Auf der OXID Commons 2011 habe ich über Multichannel diskutiert. An einer Stelle sagte ein Gesprächspartner, wenn ich über Onlinehandel spräche, höre sich das so einfach an. Mitnichten. Kein Kanal ist einfach. Jeder Kanal weist eine Fülle von Veränderungsmöglichkeiten aus, die Shopbetreiber testen können.

Sogar eine einfache Postkarte.

Als Onlinehändler suchen Sie vielleicht ein „einfaches“ Mittel, um die Kunden mal abseits der digitalen Vertriebskanäle erreichen können. Nichts leichter als das, denken Sie – machen wir eben eine Postkarte. Viel falsch machen kann man da nicht – das Porto ist günstig, die Werbefläche begrenzt. Also machen wir einfach ein Produkt oder einen Gutschein, Adresse drauf, zack, fertig.

Und dann passiert erst mal nichts.

Schon bei einer Postkarte müssen Sie von Anfang an überlegen, wen Sie adressieren: Erstbesteller ohne Wiederkauf? Stammkunden? Permission-Kunden ohne bisherigen Bestellaktivität?

Davon hängt nicht nur das Angebot ab, auch die Höhe des Gutschein-Wertes. Und die Gestaltung. Denn einen Neukunden ohne positive Bestellerfahrung mit Ihnen, müssen Sie über die Stärke der Incentivierung einerseits und die Sicherheit der Produktqualität andererseits überzeugen. Heißt also: Markenware signalisieren, geringere Preispunkte nennen als im Sortiments-Mittel, und dazu noch ein schöner Euro-Rabatt. Stammkunden können Sie hingegen mit höheren Preisen, zum Beispiel Raritäten oder „Avant-Premiere“-Produkten locken, wenn die Transaktionshistorie hier eine Empfänglichkeit signalisiert.

Okay, das sind Versandhandels-Basics. Die Postkarte selbst ist aber doch easy, oder? Wieder falsch. Hier sind wenigstens 14 Variationsmöglichkeiten:

  1. Größe: Innerhalb der Portogrenzen können Sie schon im Format spielen – und wenn Sie etwas mehr Geld in die Hand nehmen, sind auch Sonderformate drin, die mehr auffallen.
  2. Farbe: Wie wollen Sie im immer noch bunten Briefbündel auffallen – und wie färbt das auf Ihre Marke ab?
  3. Gewicht: Welche Papierqualität nehmen sie – handgeschöpftes Bütten?
  4. Textur: Sie können mit Prägung oder Lack-Finishing großartige Effekte erzielen.
  5. Perforation: Gibt es eine Möglichkeit, die Karte direkt wieder als Response-Element einzusetzen? Oder ein Involvement zu schaffen, indem die Adressaten ein Element abreißen und zurücksenden müssen?
  6. Sticker/Peel-offs/Rubbelfelder: Auf der Fahrt zur Oxid Commons lag am Bahnplatz ein Flyer von Yves Rocher mit einem Duft-Feld. Sie können auch Bingo-Elemente integrieren.
  7. Stanzen: Hier wird es teuer, aber solche Sonderformate fallen auf, weil aus einer Karte auf einmal ein gestaltetes Objekt wird.
  8. Aufspenden: Wenn Sie keinen Rabatt geben wollen, dann können Sie z.B. eine Warenprobe (z.B. ein Stoffmuster o.ä.) oder auch nur ein Geldgeschenk von 1 Cent auf spenden. „Aber wird das nicht abgerissen?“ Nicht, wenn der Wert vor allem einen Bezug für den Adressaten hat.
  9. „Echte“ Postkarte? Globetrotter hat vor Jahren mal den Katalog in einem Umschlag mit exotischem Absender und Briefmarken verschickt. Eine Postkarte zum Beispiel von der Copenhagen Fashion Week kann wie eine Reisepostkarte wirken.
  10. Persönliche Ansprache – Typo? Sie haben nur wenig Fläche für Text. Kurze platte Aussagen in Akzidenzschrift wirken anders, als wenn Schreibschrift ein besonderes, „individuelles“ Angebot vermittelt.
  11. Augenführung: Ja, auch auf einer kleinen Bildfläche sollten Sie darauf achten, dass der Blick unbedingt zum „Call-to-Action“ führt.
  12. „Bitte wenden“: Das schönste Foto ist nichts ohne das erklärende Angebot – aber schon der kleine Akt des Drehens kann z.B. durch einen Hinweis darauf („Starke Marken – starker Rabatt! b.w.“) angeleitet werden.
  13. Briefmarke oder „Posthorn“ – diese Frage stellt sich heute nicht mehr wie früher. Dennoch ist eine Briefmarke noch immer und ich würde sogar sagen: immer mehr einen Test wert. Gerade auf Postkarten, die einen persönlichen Touch haben sollen.
  14. Personalisierung… Auch und gerade auf Postkarten ein wichtiger Aspekt. Sie haben wenig Möglichkeiten, wenn Sie die Infopost-Tarife erhalten wollen. Aber dennoch können Sie hier mehr Elemente als gedacht persönlich gestalten.

Also: Jeder Kanal hat Hebel, Schalter, Schrauben und Knöpfchen, mit denen Sie aus einem Stück Text ein Verkaufserlebnis machen können.

Ãœber den Autor:

Martin Groß-Albenhausen ist Chefredakteur und Herausgeber des renommierten Branchenmagazins “Der Versandhausberater” und einer der führenden Experten für Versandhandel, Direktmarketing und e-Commerce. Der Versandhausberater informiert seit 1961 Woche für Woche über aktuelle Trends und Entwicklungen im Versandhandel in Deutschland. Mehr Informationen finden Sie hier.

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