Nachdem die Europäische Kommission im Januar 2012 einen Vorschlag für die umfassende Reform des europäischen Datenschutzrechts vorgelegt hatte, führte dies im Laufe des letzten Jahres zu reichlich Resonanz. Als weiterer wichtiger Schritt zu einem europaweit einheitlichen Datenschutz wurde dem EU-Parlament nun ein Berichtsentwurf mit Änderungsvorschlägen vorgelegt.

Hier eine Zusammenfassung der aktuellen Entwicklungen

Am 25.01.2012 stellte EU-Justizkommissarin Reding ein Reformvorhaben der EU-Kommission vor, das eine umfassende Neuregelung der EU-Datenschutzvorschriften vorsieht.

Aktueller Berichtsentwurf für das Parlament

Nun wurde dem EU-Parlament ein Paket von Änderungsvorschlägen in Form eines sogenannten „Berichtsentwurfs“ (Draft Report) zur Diskussion vorgelegt. Das bereits am Dienstag (08.01.2013) veröffentlichte Papier enthält die Stellungnahmen der beiden Berichterstatter Jan Albrecht (Grüne/EFA-Fraktion) und Dimitris Droutsas (PASOK, Sozialdemokratische Fraktion) und wurde am gestrigen Donnerstag im Justizausschuss des Europaparlaments äußerst kontrovers diskutiert.

Dass die Positionen in vielen Punkten deutlich auseinander gehen, zeichnete sich bereits vorab in diversen Stellungnahmen aus Politik und Wirtschaft ab.

Stellungnahme des Bundestages

Der Deutsche Bundestag hatte im Dezember einen Antrag der schwarz-gelben Koalition auf EU-Ebene verabschiedet.
Darin wird das Vorhaben der EU-Kommission begrüßt und erklärt, dass nur mit deutschen Bestimmungen im Datenschutz kein Schutz vor global operierenden Unternehmen aus Drittstaaten gewährleistet werden kann.

Im privaten Bereich ist das Parlament mit dem Rechtsinstrument einer Verordnung, das direkt nationales Recht ersetzen würde, einverstanden. Im öffentlichen Bereich dagegen fordert es den „Erhalt nationaler Regelungsspielräume“.

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen

Auch der Ausschuss der Regionen hat sich in einer Stellungnahme zu der EU-Datenschutzreform geäußert. Der Ausschuss der Regionen ist ein Organ zur Vertretung regionaler und kommunaler Gebietskörperschaften Europas. Meist übt er seine Rechte in Form von Stellungnahmen zu Vorschlägen der EU-Kommission aus.

Zwar begrüßt der Ausschuss ähnlich wie der Bundestag eine EU-Datenschutz-Grundverordnung. Allerdings wird vor allem hinsichtlich der Änderungen im öffentlich-rechtlichen Bereich Kritik geäußert. So werden Bedenken vor Regelungen geäußert, die die „informationelle Selbstbestimmung übermäßig einschränken“ oder „nationale Besonderheiten beim Datenschutz im Sozialwesen unmöglich machen“.

Expertenanhörung im Bundestag

Harsche Kritik war bei einer Expertenanhörung im Bundestag, die im Oktober stattfand, zu hören. So war dort von einem „pauschalen Eingriff“ in die Informationsfreiheit die Rede. Zugespitzt könnten die neuen Regelungen zu einer „modernen Form der Zensur“ führen.

Angeregt wurde eine Einführung von Mindeststandards anstelle der angestrebten Vollharmonisierung. Auf diese Weise würde nicht die gesamte Kompetenz bei der EU-Kommission liegen und Mitgliedstaaten könnten von den Mindeststandards nach eigenem Ermessen nach oben hin abweichen.

Positionen der Wirtschaft

Umstritten ist der Entwurf auch auf Seiten der Wirtschaft. So forderte ein Vertreter des Deutschen Dialogmarketing-Verbands (DVV) in einem „Workshop“, dass die Politik „keinen Kampf gegen die Wirtschaft führen“ solle.

Die Europäische Datenschutzbeauftragte von Google wies darauf hin, dass es besonders für Internetfirmen schwierig sei, den Surfer z.B. vor der Erhebung einer IP-Adresse um dessen Einwilligung zu bitten.

Auch vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) gab es Kritik an dem Entwurf. So plädiert der ZAW für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der angestrebten Grundverordnung nur auf die den Bürger wirklich betreffende Datenverarbeitung. Außerdem fordert er angemessen flexible Erlaubnistatbestände zur „Erhaltung legaler werbewirtschaftlicher Geschäftsmodelle“.

Kritik der US-Internetriesen

Während die Reform bei deutschen Unternehmen wie der Deutschen Telekom positiv aufgenommen wird, versprechen sich US-Unternehmen durch sie eher Nachteile.

Insbesondere werbeorientierte Firmen wie Google und Facebook haben bereits im Vorfeld durchgesetzt, dass eine ausdrückliche Zustimmung der Nutzer für die Verarbeitung ihrer Daten zu Werbezwecken nach aktueller Fassung nicht eingeholt werden muss. Auch IT-Unternehmen wie Microsoft befürchten laut Nachrichtenagentur Reuters eine Schädigung ihrer Geschäftsmodelle.

Bürgerrechtler befürchten Scheitern

Die polnische Bürgerrechtsorganisation Panoptykon hat auf dem 29. Chaos Communication Congress (29C3) in Hamburg beklagt, dass die Industrielobby versuche, die Reform in vielen Punkten abzuschwächen, berichtete heise online.

Vor allem große Internetunternehmen außerhalb der EU würden „weitgehende“ Befugnisse für die Nutzung personenbezogener Daten fordern. Um dem großen außereuropäischen Andrang entgegenzuwirken, fehlen den zivilgesellschaftlichen Organisationen aber momentan schlichtweg Mitarbeiter.

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Stimmen aus der Wirtschaft sich auf die weitere Entwicklung der Reform auswirken werden.

Das EU-Parlament wird sich zunächst mit dem aktuellen Vorschlag beschäftigen. Anschließend muss im sogenannten Trilog, einem Dreiertreffen zwischen der EU-Kommission, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Europäischen Parlament, Einigkeit erzielt werden.

Vor 2014 wird nicht mit Verabschiedung der EU-Datenschutz-Grundverordnung gerechnet.

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