BundesregierungDas Bundeskabinett hat am 30.7.2008 den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beschlossen. Eines der Hauptziele des Gesetzentwurfs ist die Erweiterung der Informations- und Auskunftsrechte der Betroffenen, um die Tätigkeit von Auskunfteien und die von diesen praktizierten Verfahren, insbesondere die Scoringverfahren transparenter zu machen.

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In dem Entwurf werden die Regelungen des BDSG für die Tätigkeit von Auskunfteien der gestiegenen und weiter steigenden Bedeutung dieser Dienstleistung im modernen Geschäftsverkehr angepasst. Bedingt durch die Entwicklung neuer Formen von Konsumentenkrediten, die sofort und möglichst an der Kasse gewährt werden sollen, und des E-Commerce im Internet werden Kreditgeschäfte immer anonymer.

Dementsprechend werden vom Handel und von den Banken vermehrt Auskunfteiendienstleistungen in Anspruch genommen. Dabei spielen Verfahren, die das Kreditrisiko aufgrund abstrakter Kriterien berechnen – wie die sog. Scoringverfahren, eine zunehmend größere Rolle.

Verbesserte Auskunftsrechte 

In Zukunft sollen dem Betroffenen auf Wunsch die Informationen zur Verfügung gestellt werden, aus denen er ersehen kann, mit Hilfe welcher Daten eine ihn betreffende Entscheidung zustande gekommen ist. Dadurch wird ihm erleichtert oder teilweise sogar erst ermöglicht, fehlerhafte Daten zu korrigieren, Missverständnisse aufzuklären und seine Interessen sachgerecht gegenüber dem (potentiellen) Geschäftspartner zu vertreten.

Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble erklärte hierzu:

„Da sich in der Praxis gezeigt hat, dass insbesondere beim Einsatz der sog. Scoringverfahren die Verbraucher die von einer Auskunftei ihnen oder ihren potentiellen Vertragspartnern erteilte Auskunft oftmals nicht nachvollziehen können, ist die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns entstanden.

Ein Hauptziel des Gesetzentwurfs ist es daher, durch die Erweiterung der Informations- und Auskunftsrechte der Betroffenen gegenüber Auskunfteien und deren Geschäftspartnern die Tätigkeit von Auskunfteien transparenter zu machen.

In Zukunft sollen dem Betroffenen auf Wunsch die Informationen zur Verfügung gestellt werden, aus denen er ersehen kann, mit Hilfe welcher Daten eine ihn betreffende Entscheidung zustande gekommen ist. Dadurch wird ihm erleichtert oder teilweise sogar erst ermöglicht, fehlerhafte Daten zu korrigieren, Missverständnisse aufzuklären und seine Interessen sachgerecht gegenüber dem potentiellen Geschäftspartner zu vertreten.“ 

Selbst wenn die Verbraucher sich selbst um Auskunft bemühen, also von der Auskunftei eine schon heute mögliche sog. Selbstauskunft einholen, bleiben viele Fragen offen. Im Rahmen dieser Selbstauskunft erhalten die Betroffenen Auskunft über die zu ihrer Person von der Auskunftei zum Zeitpunkt der Anfrage gespeicherten Daten. Trotzdem bleibt die einem Geschäftspartner der Auskunftei erteilte Auskunft derzeit für den Betroffenen oftmals undurchsichtig, insbesondere wenn Auskunfteien bestimmte Daten nicht mehr selbst in ihrem Datenbestand vorhalten, sondern bei Bedarf automatisiert von anderen zukaufen.

Mehr Transparenz bei Scoring-Verfahren 

In diesen Fällen geht ein Auskunftsbegehren des Betroffenen heute nämlich ins Leere, da die Auskunftei oftmals zugekaufte Daten sofort wieder löscht, nachdem sie sie benutzt hat. Aber auch sonstige, im Zeitpunkt der Unternehmensauskunft oder der Scoreberechnung genutzte Daten erfährt der Kunde nicht. Auf diese Weise wird den Verbrauchern die Möglichkeit genommen, die Basis der z.B. einem Mobilfunkunternehmen erteilte Auskunft kontrollieren oder korrigieren zu können. Aber auch im Übrigen soll in Zukunft mehr Transparenz zugunsten der Verbraucher einkehren.

Dazu gehört, dass zukünftig den Verbrauchern in allgemein verständlicher Form erklärt werden muss, wie ein konkreter Scorewert zustande gekommen ist. Wenn ein Verfahren zur Kreditprüfung in seinen wesentlichen Teilen nur noch vom Computer abgewickelt wird, muss der Betroffene zudem das Recht haben, seinen Standpunkt einem Menschen gegenüber zu erklären, wenn sein Begehren vom Computer abgelehnt wurde und er damit unzufrieden ist.

„Von diesen verbesserten Auskunfts- und Informationsrechten der Betroffenen profitieren auch die Auskunfteien und die an diese angeschlossenen Unternehmen nicht unerheblich“, erläuterte der Bundesinnenminister.

“Durch eine entsprechende Rückmeldung des Betroffenen kann die ihm erteilte Auskunft dazu beitragen, dass fehlerhafte Daten korrigiert und der teilweise lückenhafte Datenbestand der Auskunfteien quantitativ und qualitativ verbessert wird.“

Mehr Rechtssicherheit für Unternehmen 

Daneben verfolgt der Gesetzentwurf das Ziel, durch die Einführung spezifischer Regelungen für bestimmte Datenverarbeitungen mehr Rechtssicherheit und dadurch verbesserte Planungsmöglichkeiten für Unternehmen zu schaffen. Gegenwärtig führen die mitunter sehr weiten Auslegungs- und Wertungsspielräume im BDSG nämlich zu sehr unterschiedlichen Rechtsauffassungen hinsichtlich der Zulässigkeit von bestimmten Datenverarbeitungen durch Auskunfteien und deren Geschäftspartner.
 
So soll z.B. hinsichtlich der Scoringverfahren mehr Rechtssicherheit durch die Einführung einer speziellen Rechtsgrundlage für ihre Durchführung geschaffen werden. Durch diese Vorschrift werden für Scoringverfahren, deren Ergebnis für Entscheidungen über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit dem Betroffenen verwendet werden, allgemeine Voraussetzungen einheitlich festgelegt. Danach müssen solche Verfahren insbesondere wissenschaftlich fundiert sein, d.h. sie müssen auf anerkannten mathematisch-statistischen Verfahren beruhen.
 
Aber auch die Rechtssicherheit bzgl. anderer Datenverarbeitungen soll durch die Schaffung klarerer gesetzlicher Verarbeitungserlaubnisse erhöht werden – so z.B. für die Übermittlung von Angaben über fällige, aber nicht beglichene Forderungen an eine Auskunftei. Die konkreten Anforderungen an die Zulässigkeit solcher Übermittlungen werden derzeit in der Praxis unterschiedlich beurteilt. Es wird immer wieder über Probleme berichtet, dass Daten zu schnell oder zu undifferenziert an eine Auskunftei übermittelt werden. Durch die neue Regelung werden nun konkrete Vorgaben festgelegt, die sicherstellen sollen, dass nur Daten übermittelt werden, die einen Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit oder –unwilligkeit des Betroffenen geben.

Klarheit bei Übermittlung an Auskunfteien

Unter einer klassischen Auskunftei ist ein Unternehmen zu verstehen, das geschäftsmäßig vorwiegend bonitätsrelevante Daten über Unternehmen und Privatpersonen sammelt, um sie ihren Geschäftspartnern für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen gegen Entgelt zugänglich zu machen. Typische Geschäftspartner von Auskunfteien sind daher z.B. Kreditinstitute, Telekommunikationsdiensteanbieter und Versandhandelsunternehmen. Zunehmend schließen sich aber auch weitere Branchen wie die Wohnungs- oder Versicherungswirtschaft an das klassische Auskunfteiensystem an.
 
Im Rahmen ihrer Tätigkeit bieten Auskunfteien zunehmend den Einsatz von Scoringverfahren an, mit denen sie das Ausfallrisiko für einen Kredit bei einer bestimmten Person berechnen. Scoring ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, mit dem die Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Person ein bestimmtes Verhalten – z.B. Zahlungsverhalten – zeigen wird, berechnet werden kann. Diese Wahrscheinlichkeit wird angegeben durch den sog. Scorewert.

In der Praxis werden dabei Erfahrungen, die sich statistisch auf eine bestimmte Konsumentengruppe beziehen, auf einen möglichen Kunden projiziert hinsichtlich der Höhe des Risikos, ob dieser seine Schuld bezahlt oder nicht. Das ist ähnlich den Erfahrungen, die ein Kreditsachbearbeiter aus der Vergangenheit hat, und nun „mit diesen Augen“ einen neuen Kunden einschätzt. Der Unterschied ist allerdings, dass sich das mathematisch-statistische Verfahren auf einen viel größeren Erfahrungsschatz stützen kann.

Dem trägt der Gesetzentwurf dadurch Rechnung, dass er dem Kunden die Möglichkeit einräumt, sich den Score individuell erklären zu lassen und dass er in jedem Falle immer dann, wenn die für ihn wesentlichen Entscheidungen maschinell getroffen wurden und er damit unzufrieden ist, einen menschlichen Ansprechpartner findet.

Vorbildliche Musterklausel im Trusted Shops Praxishandbuch

Eine Musterklausel für die Einwilligung zum Scoring enthält das Trusted Shops Praxishandbuch. Diese Klausel wurde bereits im Jahr 2005 im Rahmen des Forschungsprojekt Scoringsysteme zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit – Chancen und Risiken für Verbraucher – erstellt vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) positiv hervorgehoben. Auf S. 45 der Studie (Download, ca. 6,6 MB) heißt es:

“Ein eher positives Beispiel in Hinblick auf Informationsgehalt, Kürze und Wahlfreiheit ist die Musterformulierung des Trusted Shops Praxishandbuches. (Trusted Shops GmbH (Hrsg.), Trusted Shops Praxishandbuch – Praxishilfen und Musterformulierungen für Online-Shop Betreiber, von T. Hoeren und C. Föhlisch, Stand 10/2005, S. 23)”

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Quelle: Pressemeldung des Bundesministeriums des Innern v. 30.7.2008, eigene Recherche

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