Wer Verbrauchern Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufsein-heiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Endpreis auch den Grundpreis anzugeben. Das OLG Hamm hat nun in einem aktuellen Urteil bestätigt, dass ein fehlender Grundpreis niemals nur ein bloßer Bagatellverstoß sein kann.

Lesen Sie mehr in einem Gastbeitrag von RA Sascha Faber.

In dem entschiedenen Fall des OLG Hamm (U. v. 9.2.2012, 4 U 70/11) bot die Beklagte auf ihrer Website Erotikartikel an. Darunter auch 200 ml Gleitgel zum Preis von 8,95 Euro. Ein Grundpreis war nicht angeben.

Die Preisangabenverordnung (PAngV) sieht jedoch in § 2 die Verpflichtung zur Angabe eines Grundpreises, d.h. die Angabe des Preises je Mengeneinheit vor. Nachdem der Rechtsstreit wegen der zunächst verfolgten Unterlassungsansprüche für erledigt erklärt worden war, ging es der Klägerin nun noch um die Erstattung der Anwaltskosten.

Urteil der Vorinstanz

Nach dem LG Bochum war die Abmahnung nur teilweise berechtigt, da hinsichtlich der fehlenden Grundpreisangabe ein Bagatellverstoß vorliege. Der Grundpreis sei durch ein Teilen durch zwei „ohne Weiteres“ zu ermitteln. Das LG verwies hier auf ein älteres Urteil des OLG Hamm.

Bagatellverstoß bei ml statt Liter

Das OLG Hamm hatte mit Urteil vom 10.12.2009, 4 U 156/09 entschieden, dass ein Bagatellverstoß angenommen werden kann, wenn der angegebene Grundpreis zwar falsch, jedoch durch eine einfache Rechenoperation ohne Weiteres zu ermitteln sei. In diesem Fall hatte der abgemahnte Online-Händler bei einem 500 ml-Saunaaufguss zwar den Grundpreis angegeben – allerdings in Bezug auf 100 Milliliter, obwohl die PAngV ab einem Volumen von 250 ml die Angabe des Grundppreises pro Liter vorschreibt.

„Ein solcher Bagatellverstoß liegt hier vor. Denn der Verbraucher muss den angegebenen Grundpreis lediglich mit 10 multiplizieren, um zu dem von Preisangabenverordnung eigentlich geforderten Grundpreis pro Liter zu kommen.

Mithin trifft der gerügte Verstoß nicht die Preiswahrheit sondern nur die Preisklarheit. Diese Preisklarheit ist hier aber praktisch nicht beeinträchtigt. Denn solche einfachen Rechenoperationen sind dem Verbraucher zuzumuten.“

Fehlende Angabe immer spürbar

Von dieser Rechtsauffassung ist das OLG Hamm nach eigener Aussage nun abgerückt.

Begründet wird die Entscheidung damit, dass es eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Angabe eines Grundpreises aus Art. 3 Abs. 4 der den Verbraucherschutz bei Preisangaben regelnden Richtlinie 98/6/EG gibt. Aufgrund dieser europarechtlichen Vorgabe sei es immer eine wesentliche Rechtsverletzung, wenn die Angabe zu Grundpreis völlig fehlt.

Zudem handele es sich nach Ansicht der Hammer Richter bei einer solchen Verletzung einer Informationspflicht um eine Irreführung durch Unterlassen.

„Eine Information, deren Fehlen per se zu einer Irreführung der Verbraucher führt, muss zugleich die Interessen der Marktteilnehmer und insbesondere der Verbraucher auch spürbar beeinträchtigen. Für die Annahme einer Bagatelle und eine Verneinung eines spürbaren Wettbewerbsverstoßes im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG bleibt somit kein Raum mehr. Der Senat hält an seiner früheren, vom Landgericht zutreffend zitierten Auffassung nicht mehr fest.“

Teilen durch zwei „einfache Rechenoperation“?

Es sei hier noch angemerkt, dass jedenfalls in dem zu entscheidenden Fall evtl. gar keine einfache Rechenoperation zur Ermittlung des Grundpreises möglich gewesen sein könnte. Angeboten wurde ein Gleitgel zu 200ml mit einem Endpreis von 8,95 Euro. So berichtet das OLG im Tatbestand von den Problemen der erstinstanzlichen Richter aus Sicht der vortragenden Kläger:

„Der Verbraucher könne den Betrag von 8,95 € gerade nicht schnell und einfach durch zwei teilen, um den dann ermittelten Betrag mit denselben Produkten anderer Anbieter vergleichen zu können. Der Vorsitzende und die Handelsrichter des Landgerichts hätten diese vermeintlich einfache Rechenoperation auf Befragen nicht durchführen können.“

Vergleichbarkeit der Urteile

Nach Auffassung des OLG Hamm sind beide Sachverhalte durchaus vergleichbar, weil die Preisklarheit nur in einem unerheblichen Umfang berührt ist.

Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden Fällen: Im ersten war zumindest ein Grundpreis angegeben. Im zweiten Fall fehlte der Grundpreis aber völlig. Darüber hinaus dürfte das Verschieben des Kommas um eine Stelle den Verbraucher vor wesentlich geringere Probleme stellen als das Dividieren einer in den meisten Fällen sehr krummen Zahl.

Außerdem lag im ersten Fall kein Verstoß gegen § 5a Abs. 4 UWG vor, bei welchem die Spürbarkeit immer vermutet wird, also keine Einstufung als Bagatelle mehr möglich ist. Im ersten Fall verstieß die fehlerhafte Grundpreisangabe vielmehr gegen § 4 Nr. 11 UWG, bei dem die Spürbarkeit gerade nicht von vornherein vermutet wird, sondern separat zu prüfen ist.

Fazit

Das OLG Hamm sieht unabhängig von möglichen einfachen oder weniger einfachen Rechenoperationen keinen Raum mehr für die Annahme einer Bagatelle, wenn ein Grundpreis komplett fehlt. Shopbetreiber sollten daher auf Nummer sicher gehen und ihre Preise auf fehlende oder falsch angegebene Grundpreisangaben überprüfen.

Über den Autor

Sascha Faber, LL.M. Medienrecht

Sascha Faber ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Kanzlei Volke2.0.

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