internationalisierungViele Online-Händler bieten ihre Produkte im europäischen Ausland an. Dabei werden oft die rechtlichen Aspekte des grenzüberschreitenden E-Commerce nicht berücksichtigt. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, welches Recht im Cross-Border E-Commerce gilt und wann ein Shopbetreiber im Ausland verklagt werden kann.

Das E-Commerce ist von Natur aus an geographische Grenzen nicht gebunden. Über einen Online Shop kann man Kunden aus der ganzen Welt erreichen. Wenn die Nachfrage in einem Land hoch ist, wird sich ein Unternehmer Maßnahmen überlegen, um potentielle neue Kunden aus diesem Land möglichst effizient zu erreichen.

Allmählich wird das Angebot des Online-Shops an das Zielland angepasst und somit kann ein Online-Händler schnell mit ausländischen Rechtsystemen konfrontiert werden. Dabei ist vielen Händlern unklar, wann ausländisches Recht für sie gilt und wann sie im Ausland verklagt werden können.

Anwendbares Recht

Für einen Shopbetreiber, der grenzüberschreitend verkauft, stellt sich die Frage, welches Recht er berücksichtigen muss. Gilt das Recht des Landes, in dem er seinen Sitz hat oder gilt das Recht des Zielmarktes? Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, denn es hängt von dem betroffenen Rechtsgebiet ab.

Unterschieden werden muss bei den Rechtsgebieten nach dem Herkunftslandprinzip bzw. dem Marktortprinzip. Nach dem Herkunftslandprinzip gilt das Recht des Landes, in welchem der Händler seinen Wohnsitz hat. Wenn das  Marktortprinzip Anwendung findet, gilt das Recht des Landes, auf das der Händler sein Angebot ausrichtet.

Recht des Verbraucherstaates

Gegenüber Verbrauchern, sofern eine Ausrichtung auf den Verbraucherstaat vorliegt, gilt gemäß Art. 6 Abs. 1 b) Rom I Verordnung, das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine davon abweichende Rechtswahlklausel, z.B. in AGB, darf nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach seinem Heimatrecht, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf (Art. 6 Abs. 2 Rom I Verordnung).

Ein deutscher Shopbetreiber, der sich auf  französische Verbraucher ausrichtet, kann zum Beispiel in seinen AGB vereinbaren, dass deutsches Recht gilt. Er muss aber sicherstellen, dass zwingendes französisches Verbraucherrecht eingehalten wird. Dabei muss der Händler die Besonderheiten des französischen Verbraucherrechts im Auge behalten – z.B. dass mit französischen Verbraucher der Vertrag zustande kommt, sobald der Verbraucher die Bestellung im Online-Shop abgesendet hat.

Das dies nicht leicht ist, liegt auf der Hand. Trotz Harmonisierung unter anderem durch die Verbraucherrechterichtlinie sind Bereiche wie das Vertragsrecht oder das Gewährleistungsrecht oder Preisangaben unterschiedlich geregelt. Zudem sind die Sanktionssysteme bei Rechtsverstößen unterschiedlich geregelt und nationale Richter und Aufsichtsbehörden legen Gesetze oft unterschiedlich aus, was zu zusätzlichen Abweichungen führt.

Unter diesen Umständen ist es sehr schwierig, sogar für internationale Firmen, die Einhaltung der unterschiedlichen nationalen Regelungen zu gewährleisten, umso schwieriger ist es für kleine und mittelständische Unternehmen, sie einzuhalten.

In Bezug auf das Wettbewerbsrecht gilt das Marktortprinzip. Das bedeutet, dass auch ein deutscher Shopbetreiber, der online Werbung mit seinen Produkten im Ausland macht, das Recht des Ziellandes beachten muss.

Internationale Zuständigkeit

Wenn sich eine Website an Verbraucher aus anderen Staaten richtet, kann der Online-Händler gemäß Art. 17 Abs. 1 c) i.V.m. Art. 18 Abs. 1  EuGVVO in dem Verbraucher-Staat verklagt werden.  Dafür müssen gewisse Anhaltspunkte vorliegen, die eine Marktausrichtung auf den Verbraucherstaat beweisen. Der EuGH eine Reihe von Kriterien zur Prüfung der Ausrichtung auf den Verbraucherstaat aufgestellt.

Zu den Indizien zählen z.B.:

  • Ausländische Sprache
  • landspezifisches Top-Level-Domain
  • Währung des Ziellandes
  • Internationale Vorwahl bei Telefon- und Faxnummer,
  • Hinweis auf eigene Servicenummer für Verbraucher aus dem Ausland,
  • Wegbeschreibung von anderen Mitgliedstaaten zum Ort, an dem der Unternehmer seine Tätigkeiten ausübt,
  • Möglichkeit für Verbraucher aus anderen Mitgliedstaaten, einen Newsletter über Dienstleistungen und Waren im Angebot des Unternehmers zu abonnieren
  • Möglichkeit des Verbrauchers im Bestellprozess verschiedene Länder als Lieferländer auszuwählen.

Im Streitfall wird das nationale Gericht die im Einzelfall vorliegenden Anhaltspunkte überprüfen. Sollten genügend Indizien vorliegen, wird eine Marktausrichtung auf den Verbraucherstaat anzunehmen sein.

Um dieses Risiko zu vermeiden, wollen manche Shopbetreiber in ihren AGB einen Gerichtsstand vereinbaren, der von der gesetzlichen Regel abweichend ist. Diese Klausel ist gegenüber Verbrauchern unwirksam und würde deshalb die Klage des Verbrauchers vor dem nationalen Gericht nicht verhindern können.

Update: Neues EuGH-Urteil klärt auf

Der EuGH hat sich zwischenzeitlich zur einer Rechtswahlklausel von Amazon geäußert und diese für unwirksam erklärt. Einen vollständigen Bericht zu dieser Entscheidungen können Sie hier lesen:

EuGH: Welches Recht gilt beim grenzüberschreitenden E-Commerce?

Fazit

Das Cross-Border E-Commerce mit Verbrauchern bringt viele Chancen, aber birgt auch Risiken, die berücksichtigt werden müssen. Die nationalen Besonderheiten der Zielmärkte müssen beachtet werden. Wollen Sie international rechtssicher verkaufen? Trusted Shops berät Sie gerne bei der rechtssicheren Gestaltung Ihrer Texte im Online-Shop – auch Cross Border. (rg)

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