Auf eine Anfrage der Partei “Die Linke” im Bundestag hat die Bundesregierung erklärt, das Instrument der Abmahnung solle auf den Prüfstand gestellt werden. Die Fraktion wies in der Frage auf den misslichen Umstand hin, dass Händler bereits für leicht fahrlässige Rechtsverstöße mit empfindlichen Anwaltsforderungen konfrontiert sind. Konkrete Maßnahmen oder einen Zeitplan nennt die Bundesregierung allerdings nicht.
Lesen Sie hier mehr über die Anfrage und die Antwort der Bundesregierung zu Abmahnungen.
Bereits Ende Februar wurden die Anfragen der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (“Die Linke”) zu Maßnahmen der Bundesregierung zum Schutz der Bürger vor empfindlichen Anwaltshonorarforderungen abmahnender Anwälte für leicht fahrlässige Rechtsverstöße sowie zu Forderungen nach einer zwingenden Online-Registrierung abmahnender natürlicher und juristischer Personen seitens der Bundesregierung durch den parlamentarischen Staatssekretär Alfred Hartenbach beantwortet.
Die Abgeordnete Dr. Tackmann fragte zunächst nach allgemeinen Maßnahmen gegen Abmahnungsmissbrauch:
“Was wird die Bundesregierung angesichts der wiederholt in der Presse berichteten Abmahnungswellen tun, um Bürgerinnen und Bürger, aber auch Händler und Gewerbetreibende davor zu schützen, bereits für leicht fahrlässige Rechtsverstöße mit empfindlichen Anwaltshonorarforderungen abmahnender Anwälte konfrontiert zu werden?”
Dies beantwortet die Bundesregierung wie folgt:
“Abmahnungen gehören zu den allgemein anerkannten Mitteln der außergerichtlichen Streitbeilegung. Sie sind Teil des zivilrechtlichen Durchsetzungssystems des gewerblichen Rechtsschutzes, das sich in Deutschland bewährt hat. Der Bundesregierung ist hierbei bewusst, dass mit Abmahnungen auch Missbrauch betrieben werden kann.”
Um diesem entgegenzuwirken, habe der Gesetzgeber – zuletzt im Rahmen der Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) im Jahr 2004 – eine Reihe von Maßnahmen getroffen. So könnten u. a. die Kosten für eine Abmahnung dem Betroffenen nur dann auferlegt werden, wenn die Abmahnung berechtigt ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG).
Bei der Bemessung des Streitwerts sei es darüber hinaus wertmindernd zu berücksichtigen, wenn die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert ist oder wenn die Belastung einer der Parteien mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert angesichts ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse nicht tragbar erscheint (§ 12 Abs. 4 UWG). Zusätzlich sei erforderlich, dass die angegriffene Handlung den Wettbewerb nicht nur unerheblich beeinträchtigt (§ 3 UWG).
Bislang machen die Gerichte von diesen Möglichkeiten jedoch nicht ausreichend Gebrauch. Nur vereinzelt haben Gerichte wie das OLG Düsseldorf den Streitwert in Abmahnungsfällen derart stark reduziert, dass die Abmahnung für den abmahnenden Anwalt wirtschaftlich unattraktiv wird.
Von der Bagatellschwelle wird zwar zunehmend Gebrauch gemacht, wie z.B. vom 5. Zivilsenat des OLG Hamburg, der meinte, ein Händler müsse nicht klüger sein als der Gesetzgeber und könne für die Verwendung der amtlichen Musterbelehrung des Bundesjustizministeriums nicht abgemahnt werden. Aber längst nicht alle Gerichte sehen typische Anfängerfehler im Internet als Bagatelle an.
Die Bundesregierung verweist zwar auf die Wirkung der bereits vorhandenen Mechanismen, will aber gleichwohl das Instrument der Abmahnung noch einmal prüfen. Hierzu heißt es in der Antwort weiter:
“Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das Problem missbräuchlicher Abmahnungen durch diese gesetzlichen Vorkehrungen im Interesse der am Wirtschaftsleben Beteiligten deutlich entschärft wurde.
Sie wird das Instrument der Abmahnung und seine Anwendung in der Praxis aber darüber hinaus weiter intensiv beobachten und im Zusammenhang mit einer Evaluierung von UWG-Regelungen auf den Prüfstand stellen.”
Weiterhin fragte die Abgeordnete Dr. Kirsten Tackmann nach Plänen einer “zwingenden Online-Registrierung von abmahnenden natürlichen und juristischen Personen”, um rechtsmissbräuchliche Serienabmahnungen erkennbar zu machen? Hier gibt es zwar wohl vereinzelt Forderungen, jedoch keine konkreten Pläne der Bunderegierung, wie der Staatssekretär deutlich macht:
“Konkrete Vorschläge, die eine Online-Registrierung von abmahnenden natürlichen und juristischen Personen zum Gegenstand haben, sind an die Bundesregierung bislang nicht herangetragen worden. Der Bundesregierung ist auch nicht ersichtlich, welche Vorteile mit einer solchen Online-Registrierung verbunden sein sollten.
Eine Liste, in der alle natürlichen und juristischen Personen aufgeführt werden, die in der Vergangenheit Abmahnungen ausgesprochen haben, würde keine Aussage darüber enthalten, ob die entsprechenden Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren. Die Beantwortung dieser Frage hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.”
Die vollständige Bundestagsdrucksache 16/8245 ist hier abrufbar (S. 10: Fragen 20 und 21). (cf)
Ob ggf. die Abschaffung der Abmahnung die Lösung des Problems darstellt, bezweifele ich.
Die Gesetze müssen konsequent angewandt werden.
§ 8 Abs.4 UWG sieht z.B. den Einwand des Rechtsmissbrauchs bei der Geltendmachung von Ansprüche aus dem Wettbewerbsrecht vor.
Diese Norm wird von den Gerichten genauso mit Zurückhaltung genutzt wie der in dem Beitrag genannte § 12 UWG.
Vielfach wird bei der ganzen Diskussion vergessen, dass neben Verstößen wie z.B. gegen das Widerrufsrecht auch anderweitige Verstöße (z.B. unzulässige Preisbewerbung) mit einer Abmahnung geahndet werden können.
In diesen Fällen würde dem Wettbewerbsrecht durch einen Wegfall der außergerichtlichen Abmahnung ein wichtiges Instrument entzogen werden.
das “Instrument” der Abmahnung hat in anderen Ländern eine völlig andere Qualität und ist für die Anwälte dort nicht attraktiv genug, weil die zu erzielenden Gewinne minimal sind. Trotzdem funktionieren dort die Märkte genauso wie hier. Ich betrachte das Abmahnwesen in Deutschland als gesetzlich legitimerten Diebstahl.
Wie würde ein Anwalt es wohl finden, wenn ab und zu jemand vorbei kommt und sich einen beliebigen Betrag aus seiner Kasse holt ? Und dieser Jemand setzt nach seinem Ermessen den Betrag selbst fest. Herr Anwalt kann sich nur dagegen wehren, wenn er ein enormes Kostenrisiko auf sich nimmt und mit ungewissem Ausgang, weil in diesem Land jeder Dorfrichter eine andere Mainung von Recht und Gesdetz haben darf !
Abmahnungen verursachen in erster Linie enorme wirtschaftliche Schäden bei kleinen und mittleren Unternehmen und das hat mit Recht wenig zu tun. Auch unser Unternehmen wurde in den letzten Jahren mehrfach abgemahnt. Davon nur 1x teilweise zu Recht, 3x eindeutig nur zum Zweck der Gewinnerzielung und 1x um uns als Wettbewerber zu schädigen. Bis auf einen (Teilzahlung der ursprünglichen Forderung), haben wir diese Herrschaften alle abweisen können.
Andere Händler aus unserem Umfeld haben genau die gleichen Erfahrungen gemacht. Und da reden unsere “Volksvertreter” von nicht bestehendem Handlungsbedarf !
Kann ich verstehen, eine ganze Menge davon sind schließlich Anwälte…………
Setzt die Gebühren für die 1. Abmahnung auf 50 Euro fest und gebt dem Abmahnenden bzw. dessen Anwalt bei Nichtbeachtung die Möglichkeit zu einer 2., deutlich teureren Abmahnung. Dann sind all diese Probleme sofort vom Tisch. Wer zu Recht abgemahnt wird, der wird auch sofort entsprechend reagieren. Wer zu Unrecht abgemahnt wird, kommt mit dem endstandenen Schaden gut klar, oder ?