bghIm Handel zwischen Unternehmern können grundsätzlich Netto-Preise genannt werden. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht, wenn sich die Werbung für ein Produkt an die Allgemeinheit richtet und nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch Verbraucher zu den Vertragspartnern gehören. Dies ist bereits der Fall, wenn der Werbende Anzeigen auf einer Plattform schaltet, die sich auch an Verbraucher richtet, entschied der BGH.

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Vor dem BGH (Urteil v. 29.04.2010, I ZR 99/08) stritten zwei Händler, die über die Internetplattform “mobile.de” Gebrauchtfahrzeuge vertrieben. Im August 2006 bot der Beklagte dort 10 gebrauchte Fahrzeuge an.

Die dem Angebot vorangestellte Preisangabe enthielt nicht die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) und war vom übrigen Fließtext abgesetzt. In diesem Fließtext befanden sich die Angaben „Preis Export-FCA“ oder „Preis-Händler-Export-FCA“, wodurch der Beklagte zum Ausdruck bringen wollte, dass kein Verkauf an private Endverbraucher erfolge.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Landgericht Freiburg hatte die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin beantragt,

„den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe von Endpreisen zu werben, welche die Mehrwertsteuer nicht enthalten, wie dies in den Anzeigen des Beklagten geschehen ist, die sich am 10. August 2006 auf der Internetseite www.mobile.de befanden.“

Das OLG Karlsruhe verurteilte den Beklagten in der Berufung zur Unterlassung. Das Gericht nahm sowohl einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV als auch eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 2 UWG 2004 (a.F.) an. Anschließend wurde das Verfahren vor dem BGH fortgesetzt.

Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien

Der BGH stellte zunächst klar, dass die Parteien Mitbewerber seien. Zwischen Ihnen bestand ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, da sie gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchten, sodass das beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen kann.

Das Wettbewerbsverhältnis setze nach dem BGH nicht voraus, dass beide Parteien auf der gleichen Vertriebsstufe tätig sind. Da beide auf der gleichen Internetplattform tätig sind, können Beeinträchtigungen der geschäftlichen Interessen der Klägerin durch die vermeintlich günstigeren Angebote des Beklagten nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Anzeigen richten sich auch an Privatkunden

Die Frage, ob sich ein Angebot nur an Unternehmer richtet oder auch an private Letztverbraucher, ist nach Auffassung des BGH aus Sicht der Adressaten der Werbung zu beurteilen. Darauf, an wen sich der Beklagte mit seiner Werbung richten wollte, komme es nicht an.

Bei für jeden zugänglichen Internetangeboten ist davon auszugehen, dass sie zumindest auch Privatkunden ansprechen, wenn sie nicht eindeutig und unmissverständlich beschränkt sind.

Beschränkung des Adressatenkreises

Diese eindeutige Beschränkung war bei den Fließtext-Angaben „Preis Export-FCA“ oder „Preis-Händler-Export-FCA“ nicht gegeben. Verbraucher würden die Hinweise nicht dahingehend verstehen, dass sich die Angebote ausschließlich an Händler richten.

„Der Beklagte muss, wenn er nur für Wiederverkäufer bestimmte Angebote in den öffentlich zugänglichen Bereich eines Internetportals stellt, einen deutlich hervorgehobenen und klar verständlichen Hinweis auf die Beschränkung anbringen (etwa “Verkauf nur an Händler”).“

Verstoß gegen PAngV

Da die beanstandete Werbung unter Angabe von Preisen erfolgte, findet die PAngV Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer die Fahrzeuge tatsächlich nicht an Verbraucher veräußert, da er mit seiner Werbung ohne USt den allgemeinen Verkehr – und somit auch Verbraucher – anspricht und diesen nicht ermöglicht, Preisvorstellungen anhand untereinander vergleichbarer Preise zu gewinnen.

Die fehlende Angabe des Endpreises ist somit geeignet, die Interessen der Mitbewerber und Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen, da Verbrauchern die Preisvergleichsmöglichkeit spürbar erschwert wird – und zwar unabhängig davon, ob Verbraucher nach einer Kontaktaufnahme erfahren, dass ein Verkauf nur an Händler erfolgt.

Gemeinschaftsrecht als Grundlage

Der BGH ist der Meinung, dass eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG nur vorliegen kann, wenn diese Regelung ihren Ursprung im EU-Recht findet. Dies ergäbe sich aus der UGP-Richtlinie 2005/29/EG (Erwägungsgrund 15).

“Soweit die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV die Unternehmer zur Angabe der Endpreise der Umsatzsteuer verpflichtet, hat sie ihre Grundlage in Art. 1 und 2 lit. a, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse.”

Irreführung des Verbrauchers

Somit liegt auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG vor, da dem Verbraucher die Preisvergleichsmöglichkeiten erschwert werde. Die beanstandete Werbung führt den Verbraucher aber auch irre, indem sie ihm wesentliche Informationen vorenthält, und verstößt so gegen § 5a Abs. 2 UWG.

„Im Streitfall erhält der Verbraucher, der sich – möglicherweise noch ohne konkrete Kaufabsicht – in einer bestimmten Preiskategorie über alle auf der Plattform eingestellten Angebote einer Fahrzeugart informieren möchte, kein zuverlässiges Bild über den Marktpreis. Die Angebote der Mitbewerber des Beklagten werden in ein ungünstiges Licht gerückt, weil deren Preise teuer erscheinen. Schon dies beeinträchtigt die Interessen der Mitbewerber und muss nicht hingenommen werden.“

Zudem könne nicht zuverlässig ausgeschlossen werden, dass der Beklagte nicht letztlich doch an einen Verbraucher verkaufe.

Fazit

Die Beschränkung auf den B2B-Handel bedarf eines deutlichen Hinweises. Kryptische Angaben in der Produktbeschreibung genügen dem nicht. Entscheidend ist, dass es auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ankommt. Auch ein in den AGB “versteckter” Hinweis darauf, dass sich das Angebot nur an Unternehmer richtet, genügt nicht.

Shopbetreiber, die nur an Händler verkaufen möchten, sollten auf einen deutlichen Ausschluss des B2C-Handels achten. Dies ist umso wichtiger, wenn über eine Internetplattform geworben wird, auf der auch viele Händler Verbraucher ansprechen möchten. Wie der BGH deutlich festgehalten ist, ist für die Relevanz einer irreführenden Werbung nämlich nicht ein tatsächliches Umsatzgeschäft nötig. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass die Werbung geeignet ist, die Interessen der Mitbewerber zu beeinträchtigen, indem sie deren Preise in ein ungünstiges Licht rückt. (mr)

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