Vor wenigen Wochen gab es bei Otto im Online Shop eine erhebliche Panne: MacBooks im Wert von 1.600 Euro wurden für knapp 50 Euro angeboten. Ob Otto liefern muss, beschäftigt derzeit noch die Juristen. Quelle machte einen ähnlichen Fehler und muss nach zwei Entscheidungen des AG Fürth liefern.
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Bei der Otto-Panne ist noch unklar, ob ein Vertrag zwischen den Käufern und Otto überhaupt zustande gekommen ist. Mehrere Verbraucher kündigten rechtliche Schritte an. Gegen das Versandhaus Quelle liegen aber schon Urteile vor.
Fernseher falsch ausgepriesen
Die Geschichte ist schon etwas älter. Vor etwa einem Jahr wurde Quelle zur Lieferung eines Fernsehers zum Preis von 199 Euro statt 1.999 Euro verurteilt (Shopbetreiber-Blog berichtete). Das AG Fürth setzte diese Rechtsprechung nun fort und verurteile Quelle Anfang August 2009 erneut zur Lieferung zum “falschen” Preis (Az: 310 C 2349/08 und 360 C 2779/08 sowie 360 C 2932/08).
Keine Anfechtung möglich
Eine Anfechtung der Vertragsannahmen war in diesen Fällen nicht möglich, da Quelle bereits vor Annahme des Vertrages von dem Fehler wusste, entschied das Gericht.
“Mithin wusste die Beklagte schon zwei Tage vor Fertigung und Versand dieses Schreibens und einige Stunden vor Generierung und Absendung ihrer E-Mail […], dass die von ihr in Gang gesetzte, bediente und beherrschte Maschine bei Bestellungen eines Kunden vor dem Wirkungszeitpunkt entsprechender Preiskorrektur in der Nacht zum 26.09.2007 und bei Lieferbarkeit des Produkts E-Mails mit bekanntem Inhalt mit einem Kaufpreis von 199,99 Euro pro Gerät generiert und absendet.”
Quelle hätte handeln können
Die Richter sahen die Schuld hier bei der Beklagten. Diese hätte schließlich in diesen Prozess eingreifen können.
“Diesem Prozess musste die Beklagte nicht handlungsunfähig, quasi gefesselt, zusehen. […]
Briefe kann man über dies aufhalten, bevor diese den eigenen Herrschaftsbereich verlassen.”
Mängel in der kaufmännischen Organisation
Der Richter begründete die Entscheidung weiter damit, dass Mängel in der kaufmännischen Organisation dem Kaufmann zuzurechnen sein. Gerade bei einem Großunternehmen könne man eine Betriebsstruktur erwarten, die das schnellstmögliche Beschaffen von Daten von Kunden ermöglicht, um ihnen gegenüber die Anfechtung zu erklären.
Das Schreiben in diesem Fall wurde erst 10 Tage, nachdem es verfasst wurde, auf den Weg zum Kläger. Das war zu spät – Quelle muss zum “falschen” Preis liefern.
Quelle: Pressemitteilung von RA Clemens Bergfort v. 21.08.2009
Ich finde es ausgesprochen problematisch, wenn natürliche menschliche Schwächen in Bagatellfällen juristische Folgen haben. Unachtsamkeit, Konzentrationsschwäche, Irrtum, eben das bekannte Oops, sind Fehler, die jedem Menschen passieren können. Vor allem bei 35°C. Kleinere Betriebe können an soetws Konkurs gehen. Wer das ausnutzt, handelt zwar auch aus einer menschlichen Schwäche heraus, aber eine zivilisierte Gesellschaft muss dann regulierend eingreifen.
Anderenfalls erstarrt unsere Wirtschaft irgendwann, weil sich aus Angst vor exitstenzgefährenden Folgen niemand mehr traut sich zu bewegen. Wir z.B. versenden keine Newsletter, E-Mail-Werbung, Feiertags-, Geburtstagsgrüße und Ähnliches mehr, weil es juristisch zu riskant ist.
@Michael Vieten: Das war hier nicht der Fall. Es ging nicht darum, dass ein Tippfehler ausgenutzt wurde, in einem solchen Fall hätte der Händler den Vertrag ohne Weiteres anfechten können. Vielmehr hatte Quelle des Irrtum über Wochen nicht bemerkt und sogar noch einmal ein neues Angebot wieder mit dem (offensichtlich) falschen Preis gemacht. Nur deswegen wurde dieser Fall so entschieden. Ansonsten können menschliche Schwächen durchaus durch eine Irrtumsanfechtung korrigiert werden. Man muss eben jeden einzelnen Fall genau analysieren.