KundenbewertungNegative Bewertungen stellen für Händler immer wieder ein großes Ärgernis dar. Insbesondere wird es oft als unfair empfunden, wenn Kunden eine negative Bewertung und einen Kommentar veröffentlichen, ohne sich zuvor beim Händler zu melden, um den Fall zu klären. Aber sind Kunden hierzu verpflichtet? Das LG Bonn hatte sich mit dieser Frage zu beschäftigen.

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Das LG Bonn (Urt. v. 24.6.2014, 8 S 23/13) musste sich in zweiter Instanz mit der Bewertung eines Käufers bei eBay beschäftigen. Der Kunde kaufte zwei Steuergeräte.

Später bewertete er negativ und schrieb dazu den Kommentar:

„VORSICHT!!!! beide Steuergeräte defekt Vorsicht lieber woanders kaufen!!!!!!“

Das Amtsgericht Bonn (Urt. v. 9.1.2013, 113 C 28/12) verurteilte den Kunden noch zur Unterlassung. Dieser legte allerdings Berufung ein.

Kommentar stellt Tatsachenbehauptung dar

Das Landgericht stellte zunächst fest, dass es sich bei dem Kommentar im Kern um eine Tatsachenbehauptung darstellt.

Tatsachenbehauptung vs. Meinungsäußerungen

Das Gericht arbeitet zunächst den Unterschied zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen heraus.

“Eine Tatsachenbehauptung bezieht sich auf etwas Geschehenes oder einen gegenwärtigen Zustand und steht deshalb grundsätzlich dem Beweis offen. Das heißt, die Wahrheit oder Unwahrheit ist grundsätzlich mit den in der Prozessordnung vorgesehenen Beweismitteln überprüfbar.

Werturteile sind demgegenüber durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens und Meinens geprägt und deshalb dem Beweis nicht zugänglich.

Hat eine Äußerung in diesem Sinne sowohl einen tatsächlichen Gehalt als auch einen wertenden Charakter, hängt ihre Einordnung in die eine oder andere Kategorie davon ab, ob der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt, oder ob das nicht ist, das heißt, ob der in einem Werturteil enthaltene Tatsachenkern nur unbestimmt angedeutet ist oder ob sich das Werturteil als zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt.

Auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, handelt es sich um Werturteil und Meinungsäußerung.”

Nach diesen Grundsätzen, so das Gericht, handelte es sich bei dem Kommentar des Kunden um eine Tatsachenbehauptung, da der Kern der Aussage – nämlich dass die Steuergeräte bei der Lieferung defekt waren – einem Beweis zugänglich ist.

“Der entscheidende Kern der Aussage ist nicht die Meinung, Kunden sollten anderen Verkäufern den Vorzug geben, sondern die zugrundeliegende Tatsache, dass die Verkäuferin zwei defekte Geräte geliefert hatte.”

Händler trifft Beweislast

Stellt sich die Äußerung in einem Bewertungskommentar als Tatsache heraus, muss der Händler die Unwahrheit dieser Behauptung beweisen, wenn er die Löschung des Kommentars verlangt.

Dieser Nachweis war dem Händler vorliegend nicht gelungen. Hierfür wurde ein Sachverständiger beauftragt, den Zustand der Steuergeräte genauer anzuschauen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Steuergeräte nicht mangelfrei waren.

Damit hatte der Händler als nicht den Beweis erbracht, dass die Behauptung des Kunden unwahr ist.

Keine Pflicht zur Kontaktaufnahme des Kunden

Der Händler war der Auffassung, der Kunde müsse sich vor der Abgabe einer solchen Bewertung inkl. eines solchen Kommentars, mit dem Händler in Verbindung setzen.

Der Kommentar impliziere, dass der Händler sich unseriös verhalte und berechtigte Mängelrügen ablehne. Der Kunde habe eine Nebenpflicht aus dem Vertrag verletzt, indem er keinen Kontakt mit dem Händler aufgenommen habe. Unter diesen Umständen sei die Warnung in dieser Schärfe nicht gerechtfertigt, so die Auffassung des Händlers.

Bereits das Amtsgericht war grundsätzlich der Auffassung, dass Kunden auch dann die Mangelhaftigkeit in einem Bewertungskommentar beschreiben dürfen, wenn sie noch nicht mit dem Händler in Kontakt getreten sind.

Diese Auffassung vertrat auch das Landgericht in seinem Berufungsurteil, führte hierzu die Gründe aber ausführlicher aus:

“Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war der Beklagte auch nicht gehalten, vor Einstellung der Bewertung seine Gewährleistungsrechte gegenüber der Klägerin geltend zu machen.

Dem Gewährleistungsrecht ist nämlich eine Pflicht des Käufers, eine mangelhaft gelieferte Sache nachbessern zu lassen, fremd. Der Käufer kann vielmehr selbst entscheiden, ob er die Sache mangelhaft belassen oder überhaupt nicht verwenden will. Gerade in Fällen, in denen der mit der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zum Wert der Sache steht, liegt dies auch nahe.

Er ist sodann auch Rechtsgründen jedoch auch nicht gehindert, gleichwohl eine unter Umständen negative Bewertung bei eBay einzustellen.”

Eine Pflicht zur Kontaktaufnahme vor dem Verfassen einer negativen Bewertung folge auch nicht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, so das Gericht weiter.

Abschließend stellte das Gericht noch fest, dass auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben hier nicht vorlag, insbesondere deswegen, weil der Kommentar die Wahrheit wiedergab und nicht falsch war.

Fazit

Bei der Prüfung, ob Kommentare in einem Bewertungssystem gelöscht werden müssen, muss immer eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Bewertenden und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bewerteten abgewogen werden, wobei es regelmäßig so ist, dass die Meinungsfreiheit stärker wiegt. Ein Anspruch auf Löschung kann sich nur dann ergeben, wenn in einem Kommentar tatsächlich unwahre Tatsachenbehauptungen befinden, wobei der Bewertete die Unwahrheit nachweisen muss, oder wenn es sich um eine Schmähkritik handelt.

Handelt es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, besteht nie ein Löschungsanspruch.

Aufgrund der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit ist der Begriff der Schmähkritik sehr eng auszulegen, so das Bundesverfassungsgericht. So definierte das höchste deutsche Gericht schon 1990 den Begriff der Schmähkritik:

“Eine Meinungsäußerung wird nicht schon wegen ihrer herabsetzenden Wirkung für Dritte zur Schmähung. Auch eine überzogene und selbst eine ausfällige Kritik macht für sich genommen eine Äußerung noch nicht zur Schmähung.

Eine herabsetzende Äußerung nimmt vielmehr erst dann den Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person bestehen.”

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