Mit unserer Reihe AGB für Online-Shops wollen wir verschiedene Klauseln genauer unter die Lupe nehmen. In vielen AGB liest man auch heute noch Klauseln über Versandkosten. Aber gehören die dort wirklich hin? Und was ist die Konsequenz, wenn die Versandkosten ausschließlich in den AGB genannt werden?
Online-Händler, die zuzüglich zum Produktpreis auch Versandkosten erheben, müssen auf diesen Umstand direkt am Produktpreis hinweisen. Erfolgt der Hinweis erst im Warenkorb, ist dies zu spät, wie der BGH schon im Jahr 2007 und noch einmal im Jahr 2009 entschied.
Diese vom BGH gemachten Vorgaben hatte im Jahr 2008 das OLG Frankfurt (Urteil v. 06.03.2008, 6 U 85/07) bestätigt und konkretisiert. Das Gericht entschied, dass der Hinweis auf die enthaltene Mehrwertsteuer und zusätzlich anfallende Versandkosten zwar nicht auf jeder Seite im Online-Shop am Preis gemacht werden müsse. Nicht ausreichend sei es aber, diese Hinweise in allgemeinen Seiten “zu verstecken”. Vielmehr muss der Hinweis auf einer Seite stehen, die zwingend vor Einleitung des Bestellprozesses aufgerufen werden muss.
Damit stellte das OLG Frankfurt klar, dass der ausschließliche Hinweis auf Versandkosten innerhalb der AGB unzureichend und damit wettbewerbswidrig ist.
Verlinkung auf Versandkosten
Befindet sich die Versandkostenübersicht innerhalb der AGB muss der Hinweis am Preis “inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten” unmittelbar auf die Übersicht in den AGB verlinken. Die Verlinkung auf die Seite AGB an sich würde nicht ausreichend sein. Händler, die diese Variante nutzen wollen, müssen hier mittels Anker direkt auf den Punkt Versandkosten in den AGB verlinken.
Es empfiehlt sich allerdings, eine eigene Unterseite zu erstellen, auf der der Verbraucher die Einzelheiten zu den Versandkosten entnehmen kann. Das ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn es Versandkosten-Staffelungen gibt oder sich die Versandkosten nach Gewicht oder in Abhängigkeit anderer Größen berechnen.
Versandkostenfreigrenze
Arbeiten Online-Händler mit Versandkostenfreigrenzen sollte auf diesen Umstand ebenfalls auf der Versandkostenseite hingewiesen werden.
Versandkostenfreigrenze nach Widerruf
Was passiert aber eigentlich mit den Versandkosten, wenn der Verbraucher mit seiner Bestellung zwar eine Versandkostenfreigrenze überschreitet, nach Widerruf eines Teils der Bestellung aber unter den Wert rutscht? Muss er dann Versandkosten nachzahlen?
Ein Beispiel:
Der Shop arbeitet mit einer Versandkostenfreigrenze von 100 Euro.
Der Verbraucher bestellt 2 Pullover zum Preis von je 60 Euro. Anschließend widerruft der den Vertrag hinsichtlich eines Pullovers.
In machen AGB liest man für diese Fälle Klauseln, nach denen der Verbraucher in einem solchen Fall die Versandkosten dann “nachzahlen” soll.
So einfach ist das aber nicht. Zum einen könnte man eine solche Nachberechnung von Versandkosten als Strafzahlung für die Ausübung des Widerrufsrechtes ansehen. Damit wäre diese Klausel unwirksam und würde nicht Vertragsbestandteil werden.
Außerdem müssen gemäß § 312a Abs. 3 BGB Entgelte, die über das für die Hauptleistung zu zahlende Entgelt hinausgehen, ausdrücklich vereinbart werden, damit sie Vertragsbestandteil werden. Die Auferlegung einer nachträglichen Zahlung wäre ein solches Entgelt, welches über das für die Hauptleistung zu zahlende Entgelt hinausgeht.
Eine einfache AGB-Klausel reicht also nicht aus, da es dann an der Ausdrücklichkeit fehlen würde. Will man eine solche Vereinbarung treffen, müsste man dies mittels nicht vorangekreuzter Checkbox im Bestellprozess machen. Andernfalls muss der Verbraucher nachträglich keine Versandkosten zahlen, wenn er unter die Versandkostenfreigrenze aufgrund eines Teilwiderrufes rutscht.
Den Nachweis, dass die Vereinbarung wirksam zustande gekommen ist, muss dabei der Unternehmer erbringen.
Versandkosten am Preis, nicht in AGB
Versandkosten gehören also an den Preis (evtl. direkt über den Zusatz zzgl. Versandkosten verlinkt) und nicht irgendwo in AGB versteckt.
Button-Lösung
Außerdem müssen die Versandkosten in ihrer exakten Höhe auch auf der Bestellseite auftauchen. Diese Pflicht wurde explizit mit der Button-Lösung eingeführt.
Auslandsversandkosten
All das oben stehende gilt auch für Auslandsversandkosten. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Inlands- und Auslandsversandkosten. Schreibt ein Online-Händler in seine AGB oder auf seine Versandkostenseite
kann dies zu einer Abmahnung führen.
Auslandsversandkosten sind immer dann anzugeben, wenn sich der Online-Shop aktiv an Verbraucher aus anderen Ländern richtet. Hierzu kann es schon ausreichend sein, wenn der Verbraucher im Bestellprozess jedes Land der Welt als Lieferland auswählen kann. Wollen Sie Risiken vermeiden, müssen Sie die Länderauswahl im Bestellprozess also beschränken.
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Bildnachweis: fotogestoeber/shutterstock.com
Beitragsreihe: AGB für Online-Händler
In unserer Beitragsreihe AGB für Online-Händler sind bis jetzt folgende Beiträge erschienen:
zu dem letzten Satz “müssen Sie die Länderauswahl im Bestellprozess also beschränken” fällt mir ein, daß man sich da leider auch eine Abmahnung einhandeln kann, denn man darf euroopäische Mitgliedsstatten nicht ausschließen…
Leider stelle ich immer wieder fest, daß man bei den im Web angebotenen Onlineshop-Lösungen (Kauf oder Miete) eigentlich keinen findet, der tatschlich rundum rechtskonform ist und den man auch schnell modifizieren kann, wenn morgen ein neues Abmahn-Urteil kommt.
Die Shop-Betreiber sind auch quer durch ziemlich leichtsinnig unterwegs, eben wahrscheinlich weil es nichts rechtssicheres gibt.
@Michael Dean
Das ist nicht korrekt, dass Sie in alle europäischen Mitgliedstaaten liefern müssen. Es ist ohne Probleme zulässig, das Liefergebiet z.B. auf nur Deutschland zu beschränken.
Ich sehe das mit der Nacherhebung von Versandkosten bei Unterschreitung der Freigrenze etwas anders. Die Versandkosten werden mit Bestellung vertraglich vereinbart, bestellt der Kunde also anhand des hier genannten Beispieles 2 Artikel für über 100€, widerruft jedoch einen Artikel, besteht nur noch ein Vertrag über eine Lieferung im Gesamtwert von unter 100€ und somit hat der Kunde auch die entspr. Versandkosten zu tragen, in diesem Falle also nachzuzahlen. Ist bisher auch aus Kundensicht immer logisch gewesen und auch insgesamt eigentlich so logisch, dass hier garkein Gericht drüber zu entscheiden braucht. Zu Zeiten der 40€ Klausel war es noch Gang und Gäbe, dass versucht wurde, bei einer Bestellung die Versandkostenfreigrenze zu erreichen, indem ein Artikel im Wert von 40€+ zusätzlich bestellt wurde, dieser wurde dann widerrufen, weil einige Kunden dachten, so könne man Versandkosten sparen für den behaltenen Artikel, die Rücksendekosten für den widerrufenen Artikel im Wert von 40€+ musste der Händler zu diesen Zeiten ja auch noch tragen. Besonders spannend bei einem behaltenen 5,90€ Artikel und einem widerufenen 40€+ Artikel, hier wäre man demnach als Händler auf den Hin- und Rücksendkosten sitzen geblieben, hätte also ein letztendlich fettes Minus bei einer solchen Bestellung. Heutzutage lohnt sich dieses Vorgehen zum Glück kaum noch, da man ja inzwischen der Kunde die Rücksendkosten zu tragen hat, sofern ihm diese vertraglich auferlegt wurden.
@Dunkelwelt
Wenn die Versandkostenfreigrenze für einen bestimmten Bestellwert gewährt wird, ist gerade NICHT vertraglich vereinbart, dass der Kunde beim Teilwiderruf etwas nachzahlen muss, da der Bestellwert sich durch einen Teilwiderruf nicht ändert. Bestellt der Kunde also etwas für 120 Euro und widerruft anschließend einen Teil von 60 Euro, dann bleibt die Bestellsumme bei 120 Euro.
Andere Klauseln müssen sich – wie oben beschrieben – mE an § 312a messen lassen und dann geht das nur ausdrücklich, also mit Checkbox.
Wenn ich das also richtig verstanden habe, ist es rechtlich konform die belieferten Länder auszusuchen und entsprechend in den Versandkosten mit Preisen für den Versand zu versehen, auch wenn ich nicht in alle EU-Länder liefere?
Wichtig ist, dass Sie Ihren Shop nicht auf andere Länder “ausrichten” als auf die Länder, in die Sie wirklich liefern wollen. Wenn Sie lediglich Versandkosten für z.B. DE, AT und FR nennen, im Bestellprozess kann der Kunde mittels Drop-Down-Box aber auch eine Lieferung nach Polen veranlassen, würde das also nicht genügen. Sie müssten dann auch die Länderauswahl im Bestellprozess auf DE, AT und FR beschränken (in diesem Beispiel). Außerdem dürfen Kunden aus anderen Ländern auch sonst keine Hinweise darauf erhalten, dass Sie die Versandkosten erfragen sollten etc.
Das gilt aber nur für den Verkauf von Waren. Für den Verkauf von Dienstleistungen bestimmt § 5 DL-InfoV, dass keine Diskrimminierung bei Zugang zu den Dienstleistungen aufgrund des Wohnsitzes oder der Staatsangehörigkeit vorgenommen werden darf.
Noch einmal nachgefragt: Waren für die Länder, die auch nur auswählbar sind. Soweit ok.
Und Dienstleistungen muß man für jedes Land (der Erde) anbieten oder gilt auch hier nur für die Länder, die im Pull-Down auswählbar sind…?
Bezüglich einer Nachberechnung von Versandkosten habe ich inzwischen bereits zwei Rechtsauskünfte erhalten, die aber gegensätzlicher nicht sein könnten.
Der eine sagt: ja – das ist vollkommen rechts konform. Und Sie sagen es ist nicht rechts konform. Was stimmt denn nun wirklich? Oder liegt es – wie so oft – nur an der richtigen Formulierung.
Hier mein Beispiel:
Ein Shop verlangt eine Versandpauschale pro Bestellung von 4,90€. Ab einem Warenwert von über 50 € versendet der Shop versandkostenfrei.
Hier geht es also nicht um den Bestellwert, sondern um den Warenwert.
Kann es sein, das dies den Unterschied ausmacht? Denn genau mit diesem Beispiel habe ich von einem Rechtsanwalt für IT Recht die Antwort erhalten, es sei rechts konform hier die Versandkosten nach einem Widerruf und einer Unterschreitung des Warenwertes abzuziehen.
Was ist denn jetzt wirklich richtig?
Hallo Karl,
es mag über eine AGB-Klausel evtl. möglich sein, eine solche Nachberechnung vorzunehmen. Ich persönlich habe aber noch keine gesehen, die einer AGB-Kontrolle stand halten würde. Die Versandkosten einfach so abzuziehen, ist nicht möglich.