screenshot_ebay_2.jpgDie Frage, ob auf eBay statt des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht eingeräumt werden kann, ist ein Dauerbrenner. Die überwiegende Rechtsprechung hält dies für unzulässig. Nun hat sich das LG Berlin von einem eigenen früheren Urteil abgewandt und die Zulässigkeit der Einräumung eines Rückgaberechts auf eBay bestätigt.

Lesen Sie mehr über diese Kehrtwendung in Berlin in unserem Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Urs Verweyen.

Neben der Frage nach der “richtigen” Widerrufsfrist auf eBay ist die Frage, ob auf eBay statt des Verbraucherwiderrufsrechts vom Verkäufer ein Rückgaberecht eingeräumt werden kann, ein Dauerbrenner. Auch hier im Shopbetreiber-Blog wurde schon dazu berichtet.

Die (noch?) überwiegende Rechtsprechung hält dies aufgrund des auf eBay gegenüber einem “normalen” Webshop abweichenden Prozedere des Vertragsschlusses für unzulässig. Auch ein regelrechter Sturmlauf von Juristen und Vertretern von Shopbetreibern konnte daran bisher kaum rütteln, wenngleich nicht vernünftig zu erklären ist, warum für einen Online-Kauf über eBay andere Regeln gelten sollen, als bei sonstigen Shops.

Ende letzten Jahres hatte zunächst (soweit ersichtlich: als erstes und bis dato einziges Gericht) das LG Düsseldorf die Phalanx der bisher einheitlichen “Dagegen”-Rechtsprechung durchbrochen und die Einräumung eines Rückgaberechts als zulässig erachtet (Beschluss vom 20.11.2008, Az. 38 O 61/08).

Landgericht Berlin vollzieht glatte Kehrtwendung

Nunmehr hat sich auch das LG Berlin von einer eigenen früheren Entscheidung (Beschluss vom 7.5.2007, Az. 103 O 91/07) abgewandt und die Zulässigkeit der Einräumung eines Rückgaberechts auf eBay bestätigt (LG Berlin, Urteil vom 25.05.2009, Az. 52 0 405/08):

“Hinsichtlich der Belehrung über ein Rückgaberecht [auf eBay] besteht dagegen kein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin … “

Dieses Urteil ist schon allein deswegen bemerkenswert, weil sich das LG Berlin eine eigene Begründung weitgehend erspart und stattdessen auf einen bisher nicht veröffentlichten Hinweis des Kammergerichts (Az. 5 U 170/08) verweist:

“Das Kammergericht hat in Bezug auf einen vergleichbaren Sachverhalt … zur grundsätzlichen Frage, ob über eBay das gesetzliche Widerrufsrecht durch ein Rückgaberecht ersetzt werden kann, … ausgeführt, [dass] der Senat … [es] für möglich [erachtet,] ein Rückgaberecht auch beim Verkauf über eBay statt eines Widerrufsrechts zu gewähren. …

Dieser auch im Schrifttum wohl überwiegend vertretenden Auffassung schließt sich die Kammer [des Landgerichts] aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit unter Aufgabe ihrer Rechtsprechung nunmehr an. … die Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht [ist] … zulässig”

Kammergericht findet deutliche Worte

Das Kammergericht spricht in dem vom LG Berlin zitierten Hinweis deutlich aus, dass die kleinliche Differenzierung zwischen eBay und “normalen” Online-Geschäften, die ihren tatsächlichen Grund wohl allein in juristischer Spitzfindigkeit und unsauberer Gesetzgebung hat, auch vom Gesetzgeber so nicht gewollt war:

“Dies [die Gleichstellung von eBay, mit anderen Online-Geschäften] entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers …”.

Es führt weiter aus, dass

“der Wortlaut des § 356 Abs. 1 BGB … dem nicht entgegen [steht]. Soweit dort ‘beim Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospektes’ formuliert ist, ist dies naheliegend als ‘im Falle’ zu verstehen, eine klare zeitliche Regelung wie in § 357 BGB (‘spätestens bei Vertragsschluss’) liegt gerade nicht vor.

Das Rückgaberecht muss zwar im Vertrag vereinbart werden (Abs. 1 Satz 1), von der ‘Einräumung in Textform’ (Abs. 2 Nr. 3) hängt aber lediglich die Wirksamkeit dieser Vereinbarung ab; es handelt sich aus Sicht des Senats insoweit um eine aufschiebende Bedingung.”

Abschließend befindet das Kammergericht, dass

“Bedenken der Rechtssicherheit … nicht entscheidend entgegen [stehen], in der Praxis wird der eBay-Verkäufer in aller Regel bestrebt sein, die Vereinbarung des Rückgaberechts umgehend in Textform zu bestätigen.”

Belehrung zum Rückgaberecht in AGB ausreichend

Das Landgericht hatte sich auch noch mit der Frage zu befassen, ob die Beklagte ausreichend deutlich über das Rückgaberecht informiert hatte, in dem sie die Belehrung in ihre AGB integrierte. Auch dies wurde vom Landgericht bejaht:

“Soweit sich die Antragstellerin zusätzlich darauf berufen will, durch Aufnahme der Rückgabeklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei die Belehrung über das entsprechende Rückgaberecht zumindest nicht ‘hinreichend deutlich’ kann dem nicht gefolgt werden….”

Streitwert: 5.000,- EUR

Den Streitwert hatte das LG Berlin mit 10.000,- EUR festgesetzt, wobei allerdings neben der hier diskutierten Frage auch eine unzulässige AGB-Klausel streitgegenständlich war. Aufgrund der Kostenquote lässt sich aber folgern, dass je AGB-Klausel bzw. für das Rückgaberecht allein 5.000,- angesetzt worden wären.

Keine Entwarnung, aber…

Trotz dieser insgesamt sehr erfreulichen Entscheidung kann Entwarnung (noch) nicht gegeben werden. Denn durch den fliegenden Gerichtsstand bei Wettbewerbsverstößen im Internet kann ein Abmahnender sich meist das ihm “genehme” Landgericht aussuchen.

Allerdings dürften insb. die Ausführungen des Kammergerichts auch andernorts Gehör finden und es ist zu hoffen, dass die Gerichte nunmehr zügig eine einheitliche Linie entlang dieser Vorgaben finden.

Jedenfalls ist bereits bei dem Oberlandesgericht Hamburg unsere Berufung gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg (Rückgaberecht auf eBay demnach unzulässig) rechtshängig, so dass auch von dort bald Neues zu berichten sein dürfte.

Rechtsanwalt Dr. Urs Verweyen, HERTIN Anwaltssozietät Berlin (www.hertin.de)

Zur Person und Kanzlei

verweyenRechtsanwalt Dr. Verweyen war vor seine Tätigkeit als Rechtsanwalt mehrere Jahre als Unternehmensberater bei McKinsey & Company tätig und hat so viele Unternehmen “von innen” kennen gelernt. Als Rechtanwalt ist er spezialisiert auf die Bereiche Wettbewerb/Werbung, Internet/eCommerce, Medien und gewerbliche Schutzrechte. Er betreut, vertritt und verteidigt u.a. ständig mehrere Webshops, Portale und andere Internetunternehmen. Die HERTIN Anwaltssozietät (www.hertin.de) ist eine auf den gewerblichen Rechtsschutz (v.a. Urheber-, Marken-, Design- und Patentrecht) sowie das Internet- und Wettbewerbsrecht spezialisierte Wirtschaftskanzlei mit Sitz in Berlin.

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