Landgericht Berlin dreht Abmahner den Geldhahn zu

geldhahnWir wollen Ihnen nicht die Entscheidung des Landgerichts Berlin vorenthalten, welches scharfe Worte für einen Abmahner gefunden hat, der äußerst dreist gegen Mitbewerber vorging. Die Entscheidung freut alle, die gegen den Rechtsmissbrauch von Abmahnungen kämpfen, ärgert aber all jene, die mit massenhaften Abmahnungen ihre schlecht laufenden Kanzleien und Shops finanzieren müssen.

Lesen Sie hier mehr über einen besonders dreisten Fall.

Das LG Berlin hat mit Beschluss vom 30. April 2009 (Az: 96 O 60/09) einen Antrag auf einstweilige Verfügung mit der Begründung abgewiesen, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches rechtsmissbräuchlich geltend gemacht wurde.

Was ist Rechtsmissbrauch?

Zunächst beschäftigte sich das Gericht im Allgemeinen mit der Frage, was der Begriff des Rechtsmissbrauches i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG bedeutet. Dieser liege vor, wenn der Antragssteller mit der Geltendmachung des Anspruches überwiegend sachfremde Ziele, die für sich gesehen nicht schutzwürdig sind, verfolgt und diese die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung sind.

Dabei sei es unerheblich, ob daneben auch noch legitime, wettbewerbsrechtliche Interessen verfolgt werden.

Typisches Beispiel: Mit Abmahnungen Geld verdienen

Bereits in § 8 Abs. 4 UWG steht als typisches Beispiel für den Rechtsmissbrauch die Geltendmachung eines Anspruches, wenn dieser vorwiegend dazu dient, gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Erstattung der eigenen Rechtsanwaltskosten zu erlangen.

Im vorliegenden Fall hatte der Abmahner mit seinem Anwalt eine Honorarvereinbarung, in der pro Abmahnung eine gewisse Pauschale vereinbart war. In den Abmahnungen selbst wurde dann aber nach Streitwerten und dazugehörigen gesetzlichen Gebühren abgerechnet. Diese Gebühren überstiegen die Honorarvereinbarung bei Weitem. Das bestätigte der Abmahner selbst in einer eidesstattlichen Versicherung.

Nur tatsächliche Aufwendungen sind zu ersetzen

Hierzu entschied das Gericht zunächst, dass nur tatsächlich entstandene Aufwendungen zu ersetzen sind. Dies ergebe sich unmittelbar aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. So hatte auch schon das OLG Hamburg mit Urteil v. 12.11.2008 (Az: 5 U 245/07) entschieden.

Gewinnerzielungsabsicht liegt auf der Hand

Da die Abmahn-Gebühren immer nach Streitwerten abgerechnet wurden, wurde vom Abgemahnten mehr Geld verlangt, als eigentlich an Aufwendungen entstanden war. Daher gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass hier eine Gewinnerzielungsabsicht auf der Hand liege.

"Ein Gewinnerzielungsinteresse entweder des Antragsstellers selbst oder seines Rechtsanwaltes liegt damit auf der Hand."

Abmahner wusste von nichts

Das Gericht wies auch die Behauptung zurück, der Abmahner hätte vom Gebaren seines Rechtsanwaltes nichts gewusst.

"§ 8 Abs. 4 UWG differenziert nicht danach, ob der Anspruchsberechtigte selbst zur Gewinnerzielung handelt oder ob er - wissentlich oder unwissentlich - einem Dritten die Möglichkeit bietet, Gebühren zu erzielen."

Rechtsmissbrauch ist offensichtlich

Das Gericht lies in dem Verfahren keine Argumente gegen das Indiz des Rechtsmissbrauches gelten. Es sei hier vielmehr derart deutlich hervorgetreten, dass das Gebührenerzielungsinteresse die eigentliche Triebfeder des Abmahners und seines Rechtsanwaltes war, dass dieses Indiz auch nicht damit entkräftet werden kann, dass daneben noch legitime Interessen verfolgt würden.

"Das damit in einer Weise, die kaum deutlicher sein könnte, vorliegende Indiz für eine Missbräuchlichkeit des Vorgehens, wird nicht dadurch entkräftet, dass ein Gebührenerzielungsinteresse bezüglich des gerichtlichen Verfahrens nicht offensichtlich ist. Angesichts der Stärke des Indizes ist es für die Entscheidung auch ohne Belang, ob der Antragssteller selbst mit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes daneben auch legitime Ziele verfolgt."

Fazit:

Selten hat man derart dreiste Abmahner gesehen, die auch noch vor Gericht zugeben, mit dem Anwalt eine Honorarvereinbarung getroffen zu haben, die weit unter den geltend gemachten Gebühren liegt.

Zum Glück legte hier auch das LG Berlin Sensibilität an den Tag und zeigte damit einem weiteren Abmahnduo die Grenze, so wie vor ihm schon das LG Bückeburg (Urteil v. 22.04.2008, Az:  2 O 62/08), das OLG Hamm (Urteil v. 24.03.2009, Az: 4 U 211/08), das LG Paderborn (Urteil v. 03.04.2007, Az: 7 O 20/07) und auch das LG Bielefeld (Urteil v. 02.06.2006, Az. 15 O 53/06).

Den Volltext der Entscheidung des LG Berlin v. 30.04.2009, Az: 96 O 60/09 können Sie hier abrufen. (mr)

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19.05.09