Rote KarteAuch wenn Online-Händler Abmahnungen häufig als ungerecht und unverhältnismäßig empfinden, so sind die Gerichte doch meist zögerlich mit der Bejahung des sog. Rechtsmissbrauchs i.S. von § 8 Abs. 4  des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Was sollte man als Shopbetreiber zum Thema wissen?

In dieser Vorschrift heißt es, dass die Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche unzulässig ist, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Das OLG Hamm hat nun einem Bericht der Kanzlei Hagen Hild zufolge der durch eine Vielzahl von Abmahnungen bekannten e-tail GmbH rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen und liegt damit auf einer Linie mit den Entscheidungen des LG Paderborn und des LG Hildesheim, die ebenfalls beide von Rechtsmissbrauch ausgingen.

Wie die Rechtsanwälte des abgemahnten Händlers berichten, ging es in dem Verfahren um ein Urteil des LG Paderborn, mit dem der Antrag der e-tail GmbH auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde, weil das Vorgehen rechtsmissbräuchlich sei. Hiergegen ging die e-tail GmbH in Berufung, so dass es zur mündlichen Verhandlung vor dem OLG Hamm kam. Dieses brachte sehr deutlich zum Ausdruck, das der schwer nachzuweisende Rechtsmissbrauch in diesem Fall gegeben sei, obwohl das gleiche Gericht zuvor einmal anders entschieden hatte. In der Pressemeldung der Kanzlei Hild heißt es hierzu:

“In einer nahezu zweistündigen Verhandlung setzte sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm am 23.08.2007 umfassend mit der Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnungen und Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen der e-tail GmbH auseinander. Das OLG brachte in dem Verhandlungstermin unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Abmahntätigkeit der e-tail GmbH als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Absatz 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) einstuft wird. Das Gericht gab deutlich zu erkennen, dass man die Auffassung vertrete, wonach genügend Indizien vorliegen, die das Verhalten der e-tail GmbH als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. … Die Verfahrensbevollmächtigten der e-tail GmbH entschlossen sich nach dieser sehr ausführlichen und ungewöhnlich langen Stellungnahme des Gerichts das Rechtsmittel der Berufung wieder zurückzunehmen, zumal man sich der Tatsache bewusst war, welche negativen Auswirkungen es gehabt hätte, wenn das OLG Hamm hier zusätzlich zum LG Paderborn und zum LG Hildesheim (Beschluss vom 10.05.2007 (Az 11 O 17/07) die rechtsmissbräuchliche Vorgehensweise der e-tail GmbH in einem Urteil ausdrücklich bestätigt hätte. “

Die e-tail GmbH vertrat im Berufungsverfahren weiterhin die Auffassung, dass ihre Abmahntätigkeit nicht  rechtsmissbräuchlich sei, insbesondere habe sie sich nicht mit ihren Rechtsanwälten verbündet, um Internetseiten zu durchsuchen und durch Abmahnungen die eigenen Einkünfte zu erhöhen. Dem folgte das Gericht jedoch nicht. Wesentliches Argument für Rechtsmissbrauch i.S. von § 8 Abs. 4 UWG war für den Senat, dass die e-tail GmbH nicht nur Abmahnungen durch ihre Anwälte aussprechen lässt, sondern auch selbst abmahnt:

“So spricht sie insbesondere Abmahnungen auf Grund der Verwendung einer zweiwöchigen Widerrufsfrist im Rahmen einer bei eBay eingestellten Widerrufsbelehrung auch im eigenen Namen aus und fordert hier die Abgemahnten dazu auf, ihr die durch die Abmahnung entstandene „Unkostenpauschale“ in Höhe von € 200 zzgl. Mehrwertsteuer zu ersetzen.”

Die e-tail GmbH argumentierte bzgl. des Ersatzes dieser Kosten in Höhe von € 200 zzgl. Mehrwertsteuer damit, dass dieser Kostenerstattungsanspruch  „seit langem anerkannt und Standard, wie z. B. auch für viele Wettbewerbszentralen“, sei. Dieser Argumentation schloss sich das OLG Hamm in dem Verhandlungstermin am 23.8.2007 nicht an, sondern gab der e-tail GmbH mit aller Deutlichkeit zu erkennen, dass das gesamte Verhalten der e-tail GmbH im Rahmen ihrer Abmahntätigkeit tatsächlich rechtsmissbräuchlich ist, so die Kanzlei Hild. Daraufhin nahmen die Verfahrensbevollmächtigten der e-tail GmbH die Berufung zurück, um keine negative Entscheidung durch das OLG Hamm ergehen zu lassen.

Laut Information der Verfahrensbevollmächtigten der e-tail GmbH gab es zwar durchaus auch Entscheidungen von Gerichten, die einen Rechtsmissbrauch verneinten. Nach dieser Niederlage vor dem OLG Hamm dürfte es jedoch leichter sein, weitere Gerichte davon zu überzeugen, dass hier der Tatbestand des § 8 Abs. 4 UWG erfüllt ist. Weitere Entscheidungen gegen diesen Abmahner können beispielsweise bei RA Dr. Schäfer unter “Links” abgerufen werden.

Bei einer Trusted Shops Umfrage zu Abmahnungen war die Schwestergesellschaft der e-tail GmbH, die BUG AG, dadurch aufgefallen, dass Sie bei der Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen unter den Befragten den dritten Platz im “Ranking der Top-Abmahner” einnahm, direkt nach Media-Markt und dem kriminellen Verein “Ehrlich währt am längsten”, der inzwischen aufgelöst wurde und dessen Vorsitzender in Haft sitzt. Es bleibt abzuwarten, wie lange die Abmahntätigkeit der e-tail GmbH noch währt. (cf)

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