Das Versandhaus Quelle muss zwei 1.999,99 € teure Fernseher für jeweils 199 € liefern. Das entschied das AG Fürth (Az.: 340 C 1198/08). Grund: die Artikel waren im Onlineshop versehentlich falsch ausgezeichnet. Gleichwohl forderte Quelle den Kunden in Kenntnis des Irrtums zur Zahlung des Kaufpreises per Vorkasse auf. Damit sei ein Vertragsangebot über diesen Preis abgegeben worden, das mit Zahlung des Kunden angenommen wurde. Dieser Vertrag könne nicht von Quelle rückgängig gemacht werden, so das Gericht.
Lesen Sie mehr über den Quelle-Fall und die Möglichkeiten, falsche Preise wegen Irrtums anzufechten.
Immer wieder kommt es vor, dass bei der Eingabe von Preisen im Onlineshop Fehler unterlaufen, sei es durch Tippfehler oder falsche Übermittlung aus Produkt-Datenbanken. Wird der Irrtum rechtzeitig bemerkt, bevor die Bestellung des Kunden angenommen wird, ist der Händler nicht verpflichtet, die Ware zum Niedrigpreis zu liefern. Häufig werden Bestellungen jedoch automatisiert angenommen, z.B. indem eine E-Mail verschickt wird, mit dem der Kunde zur Zahlung des Kaufpreises aufgefordert wird.
Vertragsschluss durch Zahlungsaufforderung
Eine solche Zahlungsaufforderung kann der Kunde nach dem sog. objektiven Empfängerhorizont nur so verstehen, dass der Kaufvertrag geschlossen ist, selbst wenn es an anderer Stelle in der E-Mail heißt, es werde nur der Zugang der Bestellung bestätigt. Denn warum sollte der Kunde sonst zahlen, wenn er rechtlich noch gar nicht dazu verpflichtet ist? Der Händler hat in solchen Fällen nur eingeschränkte Möglichkeiten, den zustande gekommenen Vertrag wegen Irrtums anzufechten.
Irrtumsanfechtung nur selten möglich
Erst 2005 hat der BGH in einem Grundsatzurteil entschieden (Urteil v. 26.01.2005, VIII ZR 79/04), dass ein Online Händler im Falle einer irrtümlich falschen Kaufpreisauszeichnung im Online Shop, die auf einen Übermittlungsfehler zurückzuführen ist, einen bereits zustande gekommenen Kaufvertrag wegen Irrtums anfechten kann. Die Anfechtungsgründe sind jedoch sehr eingeschränkt. Nur wenn der Händler sich verschreibt bzw. vertippt oder die Abweichung durch eine fehlerhafte Software zustande kommt, kann er wegen eines sog. Erklärungsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 BGB anfechten.
Der nun entschiedene Fall lief noch anders ab, so zumindest die Einschätzung des Gerichts. Hier machte nicht der Kunde das Vertragsangebot, sondern Quelle, indem der Kunde geraume Zeit nach seiner Bestellung zur Zahlung aufgefordert wurde.
Vertragsangebot durch Zahlungsaufforderung
Im aktuell entschiedenen Fall fand ein 30 jähriger Feuerwehrmann aus Bochum im Onlineshop des Versandhauses Quelle ein Fernsehgerät der Marke Philips zum Preis von EUR 199,99 und bestellte am 25.09.2007 gleich zwei Geräte zum Gesamtpreis von EUR 419,93 inklusive Versandkosten.
Nachdem Quelle noch am gleichen Tag den Eingang der Bestellung und nach interner Bonitätsprüfung am 31.10.2007 die Lieferung gegen Vorkasse anbot, freute sich der Käufer schon über sein Schnäppchen.
Doch dann kam die Ernüchterung. Obwohl die geforderte Zahlung am 16.11.2007 bei Quelle einging, verweigerte das Versandhaus die Lieferung am mit dem Hinweis, dem beauftragten Mitarbeiterin sei bei der Preiseingabe ein Versehen unterlaufen. Tatsächlich laute der einzugebende Preis EUR 1.999,99.
Erfolgreiche Klage des Kunden
Der Feuerwehrmann wollte sich damit aber nicht zufriedengeben und suchte die Anwaltskanzlei Bergfort in Essen auf. Nach Prüfung der Rechtslage erhielt er den Rat, die Firma Quelle auf Lieferung der beiden Fernsehgeräte zu verklagen – Die Klage hatte Erfolg. Denn das Amtsgericht Fürth verurteilte Quelle jetzt zur Lieferung der beiden Fernsehgeräte (Az.: 340 C 1198/08).
Nach Auffassung des Gerichts stellt das erste Schreiben von Quelle, mit dem per E-Mail der Eingang der Bestellung bestätigt wurde, zwar noch keine Annahmeerklärung des Kaufangebots des 30 Jährigen dar.
Mit einem zweiten Schreiben hat Quelle aber den Abschluss eines Kaufvertrages über die beiden Geräte gegen Vorkasse angeboten. Dieses Angebot wurde konkludent durch Zahlung des Kunden angenommen, so das AG Fürth.
Art des Irrtums in diesem Fall unerheblich
Für das Gericht war es unerheblich, ob der im Internet genannte Preis auf einem Eingabefehler der zuständigen Mitarbeiterin beruhte und ob die später erklärte Anfechtung des Vertrages rechtzeitig war.
Entscheidend war, dass Quelle selbst eingeräumt hat, dass der von Quelle angeführte Eingabefehler bereits vor dem Kaufangebot, Lieferung gegen Vorkasse, entdeckt worden war. Geschieht dies in dieser Reihenfolge, kann es nicht auf einem Irrtum beruhen. Quelle hat sich die Kenntnis der Vertriebsabteilung, die unstreitig informiert war, zurechnen zu lassen.
Von der Richtigkeit dieser Entscheidung war auch die Firma Quelle überzeugt, sie nahm davon Abstand, gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Fürth Berufung einzulegen und hat die beiden Fernsehgeräte inzwischen geliefert. Da das alte Modell bereits ausgelaufen ist, bekam der Kläger sogar zwei modernere Flachbildschirme, so die Anwaltskanzlei Bergfort in Essen.
Möglichkeiten bei Preisirrtümern und Lieferschwierigkeiten
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH gibt es also unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, die Auftragsbestätigung bei falschen Preisauszeichnungen wegen Irrtums anzufechten. Es ist aber zu beachten, dass es sich dabei nur um Druck- oder Schreibfehler oder technisch bedingte Übermittlungsfehler handeln darf. So genannte Kalkulationsirrtümer sind unbeachtlich.
Unverzügliche Anfechtung bei Preisirrtümern
Wichtig und oft falsch gemacht: Bei einem „versehentlichen“ Vertragsschluss muss die Anfechtung unverzüglich erfolgen, d.h. sofort nach Bemerken des Irrtums. Eine Anfechtung erst nach drei Wochen ist auf jeden Fall zu spät. Lassen Sie die Anfechtung ggf. durch einen Rechtsanwalt formulieren.
Stornierung durch Sie, nicht den Kunden
Ebenfalls ein häufiger Fehler: Die Anfechtung muss zwar nicht als solche bezeichnet, aber klar erklärt werden, d.h. Sie müssen als Onlinehändler Ihre Erklärung anfechten. Falsch wäre es z.B., nur dem Kunden Stornierung der Bestellung anzubieten, wie dies häufig geschieht. Wenn dieser nicht stornieren will (was bei niedrigen Preisen wahrscheinlich ist), bleiben Sie zur Lieferung zum falschen Preis verpflichtet. (cf)
Quellen: Pressemitteilung der Anwaltskanzlei Bergfort, eigene Recherchen, Trusted Shops Praxishandbuch
Siehe auch: Netzzeitung: “Verklicken” zählt nicht
Das ist ja eine völlige verquere Logik. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn der Vertriebsabteilung bekannt war das der richtige Preis 1999,99 EUR war, dann kann es sich eben um nichts anderes als einen Erklärungsirrtum handeln wenn eine Mitarbeiterin dennoch ein Angebot für 199 EUR rausschickt.
Hier wurde zwar der selbe Fehler zweimal gemacht, bzw der erste Tippfehler aus dem Shop von der Bearbeiterin unkorrigiert übernommen. Das ändert aber eben nichts daran dass es ein Fehler war und deshalb die Anfechtung zu Recht erfolgt ist. Krasses Fehlurteil.
Sorry, aber wenn ich selbst laut diverser Rechtsratgeber den Vertrag erst mit Auslieferung der Ware zustande kommen lasse, sollte das auch so sein.
Aber nein, der Kunde kann ja machen was er will, und wenn er meint der Vertrag kommt eher zustande, dann wird das auch vor Gericht so gesehen?
Entweder es müssen sich Käufer und Verkäufer an Verträge halten, oder ich schenke dem Kunden gleich alles, weil er sich nicht an Verträge halten muss.
Aber es macht ja auch jedes Gericht, was es will.
Jeder Käufer kann einen heute wegen Kleinigkeiten verklagen, weil er im Rechtsschutz ist.
Was tut Trusted Shops in solchen Fällen?
Sie können den Vertrag mit Auslieferung zustande kommen lassen, dann dürfen Sie aber auch erst mit Auslieferung Zahlung verlangen. Trusted Shops prüft in diesen Fällen, ob tatsächliches Handeln und rechtliche Texte zusammen passen. Wenn in einer E-Mail steht: “Der Vertrag ist noch nicht zustande gekommen. Bitte zahlen Sie nun, wie vereinbart den Kaufpreis”, passt das nicht zusammen. Sie sagen ja selbst: der Käufer, der zahlen soll, muss sich an Verträge halten. Das setzt aber das Zustandekommen selbiger voraus, nur dann ist er verpflichtet, sich daran zu halten (= zu zahlen).
Das Problem ist ja schlicht und ergreifen, dass nahezu alle Shop-Systeme mit Bezahlverfahren “Vorkasse” nach dem Bestellvorgang gleich sagen, dass man bezahlen soll. Man müsste also – um das Problem zu lösen – nach der Bestellung nur sagen “Ihre Bestellung ist eingegangen und wird schnellstmöglich bearbeitet”. Anschließend schaut ein Sachbearbeiter drüber und lässt die nächste Mail mit der Zahlunsaufforderung erstellen.
Eigentlich einfach und logisch. Ich würde da jetzt nicht auf den Richter schimpfen, weil er ja nur den Text im Shop gelesen hat. Man wurde zur Zahlung aufgefordert, ergo hat den Vertrag direkt angeboten (Wie Carsten Fröhlisch ja ebenfalls schreibt).
Ergo: Shop-System anpassen oder ein Shop-System verwenden, der dieses Vorgehen unterstützt.
Erweiterung zum vorherigen Kommentar von mir: natürlich ist Quelle hier selber schuld, weil sie gepennt haben. Das finde ich aber gar nicht so interessant an dem Urteil, weil eben viele Shop-Systeme direkt das Bezahlverfahren “Vorkasse” anbieten. Da ist die Problematik ja fast noch extremer.
Ich finde es trotzdem erbärmlich, wenn die Kunden dann bei so einem offensichtlichen Fehler klagen. Die Kunden haben anscheinend überhaupt kein Problem damit, in die Kasse des Händlers zu greifen. Da sieht man wieder das Recht und Gerechtigkeit verschiedene Dinge sind.
Vor Jahren gab es mal ein Urteil, das genau solche falschen Auszeichnungen als nicht endgültig verbindlich ansieht. Heute so, morgen so.
Wann der Vertrag zustande kommt, kann man doch bestimmen, oder?
Wieso kommt mit Vorkasse-Zahlung ein Vertrag zustande?
Wir als Verkäufer müssen den Vertrag ja auch akzeptieren.
Und eine Zahlungsaufforderung kann nicht das selbe wie ein Vertragsschluss.
Sonst hätten ich mit diversen Versicherungen und Lotterien einen Vetrag, die mir eine Zahlungsaufforderung per Post zusenden.
Also kann nur die Zahlung als Vertrag gelten.
Aber muss ich die Zahlung akzeptieren?
Theoretisch kann mir ein Kunde irgendeinen Betrag überweisen, das heisst ja nicht, das der stimmen muss, oder das wir diese Bestellung oder Zahlung generell akzeptieren.
Hallo Udo, ja es gab nicht nur ein Urteil, sondern viele dutzend, die sich mit dem Vertragsschluss befassen oder auch, die sich mit der Anfechtung eines irrtümlich zustande gekommenen Vertrages befassen. Je nach konkreter Formulierung bzw. Sachverhalt: heute so, morgen so. Der Rest ist oben erläutert. Es geht – wie gesagt – nicht um die Zahlung des Kunden, die Sie nun beschreiben, sondern Ihre Aufforderung an den Kunden, zu zahlen, mit der Sie objektiv die Bestellung annehmen, auch wenn Sie es in den AGB anders definieren möchten.
AGB sind sehr häufig unwirksam, wenn sie von gesetzlich zwingendem Verbraucherschutzrecht abweichen, Sie können dort nicht alles nach Belieben regeln. Eine andere Frage ist, ob Sie einen einmal versehentlich geschlossenen Vertrag wieder anfechten können, wenn ein bestimmter, im Gesetz (nicht Ihren AGB) beschriebener Irrtum vorliegt. Auch dazu finden Sie alles im Beitrag oben.
> … sondern Ihre Aufforderung an den Kunden, zu zahlen, mit der Sie objektiv die Bestellung annehmen, auch wenn Sie es in den AGB anders definieren möchten.
Das Problem dabei ist aber immer, dass es in der Praxis anders aussieht.
Wenn ein Produkt ausversehen falsch ausgezeichnet ist, zahlt der Kunde natürlich gerne. Aber wie oft zahlt der Kunde nicht, obwohl ein Vertrag zustande gekommen ist?
Klar kann ich Mahnungen versenden oder auf meine Kosten einen Rechtsanwalt einschalten.
Aber mit welchem Ergebnis?
Wieviele E-Mail’s und Bestätigungen soll man noch versenden?
Demnächst muß man noch telefonisch nachfragen, ob die E-Mail auch angekommen ist. Es könnte ja sein, das der Provider pleite gegangen ist und keine E-Mail beim Kunden ankommen.
Der Verwaltungsaufwand wird immer größer, nur weil es keine klaren Regelungen gibt.
Wie kann es sein, dass was einmal Recht war, ein Jahr später nicht mehr Recht ist?
Da jeder das Recht in Deutschland hat alles in Frage zu stellen, oder anfechten zu lassen werden wir im Gegensatz zu anderen Ländern immer mehr in Regelungen und Bürokratie ersticken.
> Aber wie oft zahlt der Kunde nicht, obwohl ein Vertrag zustande gekommen ist?
Inwiefern spricht das dafür, den Vertrag erst später zustande kommen lassen zu wollen? Ohne Vertrag gibt es überhaupt keinen Zahlungsanspruch.
> Wieviele E-Mail’s und Bestätigungen soll man noch versenden?
Es reicht eine, die Bestellannahme.
> Wie kann es sein, dass was einmal Recht war, ein Jahr später nicht mehr Recht ist?
Das ist nicht so, sondern es gibt – wie gesagt – je nach Fall verschiedene Bewertungen. Man müsste wissen, auf welche Entscheidung Sie sich genau beziehen, so ist es etwas allgemein…
>> Aber wie oft zahlt der Kunde nicht, obwohl ein Vertrag zustande gekommen ist?
>> Inwiefern spricht das dafür, den Vertrag erst später zustande kommen lassen zu wollen? Ohne Vertrag gibt es überhaupt keinen Zahlungsanspruch.
Also wenn bei Vorkasse direkt eine Zahlungsaufforderung kommt, bin ja nicht nur ich als Verkäufer daran gebunden, sondern auch der Kunde.
Und bei Nachnahme gibt es keine Zahlungsaufforderung, da z.B. erst bei Erhalt der Ware gezahlt wird.
Der Vertrag kommt also immer anders zustande.
Es sei denn, man schreibt evtl. das der Vertrag mit Erhalt der Bestellbestätigung zustande kommt, aber die kann dann wie bereits geschrieben erst nach einer Prüfung manuell versendet werden.
Das werden 90% aller Shopsysteme so nicht können.
Ja, da haben Sie völlig Recht.
Hallo Herr Dr. Föhlisch,
ich habe in einem Trusted Shop Software zum ausgeschriebenen Preis von 59 € gekauft, d.h. bestellt und in der Kaufabwicklung per VISA bezahlt.
Daraufhin bekam ich per E-Mail einmal die Kaufbestätigung und dann noch von Moneybookers die Zahlungsbestätigung.
6 Stunden später bekam ich per Mail folgende Nachricht: “leider handelt es sich bei dem von uns angegebenen Preis um einen Zahlenverdreher.
Es sollte eigentlich 95€ heißen.
Wir können diese Bestellung daher nicht so ausführen und müssen diese leider von unserer Seite aus stornieren.
Wir bitten vielmals um Entschuldigung für die Umstände.
Die Zahlung geht in Kürze auf die Kreditkarte zurück.”
Wie verhält es sich in diesem Fall: War der Kaufvertrag durch die Zahlung schon abgeschlossen? Habe ich einen Anspruch auf Überlassung der Ware zum angegebenen Preis von 59 € oder muss ich mich mit der Stornierung durch den Shopbetreiber abfinden?
Vielen Dank für Ihre Einschätzung.
Richard