sogar durch den EuGH beanstandet wurde.

Trotz dieser Überlastung ist die Effizienz des spanischen Justizwesen in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen. Nach einem Bericht des General-Justizrates (Consejo General del Poder Judicial) wurden im Jahr 2014 rund 60% mehr Fälle gelöst als im Jahr 2004. Das Jahr 2009 war dabei das Jahr mit den meisten gelösten Fällen in dieser Statistik.

Gelöste Fälle in der spanischen Zivilgerichtsbarkeit

Diese Effizienzsteigerung war unter anderem durch die Ergreifung von Maßnahmen zur Beschleunigung der Justiz wie z.B. die Nutzung von „Schnellen Verfahrenen“ (Procesos abreviados) oder die Verstärkung der Ankopplung der Gehälter der Richter mit deren Produktivität durch die Einführung Produktivitätszuschläge/Produktivitätsboni („Plus de productividad“) möglich.

Durchschnittliche Dauer eines Zivilprozesses in Spanien

Nach diesem Bericht lag die durchschnittliche Dauer eines Zivilverfahrens vor der ersten Instanz im Jahr 2014 bei 7,0 Monaten, vor der zweiten Instanz bei 7,1 Monaten und vor dem Obersten Gerichtshof bei 13,3 Monaten. Im Vergleichszeitraum sank die Dauer der Verfahren also insgesamt im Schnitt um einen Monat.

Verfahrensdauer eines Zivilprozesses je Instanz

Regionale Unterschiede innerhalb Spaniens

Diese Durchschnittswerten müssen aber mit Vorsicht betrachtet werden, denn die Dauer eines Verfahrens hängt immer vom zuständigen Gericht und Komplexität des Falles ab. So dauert z.B. ein Zivilverfahren vor der ersten Instanz in Madrid im Durchschnitt 6,5 Monate und in Murcia dagegen sogar 10,3 Monate.

Verfahrensdauer eines Zivilprozesses der ersten Instanz je Region

Alternative Streitschlichtung in Spanien

In Spanien ist die alternative, außergerichtliche Streitschlichtung aufgrund der Schnelligkeit und der kostengünstigen Abwicklung sehr verbreitet.

Zudem wird sie von der Regierung unterstützt, weil sie die Justiz entlastet. Dies gilt auch im E-Commerce: Allein im Jahr 2014 wurden 6000 Beschwerden von Verbrauchern auf diese Art gelöst, was die große Bedeutung dieser Verfahren zeigt.

Es ist zu erwarten, dass nach der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und das Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten, die Nutzung der Alternativen Streitschlichtung noch verbreiteter wird.

Online-Händler, die von Deutschland aus nach Spanien verkaufen sollten sich also darauf einstellen, dass Probleme mit Verbrauchern aus Spanien eher vor Schlichtungsstellen gelöst werden als vor den Gerichten.

Fazit

Das spanische Rechtsumfeld hat in den letzten Jahren umfangreiche Änderungen erlebt, die die Effektivität Justiz gestiegen haben, sie ist aber trotzdem noch langsamer als in Deutschland. Deshalb sollte die Nutzung alternativer Streitschlichtung berücksichtigt werden. Um mögliche Streitfällen zu vermeiden, sollte man die Besonderheiten des spanischen Rechts kennen und sie einhalten. Diese Risiken lassen sich wesentlich reduzieren, indem Sie die Gestaltung Ihres Online-Shops an die geltenden nationalen Regelungen anpassen.

Benötigen Sie Hilfe bei der Gestaltung Ihres Shops nach spanischem Recht? Wir beraten Sie gerne! (rg)

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