Schadenersatz in Millionenhöhe. Dazu verurteilte das OLG Düsseldorf den Hersteller von Badarmaturen Dornbracht. Geklagt hatte der Online-Händler Reuter, der sich durch Vertriebsbeschränkungen von Dornbracht-Produkten im Netz benachteiligt fühlte.
Anstoß erregte eine Fachhandelsvereinbarung die Dornbracht mit Großhändlern zwischen 2008 und 2011 geschlossen hatte. So gewährte der Hersteller spezielle Rabatte, wenn der Zwischenhandel sich verpflichtete, Dornbracht-Produkte nicht an Onlinehändler zu liefern. Diese Vereinbarung behindere gezielt den Wettbewerb, urteilten die Richter am OLG Düsseldorf (Urt. v. 13.11.2013, VI U (Kart) 11/13).
Dornbracht muss nun inklusive Zinsen Schadenersatz in Höhe von rund einer Million Euro an den Mönchengladbacher Onlinehändler Reuter zahlen. Die Revision hat das OLG nicht zugelassen.
Geschäftsführer Bernd Reuter zeigt sich sichtlich zufrieden:
“Jetzt ist durch das OLG bestätigt, dass Dornbracht uns geschädigt hat. Auch unsere Kunden hatten unter den Lieferblockaden zu leiden.Wer den Fachhandel im Internet blockiert, missachtet Kundenwünsche.”
Das Bundeskartellamt hatte im Dezember 2011 die Fachhandelsvereinbarung als wettbewerbswidrig bemängelt.
“Weit verbreitetes Unrechtsbewusstsein” bei Lieferanten
Bleibt also die Frage, ob von dem Urteil eine Signalwirkung für die Branche und ihre Lieferanten ausgeht. Jost Vielhaber, Director Public Affairs bei reuter europe, sieht die Zukunft positiv:
“Das erhoffte Signal könnte darin bestehen, dass sich blockierte und geschädigte Onlinehändler ermutigt fühlen, sich auch gerichtlich gegen Kartellrechtsverstöße zur Wehr zu setzen. Das Urteil hat zudem den Herstellern Grenzen aufgezeigt, die immer noch Online-Kunden als Kunden zweiter Klasse betrachten. Außerdem haftet nach dem OLG-Urteil nicht nur das Unternehmen, sondern auch derjenige persönlich, der vorsätzlich als Anstifter den Rechtsverstoß veranlasst oder dazu Beihilfe geleistet hat. Bei dem konkreten Urteil traf es den für Vertrieb verantwortlichen Geschäftsführer.”
Einen Bruch mit seinem Lieferanten Dornbracht kann und will sich Reuter im Interesse seiner Kunden allerdings nicht leisten, stell Vielhaber klar.
“Viele Kunden von Reuter fragen Produkte solch namhafter Hersteller nach. Zur Philosophie Reuters gehört, den Kunden 1A-Markenware zu fairen und transparenten Preisen zu verkaufen – anders als über den althergebrachten Vertriebsweg über Großhandel und Handwerker. Daher will Reuter seinen Kunden selbstverständlich auch Produkte eines Herstellers wie Dornbracht anbieten.”
Aber der Kampf gegen Vertriebsbeschränkungen im Netz ist auch für Reuter noch nicht zu Ende. Im Sanitär- und Einrichtungsbereich gebe es “kartellrechtswidrige Praktiken zur Eindämmung des von den Verbrauchern gewollten Onlinehandels”, skizziert Vielhaber. Dies seinen unter anderem “abgestimmte Verhaltensweisen von Herstellern und stationären Händlern, Boykottvereinbarungen, Liefersperren, Androhung wirtschaftlicher Nachteile etc.”
Aus diesem Grund werde sich Reuter auch nach dem Urteil weiter gegen Vertriebsbeschränkungen im Netz engagieren, verspricht Vielhaber und dazu die gesamte zur Verfügung stehende Palette nutzen, wie beispielsweise die “Aufklärung von Verbrauchern und Öffentlichkeit, aber notfalls auch mit juristischen Mitteln.”
“Leider müssen wir feststellen, dass es ein weitverbreitetes Unrechtsbewusstsein unter den Beteiligten gibt. Viele Verbraucher stellen derzeit mit Überraschung fest, dass sie über Jahrzehnte von den Vertretern des althergebrachten Vertriebswegs uninformiert und unmündig gehalten wurden. Das Bohren dicker Bretter lohnt sich.”
Spannender Artikel, der hoffentlich von vielen Herstellern mit ähnlichem Verhalten gelesen wird! Werde diese Entwicklung sehr aufmerksam mitverfolgen;-)
Hi Bruno,
ist vielleicht interessant.
LG
Didi
Sehr interessanter Artikel, ich hoffe er wird auch von Vertretern anderer Branchen gelesen. Das geht weiter in Richtung Preise vorgeben sonst keine Belieferung, Darstellung der Produkte vorschreiben und nur gezielt die Shops beliefern die sich an UVP der Hersteller halten und und und…
Ich finde das Verhalten von Lieferanten, nur Shops zu beliefern, die sich an die UVP halten und die den Verkauf auf bekannten Verramsch-Plattformen untersagen, mehr als korrekt und vor allem von viel mehr Lieferanten wünschenswert. Nur so kommt man gegen die ewig nachwachsende Scharr von Wohnzimmerhändlern an, die mal eben schnell einen Shop im Nebenerwerb gründen, ohne die Kosten eines Haupterwerblers mit Laden und/oder Lager und Angestellten zu haben. Und genau diejenigen sind es sicher auch, die sich hier immer wieder über Preisvorschriften und Vertriebswegbeschränkungen aufregen, ebenso die Global-Player mit ewig roten Zahlen und somit kaum zu zahlenden Steuern. Fairer Wettbewerb fängt beim Preis an und nicht bei den etlichen, eigentlich zu bagatellisierenden Abmahngründen.
@Dunkelwelt Gothicshop Darum geht es hier nicht, ich als Händler möchte meine Verkaufspreise so kalkulieren wie es in mein Betriebswirtschaftliches Konzept passt. Wie das aussieht hat gar keine Relevanz. Und genau das wird von manchen Herstellern unterbunden, die ihre Preise künstlich hochhalten wollen. Erst letzte Woche sahen wir uns wieder einem solchen Außendienstmitarbeiter gegenüber der uns den Lieferboykott androhte wenn wir unsere Onlineshoppreise nicht erhöhen. Ob ich dabei 100 Angestellte beschäftige oder aber ein Einzelunternehmer ohne Angestellte bin spielt doch dabei gar keine Rolle. BTW ich gehöre nicht zu der angesprochenen Gruppe unser Unternehmen beschäftigt 35 Mitarbeiter und trotzdem beschweren wir uns über solches Geschäftsgebahren.
Sicherlich muss und darf ein Lieferant dem Onlinehändler weder vorschreiben, ob und zu welchem Preis dieser die Produkte des Vertriebes anbietet. Doch darin sind wir uns vermutlich einig: wer Qualität bietet, verknüpft diese immer auch mit Dienstleistungen und Service, der nun mal nicht zum Nulltarif zu haben ist. Ein Fachhändler bietet so etwas und muss im Preis entsprechend höher kalkulieren als jene Globalplayer (z.B. mit dem Sitz Sitz in München und dem A im Namen), die ganz andere Möglichkeiten bieten.
Wenn also ein seriöser Vertrieb seine Produkte eben über Fachhändler vertrieben sehen möchte (egal ob online oder stationär) und nicht bei Billigfirmen oder eben besagten Globalplayern und Marktbeherrscher, dann ist das nur korrekt.
Dieses Urteil aber spielt jenen aber wieder einmal in die Karten! Nicht nur, dass sie auf Staatskosten ihre Frachtzentren hochziehen, sondern nun dürfen sie auch per Gesetz ALLES anbieten.
Ein Hersteller für hochwertige Produkte hat ein legitimes Interesse, seine Ware im Fachhandel platziert zu sehen. Und das hat nicht all zu viel künstliches Hochhalten der Preise zu tun. Meistens zumindest, Ausnahmen gibts es da immer.
Wir wären in unserer Branche froh, wenn die Lieferanten so etwas wie einen EVP hätten. Dann würden unsere Chancen am Markt gegenüber den Billigversendern wieder gut steigen. Und das gibt es in vielen Branchen!
Das interessiert doch viele Hersteller trotzdem nicht. Habe aktuell genau das Problem. Der Hersteller vertreibt sein Produkt über genau einen Großhändler in Deutschland. Dieser beliefert “ausschließlich den stationären Fach-Handel mit vorhandenem Marken-Portfolio”.
Natürlich haben große, reine Versandhändler wie amazon die Produkte im Sortiment und betreiben sogar einen eigenen Markenbereich.
@Ralf: Hört sich für mich stark nach GoPro an… zumindest war das bei uns genau die Aussage des einzigen Großhändlers.
Interessanter Artikel! Danke!