Seitdem die ersten ausländischen Versandapotheken auch in Deutschland tätig sind, wird um eine Antwort auf die Frage gerungen, ob Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente zulässig sind. Der BGH hielt diese für wettbewerbswidrig, das Bundessozialgericht hielt sie aber für arzneimittelrechtlich zulässig.
Jetzt hat der Gemeinsame Senat entschieden.
Nur selten ist es in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte notwendig geworden, dass der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte zusammentreten musste. Heute findet eine mündliche Verhandlung zum Thema Versandapotheken statt.
Im Jahr 2010 wurde vom BGH die Frage vorgelegt, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für Arzneimittel gilt, die im Versandhandel nach Deutschland importiert werden. Ebenfalls 2010 verbot der BGH einer deutschen Apotheke die Vergabe von Gutscheinen auf preisgebundene Medikamente für Neukunden.
2008 hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass ausländische Versandapotheken nicht dem deutschen Arzneimittelrecht unterständen und Rabatte auf Medikamente somit zulässig seinen. Der BGH ist jedoch anderer Auffassung.
Dieses Urteil wollten die hiesigen Apotheker nicht akzeptieren und bemühten zugleich die Zivilgerichte mit der Klärung dieser Frage.
Durchgesetzt hat sich die Auffassung des BGH. Somit sind Rabatte auf Medikamente auch für Versender mit Sitz im Ausland unzulässig, wenn sie nach Deutschland liefern. Allerdings bleibt der Europa Apotheek und DocMorris die Option vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.
Denn ein Verbot von Rabatten auf Medikamente könnte ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit darstellen, die als Grundfreiheit im EU-Vertrag festgeschrieben ist. Dieser Weg ist aber nur den ausländischen Versandapotheken offen, denn bei den deutschen Apotheken fehlt es am notwendigen Merkmal des grenzüberschreitenden Handels.
Kommt man zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich die Warenverkehrsfreiheit beschränkt würde durch das Verbot von Rabatten, wäre im nächsten Schritt zu prüfen, ob diese Beschränkung aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt wäre.
Hätte der Gemeinsame Senat der Auffassung des Bundessozialgerichts zugestimmt, so hätten Deutsche Apotheken mit der Rabatt-Vergabe ihrer ausländischen Kollegen leben müssen.
Hallo,
heute in der ARD-Tagesschau
“Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe
EU-Versandapotheken unterliegen Preisbindung”
Quelle: tagesschau.de/inland/medikamente124.html
Daniel 🙂
@Daniel Da waren wir früher dran als die Tagesschau 😉 Als der Beitrag online ging, war die Entscheidung noch nicht gefallen.
Also wieder über die Grenze fahren um nicht vollständig gemolken zu werden. Die Mondpreise sind teils uinverschämter als die Spritpreise.
Wie war das noch…Apotheker sind keine Kaufmänner, sondern Heilberufler?! Ich glaube, das ist alles mehr Lobbyismus als Rechtssprechung…
Völlig unverständlich, warum der Bundesgesundheitsminister einen solchen Richterspruch begrüßt. Er bringt weniger Wahlmöglichkeiten und höhere Kosten für uns Verbraucher. Es ist ein Urteil gegen den freien Markt und für mehr Planwirtschaft. Nur die Apothekerlobby jubelt, dass sie weiter ungestört in ihrem Hochpreisbiotop wursteln darf.
Hoffentlich kassiert der EuGH dieses Urteil wieder ein.
@Christian R.
Sollte der EuGH tatsächlich anderer Auffassung als der BGH sein und Rabatte auf Medikamente für ausländische Apotheken erlauben, würde dies aber eben nur für ausländische Apotheken gelten. Die in Deutschland ansässigen Apotheken dürften dann diese Rabatte noch immer nicht gewähren. Das ist die sog. Inländerdiskriminierung, welche zulässig ist.
Die Nachteile der EU dürfen wir gerne entgegennehmen, bei den wenigen Vorteilen aber ausgesperrt bleiben. Vielen Dank!
Hmm, schön, wie hier die Pharamaunternehmen und Apotheker geschützt werden. Wann kommt endlich mal ein Gesetz, welches mich als seriösen Händler mit Ladengeschäft und enormen Kosten vor Wohnzimmerhändlern und Dumpingpreisen schützt?
@Martin Rätze: Lieber noch etwas Preisdruck nur durch ausländische Versandapotheken als gar keinen Preisdruck auf die deutschen Apotheken. Es wäre zu hoffen, dass der EuGH das Urteil kassiert und dass die Marktanteile ausländischer Anbieter so groß werden, dass die deutschen Apotheker freiwillig ihre starren, planwirtschaftlichen Preisbindungen aufgeben möchten.
Christian Rothe hat ganz Recht.