Vor kurzer Zeit berichteten wir bereits über eine Entscheidung des LG Detmold zum Vertragsschluss bei eBay. Ein wirksamer Kaufvertrag kommt auch dann zustande, wenn der Verkäufer die Auktion vorzeitig abbricht, aber bereits Gebote abgegeben wurden. Nun liegt die Entscheidung im Volltext vor.

Erfahren Sie mehr über die Entscheidungsgründe.

Das LG Detmold (U. v. 22.2.2012, 10 S 163/11) hatte die Frage zu entscheiden, ob auf der Plattform eBay ein wirksamer Kaufvertrag auch dann zustande kommt, wenn der Verkäufer die Auktion vorzeitig abbricht.

Angebot bei eBay

Die Beklagte stellte bei eBay ein Wohnmobil zum Verkauf im Auktionsformat ein. Damit gab sie ein rechtlich bindendes Angebot i.S.d. § 145 BGB ab.

“Demnach ist derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.”

Zur Auslegung der Willenserklärung der Beklagten müssen die AGB von eBay herangezogen werden. Die maßgebliche Passage in § 10.1 lautet:

“Stellt ein Anbieter auf der eBay-Website einen Artikel im Angebotsformat Auktion ein, gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrages über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt der Anbieter einen Startpreis und eine Frist (Angebotsdauer), binnen derer das Angebot per Gebot angenommen werden kann. Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die Bieten-Funktion an. Das Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen …”

Hiernach muss das Angebot der Beklagten dahin gehend verstanden werden, dass es unter dem  Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht.

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion mit einem Betrag von 56 Euro der Höchstbietende. Ein Grund zum Abbruch der Auktion lag nicht vor, sodass der Vertrag damit wirksam zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande kam.

Sittenwidrigkeit?

Der Vertrag zwischen den Parteien war auch nicht sittenwidrig und damit nichtig.

“Für die Annahme der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes reicht nämlich allein das Bestehen eines besonders krassen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung nicht aus. Hinzu treten müssen weitere sittenwidrige Umstände, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung auf Seiten des Klägers, der als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die schwächere Lage des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt hat. Dafür bietet der Vortrag der Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte.”

Bei einem besonders krassen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für ein Handels aus besonders verwerflicher Gesinnung. Allerdings gilt dieser Grundsatz auch nicht uneingeschränkt. Denn es müssen immer auch die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden:

“Diese aber rechtfertigen bei Internetgeschäften der vorliegenden Art auch bei einem groben Missverhältnis von Preis und Leistung nicht ohne Weiteres den Rückschluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Käufers bzw. auf ein Ausnutzen einer Schwäche des Verkäufers.

Denn der Teilnehmer einer Internetauktion ist sich regelmäßig bewusst, dass die Ermittlung der Höhe der Gegenleistung von anderen Faktoren als allein dem üblichen Marktwert eines Artikels abhängt.

Die Erwartung des Verkäufers, durch geschicktes Einstellen eines Artikels ein möglicherweise besonders gutes Geschäft zu machen, und demgegenüber die Vorstellung des Bieters, im richtigen Moment zu einem besonders günstigen “Schnäppchen” zu kommen, gehören geradezu zum Wesen einer derartigen Vertragsanbahnung.

Dem widerspräche aber, wenn bei der Wahl einer solchen Verkaufsplattform die Präsentation eines Artikels nur dann verbindlich sein soll, wenn auch ein “angemessener” Preis erzielt wird.”

Rechtsmissbrauch?

Die Geltendmachung des Anspruchs auf Übergabe und Übereignung des Wohnwagens gegen Zahlung der 56 Euro sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, so das Gericht.

“Grundsätzlich kommt die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung des Anbieters und Verkäufers nur in krassen Ausnahmefällen in Betracht.

Der Anbieter ist nämlich regelmäßig durch die Möglichkeit der Angabe eines Mindestgebots, der Größe der Bietschritte sowie der Bietzeit in der Lage, sein Risiko zu begrenzen.

Nutzt er dies nicht, muss er sich an der Folge grds. festhalten lassen. Dies kann allerdings uneingeschränkt nur dann gelten, wenn die Auktion auch tatsächlich bis zum Ende der Bietzeit durchgeführt wurde und der Anbieter die Chancen eines niedrigen Startpreises insoweit genutzt hat und damit auch die Risiken tragen muss.

Wurde aber die Auktion vorzeitig abgebrochen, muss der konkrete Einzelfall betrachtet werden. Dabei ist von besonderem Gewicht, ob sich die wesentliche Begründung, den Anbieter an seinem Angebot festzuhalten und den Bieter nicht seiner Willkür auszusetzen, im konkreten Einzelfall realisiert hat.”

Die Beklagte war hier durch ihren unberechtigten Abbruch der Auktion aber gerade selbst für das krasse Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung verantwortlich.

Fazit

Das Gericht hat sich sehr genau mit den möglichen Argumenten gegen die Erfüllung des geschlossenen Vertrages auseinander gesetzt. Von einem einmal abgegebenem Kaufangebot kann man nicht so ohne Weiteres “zurücktreten”. Ein Grund wäre z.B. gewesen, wenn der Beklagten das Wohnmobil gestohlen worden wäre. Weigert sich der Verkäufer, den Vertrag zu erfüllen, wird er unter Umständen Schadensersatz leisten müssen. Wer Waren über die Plattform eBay anbietet, sollte dies immer bedenken. (mr)

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