Die Kunden in unseren Nachbarländern sind sicherlich ebenso Shopping-affin wie hierzulande – ganz vorne Frankreich und Großbritannien. Doch die hohe Online-Shopping Bereitschaft ist nicht das einzige Argument für Shopbetreiber, in angrenzende Länder zu expandieren.
Kulturelle Unterschiede können online meist weniger aufwändig überwunden werden als im Einzelhandel. Jedoch reicht es bei weitem nicht aus, den Online-Shop in eine andere Sprache zu übersetzen. Es gibt in jedem Land individuelle, etablierte Standards im Hinblick auf Services und Funktionen. Eine Studie des UX Dienstleisters eResult hat solche Standards für Bestellprozesse in Deutschland, Frankreich und Großbritannien herausgearbeitet.
Weniger Abbrüche durch erwartungskonforme Funktionen
Intuitive Navigation, erwartungskonforme Darstellungsweisen und die Vermittlung von Sicherheit, Vertrauen und Nutzungsfreude sind im Online-Handel klare Wettbewerbsvorteile. Unverständliche Informationen oder schlecht strukturierte Websites werden von den Nutzern mit einem Einkauf beim Wettbewerb quittiert.
Deshalb kommt dem Bestellprozess (Checkout) eine entscheidende Bedeutung zu. Denn der Kunde, der bereits eine feste Kaufabsicht hat, soll so gut wie möglich unterstützt werden, die letzte „Hürde“ zu nehmen. Erkennt der Nutzer vertraute Strukturen und findet er alle gewünschten Funktionen, können mögliche Zweifel schnell abgebaut werden. Das Wissen um etablierte Standards ermöglicht es daher, den eigenen Bestellprozess zu optimieren und die Quote der Abbrecher während des Kaufs zu verringern.
Länderspezifische Unterschiede schon im Warenkorb
Für den Warenkorb konnte nun festgestellt werden, dass sich Abbildungen der Artikel in allen drei Ländern als Standard etabliert haben. In Großbritannien zeigen 94 Prozent der Shops Abbildungen an, in Deutschland 87 Prozent und in Frankreich 82 Prozent.
Explizite Angaben zur Lieferbarkeit der einzelnen Artikel finden sich bei 61 Prozent der untersuchten Warenkörbe in Deutschland, jedoch nur bei 40 Prozent der französischen und 38 Prozent der britischen Shops. Eine Angabe, die also gerade im europäischen Ausland nicht fest vorausgesetzt wird (da sie ja meist auch schon auf der Artikeldetailseite steht), aber erfahrungsgemäß für den Nutzer sehr wichtig ist und die Entscheidung zu bestellen oder nicht positiv beeinflussen kann.
Unabdingbar sind Hilfe und Service. In alle drei Ländern bieten fast 100 Prozent der Fälle Kontaktmöglichkeiten, Beratung oder Antworten auf häufige Fragen an. Denn nur wenn der Kaufprozess sich für den Nutzer transparent gestaltet, fasst er Vertrauen und wird die Bestellung tatsächlich aufgeben. Damit keine Fragen offen bleiben, bieten die Shops meist mehrere Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Nur in Bezug auf die Position von Hilfe und Service gibt es noch keinen Standard: Ob links, recht, oben oder unten – es lässt kein fester Platz für diese Informationen identifizieren.
Als vertrauensbildende Maßnahme werden hierzulande oft verschiedene Gütesiegel im Warenkorb angezeigt (3 von 4 Shops). Auch in Großbritannien setzen viele Shops auf diese Siegel: 60% zeigen sie an und setzen dabei vor allem auf die Betonung der Sicherheit . Interessanterweise findet man Gütesiegel in Frankreich nur bei einem Drittel der Shops. Derartige unabhängige Urteile scheinen sich hier noch nicht durchgesetzt .
Noch frappierender ist der Unterschied beim Hinweis auf verschlüsselte Datenübertragung: Rund 70 Prozent der deutschen Shop geben im Warenkorb an, dass die Verschlüsselungsmethode SSL eingesetzt wird. In Frankreich und Großbritannien ist dies kein Thema. Wenn überhaupt wird ein einfacher Hinweis zur sicheren Übertragung (zum Beispiel „Connection sécurisé“) gegeben.
Fehlende Zahlungsarten als Abbruchgrund Nr. 1
Wer erfolgreich ins Ausland expandieren möchte, sollte auch die dortigen Zahlungsgewohnheiten kennen. Denn hier gibt es große länderspezifische Unterschiede. Hierzulande ist die Zahlungsart meist in den Bestellprozess integriert. Weiterleitungen zu externen Anbietern sind eher selten. Außerdem bieten deutsche Online-Shops den Nutzern mit durchschnittlich 4,6 verschiedenen Zahlungsarten die größte Auswahl. In Frankreich gibt es im Durchschnitt 3,5 Zahlungsarten, in Großbritannien sind es lediglich 1,7.
Die Kreditkarte ist das Zahlungsmittel, das am häufigsten angeboten wird. Ausnahmslos alle untersuchten Shops aus Frankreich und Großbritannien stellen diesen Service bereit, in Deutschland sind es 87 Prozent. Unter den deutschen Shops aus dem Bereich „Bücher/Schreibwaren“ gibt es diese Option mit 60 Prozent besonders selten.
Das als sehr sicher geltende Online-Zahlungssystem PayPal wird von etwa der Hälfte aller Shops verwendet (Deutschland: 54 Prozent, Frankreich: 53 Prozent, Großbritannien: 48 Prozent). Vor allem bei Shops aus dem Bereich „Sport/Freizeit/Garten“ ist dieser Service mit jeweils rund 60 Prozent zu finden. Besonders selten wird PayPal von französischen Shops aus dem Bereich „Möbel/Wohnen“ (14 Prozent) und „Mode“ (20 Prozent) angeboten. Im Bereich „Mode“ nutzen dagegen 54 Prozent der deutschen und 46 Prozent der britischen Shops das Zahlungssystem. Unter den deutschen Shops im Bereich „Möbel/Wohnen“ sind es 60%.
Ein Kauf auf Rechnung ist bei 62 Prozent der untersuchten Online-Shops aus Deutschland möglich. Es gibt jedoch große sortimentsspezifische Unterschiede: Jeweils 87 Prozent der Shops aus den Bereichen „Sport/Freizeit/Garten“ und „Bücher/Schreibwaren bieten diesen Service an. Unter den „Vollsortimentlern“ sind es sogar neun von zehn Shops. Im Bereich „Gesundheit/Drogerie/Lebensmittel“ ist der Rechnungskauf hingegen nur bei 29 Prozent der Shops vorhanden, bei „Technik“ sind es lediglich 7 Prozent. In Frankreich stellen nur zwei von 100 einen Kauf auf Rechnung zur Verfügung. In Großbritannien wird diese Zahlungsart gar nicht genutzt.
Über den Autor
Elske Ludewig ist Senior UX Consultant & Teamleitung qual. Forschung bei eresult.
Die Studie „Europäische Bestellprozesse im Vergleich“ beschreibt viele weitere typische Elemente, Funktionen und Darstellungsweisen innerhalb von Bestellprozessen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Es wird ein Überblick zu Linkbezeichnungen, Formulargestaltung, Lieferoptionen, Zahlungsarten bis hin zu Gutscheineinlösungen gegeben.
Erfahren Sie, woran Nutzer gewöhnt sind, wie Sie die Usability im Bestellprozess verbessern und damit Abbrüche verhindern. Doch Investitionen in die Optimierung des Checkouts haben nicht nur kurzfristige Effekte: Letztendlich behält ein zufriedener Nutzer den Shop in guter Erinnerung und wird ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder besuchen.
Das sind sehr interessante Aspekte, sich mal die anderen Länder anzusehen. Wie sieht es denn bei unseren europäischen Nachbarn mit der Bestellseite aus? Wird die Button-Lösung auch in anderen Ländern umgesetzt? Ist diese dort auch verpflichtend? Ich habe das Gefühl, dass die hohen Anforderungen in Deutschland auch im Ausland ausreichend sein mögen.
Sehr interessanter Artikel, vielen Dank! Gibt es die Studie, auf die verwiesen wird, bei eResult zum Download? Leider habe ich auf deren Seite auf Anhieb nichts gefunden, ein Deeplink wäre super.
VG
Paypal als “als sehr sicher geltende[s] Online-Zahlungssystem” zu bezeichnen, halte ich für gewagt und komme sicherlich auf die Perspektive an. Es gibt genug Berichte von PayPal-Hacks, direktes Fehlverhalten seitens PayPal, usw. usf. Die Kreditkarte z.B. dürfte – mein persönlicher Erfahrungswert – deutlich sicherer sein, wird aber als solches nicht in dem Artikel hervorgehoben. Das erweckt aus meiner Sicht einen falschen Eindruck. Insofern erklären Sie doch bitte zunächst, was PayPal im Vergleich zu anderen Zahlungsarten so sicher macht – und ich hoffe, das einzige Argument ist nicht der “Sicherererer”-Slogan…
Zu diesem Thema sollte viel mehr veröffentlicht werden, schießlich ist Trusted-Shops ja auch im Ausland vertreten. Um die Expansion ins Ausland zu fördern, sollte TS auch Handbücher in deutsch herausbringen, was an Besonderheiten im jeweiligen Land zu beachten ist. Auch sollte das Shopprotokoll zur Zertifizierung in deutsch abgefasst werden. Was bringt es, wenn man die Anmerkungen von TS wiederrum übersetzen lassen muss? Übersetzungen der Homepage kosten schon genug. Nur so kann Trusted Shops dafür sorgen, das die in Deutschland zertifizierten Händler ins Ausland -mit TS- expandieren.
Bei dem Titel und nach lesen des ersten Absatzes hätte ich erwartet zu erfahren, warum KUNDEN sich in verschiedenen Ländern zum Kauf entscheiden. Die Formulierung “das muß Ihr Checkout bieten” oder “nur übersetzen reicht nicht aus”…
Danach liest man, was andere Shops so machen, was wo Durchschnitt ist usw… Das sagt leider NICHTS darüber aus, was der User empfindet oder wünscht. Daß in England nur 1,7 Zahlungsarten pro Shop angeboten werden ist eine völlig wertlose Information für mich als Shopbetreiber. Wenn Sie dazu schreiben, daß die User sich 5 verschiedene Zahlungsarten im Durchschnitt wünschen, würde das Sinn machen. Oder wenn man wüsste, daß 92% der Briten online Ihre Kreditkarte einsetzen WOLLEN, würde das Sinn machen.
Fazit: Ein eher dünner Artikel, der die Fragestellung des Titels schlicht ignoriert.
Habe mir persönlich etwas mehr vom Artikel erwartet! Ich habe ein paar klare Informationen erwartet. Leider ist die Headline-Formulierung etwas ungeschickt gewählt.
Der Artikel liest sich gar nicht mal so schlecht wie es hier in einigen Kommentaren behauptet wird. Ich sehe hier alleine zwei konkrete Ansätze (gerade für den Laien) seinen Onlineshop zu optimieren. Sei es die Einbettung der verschiedenen Zahlungsarten, bis hin zu optimierten Bildern im Warenkorb. “Fehlende Zahlungsarten als Abbruchgrund Nr. 1” kann ich aus Erfahrungen heraus nur bestätigen.