Positive Kundenbewertungen sind eine gute Werbung für den eigenen Online-Shop. Da möchte man als Händler natürlich so viele wie möglich sammeln. Also kommen manche Händler auf die Idee, den Kunden ein kleines Goody für die Abgabe von positiven Bewertungen zu versprechen. Aber darf man das? Diese Frage hat das OLG Hamm beantwortet.
Lesen Sie mehr über das Urteil.
Das OLG Hamm (Urteil v. 23.11.2010, I-4 U 136/10) hatte sich unter anderem mit der Zulässigkeit der Anzeige von Kundenbewertungen in einem Online-Shop für Druckerzubehör zu befassen.
Bewertungsaufforderung in Newsletter
Die Klägerin verschickte einen Newsletter, in dem ein zusätzlicher Sonderrabatt in Höhe von 25% angeboten wurde. Dazu erläuterte sie:
“Sie sind von uns begeistert oder wollen einfach Ihre Meinung über uns mit anderen teilen?
Wenn Sie innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt unserer Waren eine Bewertung auf dem folgenden Meinungsportal abgeben “internetadresse” und uns eine Kopie der Bewertung per Email an “internetadresse” senden, erhalten Sie von uns nachträglich einmalig einen Preisrabatt von 10 % auf den Warenwert Ihrer letzten Bestellung (Überweisung auf Ihr Konto).
25 % extra Sonderrabatt: Sollte Ihr Bericht von der D Gemeinde als mindestens durchschnittlich “hilfreich” bewertet werden, erhalten Sie sogar 25 % Rabatt auf den Warenwert Ihrer letzten Bestellung (Überweisung auf Ihr Konto).”
In dem entsprechenden Bewertungsportal wies die Klägerin nicht daraufhin, dass für eine Bewertung ein Rabatt eingeräumt wird. Deswegen wurde sie von der Beklagten abgemahnt.
Auf Grund dieser Abmahnung erhob die Klägerin negative Feststellungsklage um gerichtlich feststellen zu lassen, dass sie nicht zur Unterlassung verpflichtet sei. Damit wurde also die Abgemahnte zur Klägerin und die Abmahnerin zur Beklagten.
Im Wege der sog. Widerklage wollte die Beklagte die Verurteilung der Klägerin zur Unterlassung erreichen.
Rechtsmissbrauch
Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Es sah die negative Feststellungsklage als unzulässig an und die Widerklage als unbegründet, weil diese rechtsmissbräuchlich sei.
Das OLG Hamm konnte jedoch eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Unterlassungsansprüche nicht erkennen.
Gutschein für Bewertung
Ein Unterlassungsanspruch stehe der Beklagten gegen die Klägerin wegen des Angebots der Rabatte für abgegebene Bewertungen zu, so das Gericht.
“Bei so zustande gekommenen Beurteilungen handelt es sich um wettbewerbswidrige bezahlte Empfehlungen.
Wird mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben geworben, darf das Urteil des Kunden grundsätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung bezahlter Zuschriften ist unzulässig, wenn auf die Bezahlung – wie hier – nicht ausdrücklich hingewiesen wird.”
Beeinflussung der Kunden
Durch das Versprechen von Gutscheinen werden die Kunden in ihrem Urteil beeinflusst und sind nicht mehr frei, was aber Voraussetzung für eine neutrale Bewertung sei, so das Gericht.
“Die Kunden der Klägerin, die ihre Bewertung auf die dargestellte Weise auf dem Meinungsportal D abgeben, sind bei der Abgabe ihres Urteils über die Qualität der Druckerzubehörprodukte nicht frei und unbeeinflusst gewesen.
Das erwartet der Verkehr jedoch, wenn ihm derartige Äußerungen anderer Verbraucher in der Werbung entgegentreten. Ist die lobende Äußerung über das Produkt dagegen “erkauft”, wird der Verkehr irregeführt.”
Geringe Beträge
Die Klägerin verteidigte sich noch mit dem Argument, dass es sich bei den versprochenen Rabatten um eher geringe Beträge handelte. Damit konnte die Klägerin aber nicht überzeugen. Denn, so das Gericht, der letztendlich gewährte Rabattwert richte sich nach der Höhe des letzten Einkaufs.
Fazit
Die Idee ist verständlich: Durch das Versprechen von Rabatten soll die Zahl von Bewertungen insgesamt und natürlich erst recht die Zahl positiver Bewertungen erhöht werden.
Das OLG Hamm hat hier nun klargestellt, dass dies unzulässig ist, wenn man bei der Werbung mit der Bewertung nicht auf diesen Umstand hinweist. Allerdings dürften wohl nur die wenigsten dazu bereit sein, neben die Bewertungsanzeige zu schreiben
“Diese Note haben wir nur erreicht, weil wir für Bewertungen bis zu 25% Rabatt gewähren. Die Höhe des Rabatts richtet sich dabei nach der Note, die uns die Kunden gaben.”
Ein solcher Hinweis dürfte potentielle Käufer eher abschrecken. Auf diese Art der Sammlung von Bewertungen sollte also verzichtet werden. (mr)
Hinweis:
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt.
Meiner Meinung nach wäre es für den Betreiber günstiger sich Bewertungen über externe Dienstleister zu erkaufen.
Aber wenn man ehrlich zu seinen Kunden und Besuchern ist und es geschickt mit der Einholung der Bewertung anstellt, dann kommen die richtig ehrlichen Bewertungen von den Kunden selber.
Mir wäre es auch auch noch zu teuer und überflüssig Geld für solche Zwecke zu investieren.
Interessant wäre, ob das Gericht auch einen Facebook-Post oder einen Tweet als “Empfehlungen” versteht und somit Services wie “pay with a tweet” somit wettbewerbswidrig sein könnten?!?
Nachvollziehbar ist das ja lles, aber was ich mich in erster Linie frage, ist: Wie will denn der Kunde erreichen, dass seine Bewertung als “hilfreich” eingestuft werde? Dazu müsste ja der Kunde noch einigen Aufwand betreiben und Freunden, Bekannten usw. Bescheid sagen, dass sie den Eintrag hoch bewerten sollen. Ausschließlich positive Beurteilungen, die das Blaue vom Himmel versprechen, sind doch naturgemäß eher abschreckend. Ich kann mir übrigens denken, um welchen Shop es sich hier handelt.
@Sebastian: Interessanter Gedanke. Logische Konsequenz: Wenn Tweets als “Empfehlung” angesehen würden, müssten Facebook-Likes auch so beurteilt werden.
Hallo zusammen,
spannende Geschichte kann ich da nur sagen. Ich muss Mayersche und Sebastian aber recht geben. Ich denke wenn man davon ausgehen würde das Tweets und Likes und Google Pluses ebenfalls dazuzählen würden wäre ja wirklich alles wettbewerbswidrig. Meiner Meinung nach kann man es auch wirklich übertreiben.
Wobei man denke ich auch nicht vergessen darf, dass dieses Urteil nicht stellvertretend für alle gilt oder sehe ich das falsch. Ich bin da nicht so der rechtliche Fachmann.
Hallo, aber wie sieht es aus, wenn unter allen Bewertern einen Preis auslost wird, zb. pro Monat einen iPod – ist das genauso kritisch zu sehen?
Solange ein Rabatt oder Gutschein dazu dient, den Kunden zu motivieren überhaupt eine Bewertung abzugeben, sollte dies meiner Meinung nach erlaubt sein.
Eine Zahlung ausschließlich für positive Bewertungen anzubieten würde ich hingegen auch für irreführend erachten….
Da stimme ich Markus und Pedro zu. Man sollte z. B. einen Gutschein verlosen im Monat, damit überhaupt Bewertungen abgegeben werden, denn die meisten sind bewertungsfaul. Das sollte wohl erlaubt sein, denn dabei ist es egal welche Bewertung abgegeben wird!!
Ich konnte nirgendwo lesen “Um eine positive Bewertung wird gebeten” – sondern ” … wollen einfach Ihre Meinung über uns mit anderen teilen”.
Bewertungen können auch negativ ausfallen.
Um Klienten zu motivieren überhaupt Kundenmeinungen zu schreiben lassen sich viele Unternehmen was einfallen. Das Netz ist voll von Tipps wie man es “anstellen” kann viele (ehrliche) Kundenfeedbacks zu bekommen.
Sie hätte sagen können: “Wir bedanken uns für die Zeit die Sie sich zum Schreiben ihrer Meinung über uns nehmen mit …. ”
PS: Nicht anders verhält es sich mit Newsletter – Wie oft liest man “Wenn Ihnen … gefallen hat.abonnieren Sie unseren Newsletter. Als Begrüßungsgeschenk erhalten Sie…. ” usw.
Gute Bewertungen von zufriedenen Kunden kommen oft von alleine. Ohne das sie “teuer” gekauft werden müssen.
Da Stimme ich “VH” ganz und gar zu – Wenn alles passt dann kommen die guten Bewertungen von ganz allein und falls nein weiß man sicherlich woran es liegen muss.
Also aktuell sieht die Lage schon etwas anders aus, ich denke im Moment werden Like schon fürs Ranking herbeigezogen. Auch andere sehen das so. Jedoch kann man das schlecht in der Praxis beweisen, aber vom Gefühl würde ich auf jeden Fall sagen, dass das ein Rankingkriterium ist.
Ich kenne endlos viele größere Shops die ohne Bewertungs Opt-In Bewertungsmails nach der Bestellung verschicken (insbesondere ekomi Shops). Darüber hinaus kenne ich auch Shops die für Bewertungen etwas bieten – das ist meiner Ansicht nach auch solang das Urteil dennoch negativ ausfallen kann nur bedingt zu beanstanden.
Ich schließe mich der Meinung des Gerichtes an, dass solche Bewertungen dazu beitragen, dass man eher geneigt ist positiv zu bewerten, weil man evtl. sonst um die “Entlohnung” bangt bzw. diese als Umstand ebenso positiv einrechnet.
Nun muss man jedoch auch die Realität mit einbeziehen und da sieht es nun mal so aus, dass ein Großteil der Nutzer wenn sie bewerten eben nur dann bewerten, wenn sie schlechte Erfahrungen gesammelt haben. Das ist für viele Shop Betreiber sicherlich ein Problem. Die Masse an Nutzern die jedoch zufrieden sind, machen sich nicht den Aufwand zu bewerten.
Da in der heutigen Zeit jedoch quasi alles unter 4,5 Sterne negativ betrachtet wird, führt dies manssenhaft dazu, dass man in Bewertungsportalen Bewertungen findet, die vermutlich vom Shop Betreiber selbst und nahe Verwandte eingestellt werden. Dies lässt sich in der Masse weder für TrustedShops noch für andere sauber prüfen und rechtsicher abwickeln.
Unterm Strich wäre mir dann die “Motivation” egal ob positiv oder negativ bewertet wird, lieber als der aktuelle IST-Zustand im Bewertungsmarkt.
Hallo Dominik,
vielen Dank für Ihren interessanten Kommentar. Ich möchte hierzu gerne ein, zwei Sätze loswerden.
Ich gebe Ihnen recht, dass die Motivation, Bewertungen zu schreiben, dann am höchsten ist, wenn eine sehr positive oder eine negative Erfahrung gemacht wurde. Daher ist es selbstverständlich schwieriger, Kunden zu einer Bewertung zu bewegen, die der Transaktion eher neutral gegenüber stehen. Es gibt aber wie Sie auch sagen, viele gute Wege und Möglichkeiten, die Antwortrate bei den “Unentschlossenen” zu erhöhen.
Sei es die Gestaltung der Bewertungs E-Mails, der optimale Zeitpunkt der Bewertungsanfrage oder die Personalisierung. Wurde einmal der optimale Weg gefunden, so fällt die Antwortrate auch entsprechend hoch aus. Genau das testen wir bei Trusted Shops ausgiebig in kontinuierlichen A/B Tests, um die gute Performance aufrecht zu erhalten.
Wichtig ist dabei natürlich, dass die Kunden freiwillig am Bewertungsprozess teilnehmen und dieser auch Spaß macht. Daher verschicken wir nur E-Mails mit vorheriger Einwilligung des Kunden (Opt-in).
Zu Ihrem letzten Absatz: Bewertungen haben nur dann Sinn, wenn sie glaubwürdig sind. Ein Shopbetreiber würde sich auf lange Sicht selbst schaden mit selbstverfassten Bewertungen. Damit dies gar nicht erst passiert, arbeiten wir mit manuellen und automatisierten Mechanismen, einmal schon bei der Bewertungsabgabe, aber auch nachfolgend, um gefälschte Bewertungen auszuspüren. Hierzu stehen uns neben automatisierten Algorithmen ein dediziertes, mehrsprachiges Team zur Verfügung. Wurden verdächtigte Bewertungen gefunden und als “fakes” identifiziert, zieht das entsprechende Sanktionen für den Fälscher nach sich.
Oder um es anders zu sagen: Fälschen lohnt sich nicht! Es gibt tolle Wege, einfach und automatisiert Bewertungen zu sammeln, und das ganz unkompliziert und legal 😉
Bei weiteren Fragen schreiben Sie mir gerne unter productfeedback@trustedshops.com
Mit besten Grüßen
Christian Siebert
Scrum Master Kundenbewertungen bei Trusted Shops
Solange ein Rabatt oder Gutschein dazu dient, den Kunden zu motivieren überhaupt eine Bewertung abzugeben, sollte dies meiner Meinung nach erlaubt sein.
Eine Zahlung ausschließlich für positive Bewertungen anzubieten würde ich hingegen eher als unverschämt empfinden.
Ich habe heute zusammen mit einer Amazon-Bestellung einen “Gutschein” bekommen, in dem der Händler verspricht, das gleiche Produkt noch einmal kostenlos und versandkostenfrei an mich zu versenden, wenn ich eine “positive Produktrezension auf der Produktseite von Amazon” abgebe und ihn entsprechend informiere.
Ich weiß leider nicht, wie der in diesem Beitrag diskutierte Rechtsstreit entschieden wurde, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Händler in meinem Fall legal handelt. Mache ich mich als Kunde möglicherweise strafbar, wenn ich auf solches Angebot eingehe?
Ist das Urteil rechtskräftig entschieden worden oder wie ist die Beschwerde ausgegangen?
Das Urteil wurde rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH, Beschl. v. 22. 9. 2011 – I ZR 4/11.