In letzter Zeit berichteten wir über mehrere Urteile, die Empfänger von Newslettern Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zusprachen, da sie ungefragt Newsletter erhielten oder Abmeldung von diesen ignoriert worden sind. Jetzt hat auch der BGH entschieden, dass bereits das einmalige Zusenden einer Werbemail rechtswidrig ist.
Der BGH (Beschluss v. 20.05.2009, Az: I ZR 218/07 – “E-Mail-Werbung II”) hatte über die Frage zu entscheiden, ob bereits das einmalige Zusenden einer Werbe-Mail rechtswidrig ist und der Empfänger somit einen Unterlassungsanspruch gegen den Absender hat.
Beklagte versandte 15-seitige Werbe-Mail
Stein des Anstoßes war eine E-Mail, welche auf insgesamt 15 Seiten Informationen für Kapitalanleger enthielt. Die Empfängerin war eine Gesellschaft, welche eine Rechtsanwaltskanzlei betrieb. Diese mahnte den Absender am 23.02.2006 ab. Allerdings verweigerte der Absender die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Er erklärte lediglich, dass sie in Zukunft auf die Versendung verzichten werde.
Landgericht gibt Klage statt
Aufgrund der Weigerung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, klagte die Gesellschaft gegen den Absender des Newsletters und bekam vor dem Landgericht Frankfurt am Main Recht.
Berufung hatte Erfolg
Gegen dieses Urteil wandte sich der Absender des Newsletters mit der Berufung. Das OLG Frankfurt gab dem Beklagten Recht und hob das zuvor ergangene Urteil des LG auf, lies aber die Revision zu.
Verfahren landet vor dem BGH
Die Klägerin legte auch Revision ein, sodass sich der BGH zu dieser Frage zu entschieden hatte. Während des Revisionsverfahrens wurde die klagende Gesellschaft, welche die Rechtsanwaltskanzlei betrieb, aufgelöst. Die streitenden Parteien erklärten das Verfahren in der Hauptsache daher für erledigt und der BGH hatte nur noch über die Kosten zu entscheiden.
“Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Revisionsverfahrens zu berücksichtigen.”
Klägerin stand ein Unterlassungsanspruch zu
Zwar konnte die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nicht aus dem UWG ableiten, da es an einem Wettbewerbsverhältnis fehlte, der Anspruch stand ihr jedoch gemäß § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu.
Zwei Meinungen in der Rechtssprechung
Bei seiner Urteilsbegründung setzte sich der BGH mit den zwei gegensätzlichen Meinungen zu dieser Frage in Literatur und Rechtssprechung auseinander.
So verneinte das Amtsgericht Dresden einen Unterlassungsanspruch wegen einmaliger Zusendung von Werbemails.
Das KG Berlin, sowie die OLG München, Düsseldorf, Bamberg, Naumburg und das LG Berlin bejahten einen entsprechenden Anspruch.
Einmaliges Zusenden ist ein Eingriff in den Gewerbebetrieb
Dieser Meinung schloss sich auch der BGH an und sah bereits in der einmaligen Zusendung einer Werbe-Mail einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
“Unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung beeinträchtigt regelmäßig den Betriebsablauf des Unternehmens. Mit dem Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails ist ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden. Zudem können, soweit kein festes Entgelt vereinbart ist, zusätzliche Kosten für die Herstellung der Online-Verbindung und die Ãœbermittlung der E-Mail durch den Provider anfallen.”
Gesamtes Spam-Aufkommen ist zu betrachten
Dabei erkennt der BGH durchaus, dass der Aufwand für eine einzelne Mail durchaus gering sein kann.
“Anders fällt die Beurteilung aber aus, wenn es sich um eine größere Anzahl unerbetener E-Mails handelt oder wenn der Empfänger der E-Mail ausdrücklich dem weiteren Erhalt von E-Mails widersprechen muss. Mit der häufigen Ãœbermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Ãœbermittlung einzelner Mails zulässig ist.”
Übermittlung ist grundsätzlich rechtswidrig
Dieser Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin musste auch rechtswidrig sein, um einen Unterlassungsanspruch zu begründen. In dieser Frage zieht der BGH die Grundsätze aus dem UWG heran, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.
“Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Ãœbersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig.”
Der Streitwert des Revisionsverfahrens betrug 6.000 Euro.
Fazit
Jeder, der sich des Newsletters als Marketing-Instrument bedient, sollte unbedingt seine Datenbank pflegen. Wenn der Absender keine vorherige Einwilligung der Empfänger hat, sollte er auf den Versand von Werbe-Mails verzichten. (mr)
Guten Tag,
ab wann ist eine Werbe-Mail eine Werbe-Mail?
Wenn ich in der Vergangenheit etwas von vielen verschiedenen Verkäufern gekauft habe (von privaten, als auch von gewerblichen, ich bin selbst gewerblich) und auch schon länger keinen Kontakt mehr hatte (Kontakt war immer per E-Mail), zählt dann eine E -Mail mit der Nachfrage, ob es wieder etwas für mich zu kaufen gäbe oder in naher Zukunft, als Werbe-Mail?
Bzw. spricht etwas gegen eine solche Nachfrage?
Guten Tag,
die Diskussion ist zwar schon etwas älter aber für uns aktuell von Belang.
Soweit ich weiß erlaubt das UWG §7 Abs. 3 die Zusendung von Emails an Bestandskunden auch ohne Opt-In sofern die in der Werbung angebotenen Produkte “aus Sicht des Kunden” ergänzend oder austauschbar zum ursprünglichen Kauf sind.
Dies ist meines Erachtens nach sehr weit gefasst da zB ein Wäschetrockner ergänzend zur Waschmaschine aber auch zu Modeartikeln sein könnte (ginge zB bei Otto) oder eine Tulpe zu einer Rose oder einem Gewächshaus (Gartenversender).
Hat da jemand Erfahrungen mit gemacht bzgl. Kundenreaktionen oder Gerichtsurteilen?
Nach BGH AZ IR 75/06 sind Werbe-Mails erlaubt, wenn der Empfänger seine E-Mail-Adresse angibt.
Was gilt nun eigentlich? Ist es nun zulässig oder nicht??
Das von Ihnen angesprochene Urteil (I ZR 75/06) beschäftigt sich mit Fax-Werbung, die einem Unternehmer zugeschickt wurde, nachdem er seine Faxnummer in einer Werbeanzeige bzw. in einem frei verfügbaren Verzeichnis angegeben hatte. Aus diesem Grund nahm der BGH eine konkludente Einwilligung in Fax-Werbung an. Bei dem hier besprochenen BGH-Urteil ging es um E-Mail-Werbung, die dem Kläger einfach so zugeschickt wurde. Die E-Mail-Adresse war nicht in irgendwelchen Verzeichnissen eingetragen. Auch die Angabe der E-Mail-Adresse auf der Homepage eines Unternehmers stellt keine solche Einwilligung dar, weil der Unternehmer hiermit lediglich eine gesetzliche Pflicht erfüllt.
Wer Risiken vermeiden will, sollte es unterlassen, Werbung an Empfänger zu verschicken, die keine ausdrückliche Einwilligung erteilt haben.
Ich habe eine eigenständige Frage, die nichts mit dem Blog zu tun hat.
Ich bin Privatperson und war ein- oder zweimal Kunde bei medimops. Das ist jetzt ca. ein halbes Jahr her. Seither bekomme ich immer wieder werbemails “Newsletter” über alle möglichen Titel. Die interessieren mich aber nicht. Zur Zeit bekomme ich täglich werbemails. Eine Möglichkeit, sie abzubestellen, oder besser, mir die Zusendung zu verbitten, gibt es auf den newslettern nicht. Ich werde aufgefordert, auf der Website von medimops in meine Kontodaten zu gehen, die ich zweifelsfrei dort habe, und dort den Newsletter abzubestellen. Was ich schon mehrfach getan habe. Trotzdem bekomme ich die newsletter weiter. Täglich. Im Impressum gibt es nur eine Servicenummer, die ich ebenfalls angerufen habe mit der Aufforderung, die Zusendung einzustellen. Die Dame sagte mir, dies müsse ich schriftlich an die Geschäftsleitung richten. Darf der Versender solche Stolpersteine aufrichten und wäre das nicht ein Fall für eine Abmahnung?