Online-Händler, die nicht an Verbraucher, sondern ausschließlich an Unternehmer verkaufen möchte, müssen weniger Infopflichten erfüllen und haben viele wirtschaftliche Freiheiten, z.B. bei der Formulierung von AGB. Um diese aber genießen zu können, muss der Händler kontrollieren, dass tatsächlich ausschließlich Unternehmer im Shop einkaufen, hat das LG Kiel bestätigt.
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Das LG Kiel (Urt. v. 27.9.2013, 17 O 147/13) befasste sich mit den Pflichten eines Online-Händlers, der seinen Online-Shop nur an gewerbliche Kunden richten wollte.
Dem lag ein Streit über die Zulässigkeit verschiedener AGB-Klauseln zugrunde. Die Klauseln waren im Handel mit Verbrauchern unzulässig, der Unternehmer wehrte sich aber mit dem Argument, dass er gar nicht mit Verbrauchern handeln wolle, sondern sein Angebot ausschließlich auf gewerbliche Kunden und vergleichbare Institutionen gerichtet sei.
Der Kläger war dagegen der Meinung, dass sich der Online-Shop an alle Kunden richtete. Insbesondere wurde eine Testbestellung ohne weitere Kontrollen ausgeliefert. Bei der Kundin dieser Testbestellung hatte es sich aber gerade nicht um eine gewerbliche Kundin, sondern um eine Verbraucherin gehandelt.
Die Beklagte war dennoch der Meinung, dass sich sein Shop ausschließlich an gewerbliche Kunden richte. Ein entsprechende Hinweis finde sich auch schon auf der Startseite des Shops. Ein solcher Hinweis finde sich außerdem in den AGB, so die Argumente der Beklagten.
Kein B2B-Shop
Das Gericht sah die Klage als begründet an und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der abgemahnten Klauseln. Es folgte der Auffassung des Klägers, dass es sich bei dem Online-Shop nicht um einen B2B-Shop handelte.
“Soweit die Beklagte behauptet, dass sie nur mit Unternehmern i. S. v. § 14 BGB Verträge abschließe, ist es zwar grundsätzlich zulässig, ein Angebot ausschließlich auf Unternehmer zu beschränken und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen danach auszurichten.
Allerdings ist eine Verwendung von Klauseln, die zum Nachteil eines Verbrauchers gereichen, insoweit unzulässig, als auch Verbraucher in nicht unerheblichem Umfang das Angebot wahrnehmen können.”
Der Händler muss daher zum einen eindeutig darauf hinweisen, dass sich der Shop ausschließlich an gewerbliche Kunden richte und zum zweiten treffen den Shopbetreiber Prüfpflichten, damit er sicherstellt, dass tatsächlich nur gewerbliche Kunden bei ihm einkaufen können.
“Den Anbieter trifft daher die Pflicht, eindeutig und gezielt darauf hinzuweisen, dass sein Angebot ausschließlich gegenüber Unternehmern gilt. Darüber hinaus muss der Anbieter geeignete Kontrollmaßnahmen ergreifen, um die Unternehmereigenschaft des Kunden zu überprüfen und einen tatsächlichen Kauf durch Verbraucher zu unterbinden.
Die Pflicht, durch geeignete Kontrollmaßnahmen im Ergebnis sicherzustellen, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer betrieblich verwendbare Waren erwerben können, trifft den Anbieter nach der Entscheidung des OLG Hamm vom 20.09.2011 selbst bei einer eindeutigen Ausrichtung des Angebots ausschließlich an Gewerbetreibende.”
Solche Kontrollmaßnahmen sah die Beklagte aber nicht vor. Der Shop war sowohl für Verbraucher als auch für gewerbliche Kunden gleichermaßen zugänglich.
Auch das Produktangebot im Shop (unter anderem Rauchmelder und Arbeitsschutzutensilien) sprechen ebenfalls Privatpersonen an, da es sich hierbei um Waren handelte, die sowohl privat als auch betrieblich genutzt werden könnten.
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Deutlicher Hinweis oder Klausel in AGB?
Der Hinweis, dass sich das Angebot nicht an Verbraucher richtet, müsse sehr deutlich und hervorgehoben erscheinen, entschied das Gericht weiter.
“Soweit sich auf der Startseite ihres Internetauftritts der Hinweis befindet, dass das Angebot ausschließlich für Industrie, Handel, Gewerbe und vergleichbare Institutionen gelte, ist das nicht ausreichend.
Denn ein solcher Hinweis hat für seine Wirksamkeit direkt am Anfang des Internetauftritts zu erfolgen und muss zudem hervorgehoben sein, um sicher zu stellen, dass Verbraucher von einer Bestellung der angebotenen Waren absehen.
Der Hinweis auf der Startseite der Beklagten ist zwar farblich unterlegt, aber weder von der Schriftgröße noch durch sonstige Maßnahmen besonders hervorgehoben und für den Kunden auch nur erkennbar, wenn er die gesamte Seite öffnet und nicht bereits vorher auf die Links „Bestellung“ oder „Produkte“ klickt.”
Ein entsprechender Hinweis in den AGB des Shop sei ebenfalls nicht ausreichend.
“Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zusätzlich darauf hinweist, dass kein Verkauf an Privatpersonen erfolge, ist auch dies nicht ausreichend, um den Zugriff von Privatpersonen auf die angebotenen Waren zu verhindern.
Der Testkauf der Klägerin vom 28.11.2011 hat gezeigt, dass eine Überprüfung der Unternehmereigenschaft der Kunden durch die Beklagte nicht stattfindet und diese Eigenschaft im Rahmen des gesamten Bestellprozesses auch keine Rolle spielt.
Der Inhaber der Beklagten hat dazu selbst in seiner mündlichen Anhörung erklärt, dass er überhaupt nicht sicherstellen könne, dass nur Gewerbetreibende bei ihm bestellen. Er könne nicht jedes Mal den Gewerbenachweis verlangen. Er hat allerdings weiter in seiner Anhörung erklärt, dass er bei großen Bestellungen und bei Bestellungen aus dem Ausland schon nachprüfe, wer die Waren bestellt habe.”
Prüfung der Unternehmer-Eigenschaft des Kunden
Dass eine Prüfung der Kunden nicht möglich sei, ließ das Gericht nicht als Argument gelten und führte selbst direkt zwei Beispiele an, wie man die Unternehmereigenschaft prüfen könne.
“Es sind entgegen der Ansicht der Beklagten durchaus Möglichkeiten denkbar, den Verkauf an Verbraucher zu unterbinden oder zumindest einzuschränken, z.B. wenn im Rahmen der Bestellung nach der Art des Gewerbes oder der USt-IDNr. gefragt wird.
Allein die anzugebende E-Mail-Adresse gibt keinen Hinweis darauf, ob der Besteller eine Privatperson ist oder ein Gewerbetreibender, wie der Testkauf gezeigt hat.
Auf die Frage, ob die Beklagte nur mit Unternehmen i. S. v. § 14 BGB kontrahieren will, kommt es letztendlich nicht an.”
Fazit
Das Gericht folgt damit der ständigen Rechtsprechung. Alle Händler, die einen reinen B2B-Shop betreiben möchten, müssen also sicherstellen, dass ein Verbraucher tatsächlich nicht bei ihnen einkaufen kann. Hierfür sind geeignete Kontrollen in den Bestellprozess einzubauen. (mr)
Zur Beschränkung des Kundenkreises:
- LG Leipzig zur Beschränkung des Abnehmerkreises auf B2B-Kunden
- Wettbewerbszentrale informiert zur Preisauszeichnung im B2B-Handel
Denke auch, daß man geeignete Kontrollen im Shopsystem einbauen kann, um abzufragen, ob der kunde gewerblich ist, zum Beispiel indem man nach der Umsatz-Steuer-Id fragt, gibt schon Möglichkeiten.
Fast jedes Shopsystem bietet die Möglichkeit, Kundenkonten erst nach Prüfung freizuschalten, so ist es ein Leichtes vorab den Gewerbeschein o.ä. zu überprüfen.
@Anna: Nicht jeder gewerbliche hat eine Ust-ID, also läuft man hier Gefahr, Kunden zu verlieren.
@Dunkelwelt: Auch nicht so ideal, weil den Aufwand mit Sicherheit viele Kunden scheuen.
Imo ist eine deutliche Kennzeichnung in Verbindung mit einer Erweiterung der AGB-Bestätigung (“Hiermit bestätige ich die AGB und dass ich gewerblicher Kunde bin” – zumindest sinngemäß) doch auch eine gute Lösung.
@Alex
Das ist eben keine gute Lösung, wie das Urteil zeigt. Es muss ein Kontrollsystem geben.
@Martin Rätze:
Würde denn der USt-ID-Check schon ausreichen, gepaart mit dem Hinweis auf der Startseite das es sich um einen B2B-Shop handelt und dem Link auf den Verbraucher Shop ? Die AGBs sollten natürlich auch auf den B2B-Bereich ausgerichtet sein.
Gruß Carsten
@Carsten: Wie hier bereits geschrieben wurde, eine USt-ID ist keine Pflicht und nicht jeder Händler hat eine. Einzig die Prüfung des Gewerbescheines ist eine sichere Kontrollmethode.
Ich möchte (fast) dafür wetten, dass eine Prüfung so gut wie bei keinem Onlineshop stattfindet, der behauptet nur B2B anzubieten und gleichzeitig auch Preise usw. direkt für jeden sichtbar sind, gerade auch bei “großen” bekannten Onlineshops. Ausnehmen von dieser Vermutung, würde ich überwiegend nur Firmen bzw. Lieferanten, die sich als reiner Großhändler an Wiedervkäufer richten.
@Alex:
@Frau P:
die direkt sichtbaren Preise sind meines Erachtens das KO-Kriterium. Sicher, eine Registrierung ist aufwendig und schreckt einige potentielle Kunden ab. Aber wenn Endkunden mühelos die Händler-Einkaufspreise sehen können, tut man denen auch keinen Gefallen. Denn welcher Verbraucher ist bereit und in der Lage, eine verantwortungsvolle Preiskalkulation (unter Berücksichtigung von Miete, Lohn-, Lager-, Retouren-, Schwund- Kreditkosten etc.) anzustellen, noch dazu, wo er gar nicht weiß, auf welche Stückzahl der notwendige Unternehmerlohn verteilt werden muß?
Apropos Unternehmerlohn: wenn ich mit meiner Frau Bummeln gehen (wofür leider viel zu selten Zeit da ist) und sie mir dann ab und zu sagt, welche Handelsspannen sie erkennt, drängt sich mir oft genug die Frage auf, wie lange es den jeweiligen Laden noch geben wird….
Auch wenn der Beitrag etwas älter ist, würde mich folgendes Szenario interessieren: wie verhält es sich, wenn ich nur meine Produkte samt Preis präsentiere, es aber online keine Bestellmöglichkeit gibt? Sozusagen als Online-Katalog und der Kunde bestellt per Mail, Fax oder Telefon. Reicht z.b. der Firmenstempel auf dem Fax oder die Adresse des Geschäfts (in der Regel ein Ladenlokal) als Nachweis, dass es sich um einen Geschäftskunden handelt?