Wer das Muster für die Widerrufs- oder Rückgabebelehrung verwendet, sollte sich an den exakten Wortlaut halten. Bereits das Weglassen der Zwischenüberschriften kann dazu führen, dass die Belehrung undeutlich und damit die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wird, entschied der BGH.

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Der zugrunde liegende Fall, den der BGH (Urteil v. 01.12.2010, VIII ZR 82/10) jetzt abschließend geklärt hat, fand bereits im Jahr 2007 statt.

Am 26. Januar 2007 bestellte der Kläger bei der Beklagten einen PC für knapp 2.000 Euro und bezahlte diesen per Vorkasse. Am 14. Februar wurde dieser geliefert. Die beigefügte Rechnung enthielt unter der Überschrift “Widerrufsrecht” eine Belehrung, die u.a. wie folgt lautete:

“Verbraucher können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.”

Nach einigen Problemen erklärte der Verbraucher am 18. Juli 2007 per E-Mail den Rücktritt vom Vertrag und per Anwaltsschreiben vom 30. Juli 2007 erklärte er den Widerruf.

Klage auf Rückzahlung

Der Händler weigerte sich, die geleistete Zahlung zu erstatten, weswegen der Kunde Klage auf Rückzahlung erhob. Das Landgericht Gießen (Urteil v. 24.02.2010, 1 S 202/09) verurteilte den Beklagten auf Rückzahlung. Gegen dieses Urteil legte er Revision beim BGH ein. Diese hatte aber im Ergebnis keinen Erfolg.

Widerruf kam nicht zu spät

Das Landgericht hatte entschieden, dass der erklärte Widerruf nicht nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolgte, da diese gar nicht zu laufen begonnen hatte, weil der Unternehmer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt hatte.

Dieser Auffassung ist auch der BGH gefolgt. Der Senat hatte bereits entschieden (Urteil vom 9.12.2009 – VIII ZR 219/08), dass die Verwendung des Wortes “frühestens” den Verbraucher nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend über die Voraussetzungen des Fristbeginns belehrt.

Altes Muster war nichtig

Allerdings entschied das LG Gießen, dass sich der Unternehmer nicht auf die Verwendung des damals gültigen Musters berufen könne, weil dieses nichtig sei.

Auf die Frage, ob das alte Muster nichtig war oder nicht, komme es im vorliegenden Fall allerdings gar nicht, so der BGH, denn der Händler hatte dieses Muster gar nicht verwendet und konnte sich daher nicht auf die (alte) Privilegierung aus § 14 BGB-InfoV a.F. berufen.

Unzulässige Abweichung vom Muster

Gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügte eine Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen, wenn das Muster aus der Anlage 2 in Textform verwendet wurde.

Auf diese Schutzwirkung konnte sich allerdings nur berufen, wer das Muster wortwörtlich übernahm. Abweichungen waren lediglich hinsichtlich des Formats und der Schriftgröße erlaubt.

Die Belehrung des beklagten Händlers wich aber bereits inhaltlich vom Muster ab.

“Es fehlen die im Muster vorgeschriebene Überschrift “Widerrufsbelehrung” und die die Belehrung gliedernden Zwischenüberschriften “Widerrufsrecht”, “Widerrufsfolgen” und “finanzierte Geschäfte”. Stattdessen enthält die Widerrufsbelehrung der Beklagten nur die einzige Überschrift “Widerrufsrecht”.

Durch diese Überschrift wird verschleiert, dass der Verbraucher nicht nur ein Widerrufsrecht hat, sondern auch erhebliche Pflichten im Falle der Ausübung dieses Rechts.”

Belehrung war auf Verbraucher eingeschränkt

Außerdem begann die Belehrung des Beklagten nicht wie im Muster vorgesehen mit dem Wort “Sie”, sondern mit dem Wort “Verbraucher”.

“Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung (“Sie”), sondern ist abstrakt formuliert (“Verbraucher”), ohne den Rechtsbegriff Verbraucher zu erläutern.”

Einschränkung auf Verbraucher zulässig?

Gerade dieser letzte Halbsatz macht Hoffnung darauf, dass die Einschränkung des Widerrufsrechtes auf Verbraucher zulässig ist. Derzeit ist diese Frage ungeklärt. Das OLG Hamburg (Urteil v. 03.06.2010, Az: 3 U 125/09) hatte eine solche Einschränkung für zulässig erachtet, das OLG Stuttgart und das LG Kiel aber nicht. Gegen die Entscheidung aus Hamburg ist noch die Revision beim BGH anhängig.

Würde das Gericht diese Einschränkung jedoch generell für unzulässig erachten, würde das wohl auch so in diesem Urteil hier so stehen. Allerdings ist für die Revision aus Hamburg der 1. Zivilsenat (für Wettbewerbsstreitigkeiten) zuständig, sodass durchaus ein gegenteiliges Urteil gefällt werden könnte.

Deutliche Gestaltung der Belehrung

Aber bereits die äußere Gestaltung der Belehrung der Beklagten entsprach nach Ansicht des Senats “nicht annähernd” den Vorgaben des Musters.

“Durch das Fehlen der in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Überschrift “Widerrufsbelehrung” wird für den Verbraucher schon nicht hinreichend deutlich, dass die kleingedruckten Ausführungen unter der Überschrift “Widerrufsrecht” eine für den Verbraucher wichtige Belehrung enthalten, und zwar nicht nur über sein Widerrufsrecht, sondern auch über die mit der Ausübung des Rechtsverbundenen Pflichten.

Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt.

Es fehlten nicht nur die in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Zwischenüberschriften, sondern auch jegliche Absätze. […]

Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt in einer der Musterbelehrung entsprechenden Weise deutlich gestaltet wäre; dieses gilt insbesondere im Hinblick auf die Informationen über die für den Verbraucher nachteiligen Widerrufsfolgen.”

Aus diesen Gründen stellte der BGH fest, dass die vom Beklagten verwendete Belehrung erheblich vom Belehrungsmuster abwich, sodass er sich nicht auf die Privilegierung aus § 14 BGB-InfoV berufen konnte. Somit erfolgte keine ordnungsgemäße Belehrung und die Widerrufsfrist wurde nie in Gang gesetzt, der Verbraucher hatte damit sein Widerrufsrecht wirksam ausgeübt.

Fazit

Heute ist das Muster Bestandteil des EGBGB, sodass sich nicht mehr die Frage stellt, ob es überhaupt wirksam ist. Das Urteil erging zwar zum alten Muster in der BGB-InfoV, hat jedoch auch für derzeitige Muster Bedeutung. Auch heute steht im Gesetz (§ 360 Abs. 1 BGB), dass der Unternehmer den Verbraucher deutlich über das Widerrufsrecht zu belehren hat. Und diesem Erfordernis kann der Unternehmer durch die Verwendung der Belehrungsmuster des EGBGB nachkommen (§ 360 Abs. 3 BGB).

Lässt er jedoch die Zwischenüberschriften weg, so verwendet er aber gerade nicht das Muster aus dem EGBGB, sodass die “Deutlichkeitsprivilegierung” des § 360 Abs. 3 BGB nicht greifen kann und die Belehrung daher droht, schnell undeutlich zu werden, sodass die Widerrufsfrist für den Verbraucher niemals beginnt.

Shopbetreibern ist daher dringend zu empfehlen, das Belehrungsmuster aus dem EGBGB wortwörtlich zu übernehmen, inkl. aller Zwischenüberschriften. (mr)

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