copyrightDie unberechtigte Übernahme von Produktfotografien ist im Bereich des E-Commerce nahezu alltäglich. Viele Onlineshops und Hersteller von Produkten sehen mit Sorge, dass oftmals unbedacht Produktfotografien übernommen werden. Dies gilt nicht nur für private Verkäufer, die privat über diverse Internetplattformen Waren anbieten, sondern auch leider für gewerbliche Anbieter von Waren im Internet. Dass grundsätzlich eine abgegebene Unterlassungserklärung bei Internetauktionen auch erhöhte Sorgfaltspflichten begründet, zeigt eine Entscheidung des OLG Frankfurt.

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Was war geschehen?

In dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt (Beschl. v. 10.7.2013, 11 U 28/12) wurde eine Vertragsstrafe geltend gemacht.

Grundlage dieser Forderung war eine Unterlassungserklärung, die nach der Übernahme von Produktfotos in insgesamt elf Internetauktionen gefordert worden war.

Die Vertragsstrafenformulierung war so formuliert worden, dass „für den Fall eine schuldhaften Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe bis zu 5.000 EUR“ gezahlt werden sollte.

Die Besonderheit war, dass die Produktfotos, für die bereits eine urheberrechtliche Abmahnung ausgesprochen und auf deren Basis eine Unterlassungserklärung abgegeben worden war, noch in den abgelaufenen elf Internetauktionen zu sehen waren.

Der Beklagte hatte schlicht vergessen, diese dort zu entfernen, bzw. entfernen zu lassen.

Daraufhin machte der Abmahner außergerichtlich erneut einen Unterlassungsanspruch aus dem Urheberrecht geltend und forderte zugleich eine Vertragsstrafe von 55.000 EUR und Anwaltskosten.

Auf diese Forderung zahlte der Beklagte lediglich eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR.

Daraufhin machte der Inhaber der Urheberrechte die weitergehende Vertragsstrafe von 50.000 EUR sowie die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.780,20 EUR gerichtlich geltend.

Das Landgericht hatte in der ersten Instanz nur die Anwaltskosten zugesprochen. Die weitergehende Vertragsstrafenforderung hatte es jedoch abgewiesen.

Diese Zurückweisung begründete das Gericht damit, dass es sich um ein fahrlässiges Handeln des Beklagten gehandelt habe, dass die entsprechenden Fotografien auch in den abgelaufenen Internetauktionen noch zu sehen waren.

Es handelte sich nur lediglich um einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung da der Beklagte insgesamt die Handlungen der Nichtentfernung nicht vorgenommen hatte. Daher sei die weitergehende Forderung unbegründet.

OLG Frankfurt: Verstoß gegen Unterlassungserklärung ja, Vertragsstrafe nur einmal verwirkt

Das OLG Frankfurt folgte in seinem Beschluss der Ansicht der I. Instanz.

Auch für das Berufungsgericht handelte es sich lediglich um einen Fall der Verwirkung der Vertragsstrafe mit der Folge, dass nur einmal 5.000,00 EUR zu zahlen sind.

Das OLG knüpft seine Rechtsansicht insbesondere daran an, dass nur eine Handlung und ein Handlungsentschluss vorliegen (hier Nichtentfernen der Fotografien aus den abgelaufenen Auktionen):

„.Es geht vorliegend nicht darum, dass die Beklagte 11 Fotos (neu) in A-Auktionen eingestellt hat und dadurch für jedes Foto das Urheberrecht des Klägers verletzt hat, sondern darum, dass ein bereits bestehender rechtswidriger Zustand perpetuiert wurde, weil die Beklagte eine einzige ihr zur Abstellung des rechtsverletzenden Zustandes obliegende Handlung unterlassen hat, nämlich A (etwa in der vom Kläger in dem zweiten Abmahnschreiben vom 21.7.2011 dargelegten Art und Weise) aufzufordern, alle streitgegenständlichen Fotos aus den Auktionen entfernen zu lassen.

Hierzu hätte es eines einzigen Willensentschlusses bedurft, den die Beklagte aus fahrlässiger Unkenntnis der Tatsachenlage nicht getroffen hat.

Im Hinblick darauf, dass hier von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen ist, kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob bei interessengerechter Auslegung der Vertragsstrafenklausel mehrere Handlungen des Verletzers (wie etwas das Einstellen mehrerer Fotos) als eine einzige Zuwiderhandlung zu betrachten wären.

Ebenso wenig bedarf es im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussicht der Berufung vor diesem Hintergrund einer näheren Auseinandersetzung mit den von der Anschlussberufung aufgeworfenen Rechtsfragen.

Der Vertragsstrafenanspruch knüpft an eine schuldhafte Zuwiderhandlung durch die Beklagte an, wobei sie sich das Verhalten ihrer Mitarbeiter nach § 278 BGB zurechnen lassen muss. Elf Vertragsstrafen wären nur dann verwirkt, wenn elf Zuwiderhandlungen vorlägen, für die es elf verschiedener Handlungsentschlüsse bedurft hätte.

Die Beklagte hat aber gerade nicht in jedem der elf Fälle einen Entschluss gefasst, die Löschung zu veranlassen oder nicht, und diese Entschlüsse sodann durch entsprechende Handlungen oder Unterlassungen umgesetzt, sondern sie hat letztlich überhaupt keinen Entschluss gefasst.“

In der Konsequenz wurde somit die Mehrforderung in Höhe von 50.000 EUR zurückgewiesen.

Fazit und Praxistipp

Dieses Urteil zeigt, dass grundsätzlich die Abgabe von strafbewehrten Unterlassungserklärungen im Bereich der Übernahme von Produktfotografien sehr weitgehend sein können.
Umso wichtiger ist es, bereits im Vorfeld abzuklären, ob und inwieweit es tatsächlich möglich ist, bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung tatsächlich diese zukünftig auch einzuhalten.

Sollte es dennoch einmal zu einem Vertragsstrafenfall kommen, kann dieses Urteil zumindest eine Argumentationshilfe dafür sein, hier ggf. nur von einem Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auszugehen.

Keinesfalls sollte diese Entscheidung jedoch „Freibrief“ gewertet werden, nunmehr zukünftig unbegrenzt gegen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen im Bereich des  Urheberrechts und bei der Übernahme von Produktfotografien zu verstoßen.

Über den Autor

RA Rolf Albrecht

Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.

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