preissuchmaschineDie 17. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat mit Urteil v. 21.9.2006 (Az: 17 HK O 12520/06, nicht rechtskräftig) entschieden, dass die Vorgehensweise von Media Markt, eine Vielzahl von Unternehmern mit weitgehend gleichlautenden Schreiben abzumahnen, nicht rechtsmissbräuchlich ist. Die Anzahl der Abmahnungen sei zwar ein Indiz für ein überwiegendes Gebührenerzielungsinteresse. Handelt allerings ein Branchenführer, der sich durch Niedrigpreise am Markt positioniert, sei jedoch ein massenhaftes Vorgehen nicht zu beanstanden. Anders hatte parallel die 33. Zivilkammer des LG München I entschieden.

Inhaltlich erkannte die Kammer für Handelssachen auf irreführende Werbung, wenn in Preissuchmaschinen die Versandkosten mit „ab 5,99 Euro“ angegeben werden, diese Kosten bei bestimmten Produkten jedoch mindestens 50 Euro betragen. Der Händler sei für diesen Wettbewerbsverstoß auch dann verantwortlich, wenn bei der Preissuchmaschine die Versandkosten nicht produktabhängig eingegeben werden können und der Interessent mittles eines Klicks auf die Produktdetailseite gelangt, auf der die Versandkosten richtig angegeben werden.

Ein Media Markt ging gegen einen Konkurrenten im Wege der einstweiligen Verfügung vor, um ein Verbot der Werbung mit zu niedrigen Versandkosten zu erwirken. Der abgemahnte Händler warb in einer Preissuchmaschine für ein Fernsehgerät und bezifferte die Versandkosten mit „ab: 5,99Euro“. Bei Klick auf den Produktlink gelangte der Interessent in den Online-Shop, auf der das Fernsehgerät mit genaueren Daten beschrieben wurde und die Versandkosten mit mindestens 50 Euro je nach Zahlungsart angegeben wurden.

Dies hielt der Media Markt für irreführend, „selbst wenn die Preissuchmaschinen zum damaligen Zeitpunkt keine produktspezifischen Angaben von Versandkosten vorgesehen hätten.“ Diese die Verbraucher täuschende Werbeform dürfe dann halt nicht genutzt werden. Zudem sei die Abmahnung nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit unzulässig, weil es Media Markt als Preisführer nicht hinnehmen müsse, „wenn sie in ihren Preisen durch falsche Angaben unterboten werde.“ Dass sich die falschen Angaben in einer Vielzahl von Fällen ereigneten, könne nicht zu Lasten von Media Markt gehen.

Nachdem das LG München I eine entsprechende einstweilige Verfügung zugunsten Media Markts erlassen hatte, wurde nun über den Widerspruch des Abgemahnten verhandelt. Dieser war der Ansicht, dass das Vorgehen rechtsmissbräuchlich i.S. des § 8 Abs. 4 UWG sei, weil Media Markt innerhalb des letzten Monats über 200 Abmahnungen ausgesprochen habe, bei denen es vorwiegend um das Thema „Versandkosten bei Großgeräten“ gegangen sei. Es dürfte daher vermutliches Ziel der Antragstellerin. bzw. ihrer Firmengruppe sein, Gebühren zu erzielen oder die jeweiligen Internetshops durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten.

Zudem sein es bis zum 4.7.2006 in der Preissuchmaschine nicht möglich gewesen, die Versandkosten individuell bezogen auf das konkrete Produkt anzugeben, und es sei es auch nicht irreführend, mit einer „ab:…“-Angabe zu werben. Der interessierte Kunde erkenne, dass diese nur eine rudimentäre Information über das Angebot des jeweiligen Händlers darstelle und wisse, dass er bei Anklicken des jeweiligen Händlers in den Shop des Händlers geführt würde. Dort würden sich dann auch die konkreten Versandkosten ergeben. Der Verbraucher gehe bei einem „ab:“-Betrag nicht davon aus, dass diese „ab:“-Kosten auf das konkrete Produkt, hier den Fernseher, bezogen seien.

Der Widerspruch des abgemahnten Händlers blieb ohne Erfolg. Die 17. Kammer für Handelssachen des LG München I bestätigte die einstweilige Verfügung, da eine irreführende Werbung i.S. des § 5 UWG vorliege und von Rechtsmissbrauch nicht auszugehen sei.

Zum Rechtsmissbrauch führt das Gericht aus:

„Die Anzahl der Abmahnungen und bei Gericht eingereichten Verfügungsanträge ist allenfalls ein Indiz dafür, dass die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche vorwiegend dazu dienen könnte, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Wenn man aber die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin und der zu ihr gehörenden Firmengruppe sieht, dann ist die Abmahntätigkeit hinsichtlich des Umsatzes von völlig untergeordneter Bedeutung.

Da die Antragstellerin, wie von ihr unbestritten dargelegt, Branchenführer ist und sich auch über ihre Niedrigpreise am Markt positioniert, ist es nur nachvollziehbar, wenn sie gegen Versandhändler vorgeht, die unter möglicherweise irreführenden Angaben mit niedrigen Preisen werben. Die Anzahl der Abmahnungen und nachfolgenden Gerichtsverfahren zeigt zunächst nur, dass in einer Vielzahl von Fällen auch gegen das Irreführungsgebot verstoßen wurde.“

Die Anzahl der Abmahnungen sei im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht limitiert. Auch erzielten möglicherweise Wettbewerber ihre niedrigen Verkaufspreise dadurch, dass sie einen Teil der Preise in den Versandkosten „verstecken“ und so an besserer Position in den Suchmaschinen zum Nachteil der Anbieter gelistet würden. Wenn die Unterbindung eines massenhaften Verstoßes zwangsläufig zu einem erhöhten Gebührenaufkommen für den abmahnenden Rechtsanwalt führt, dann könne in dieser „zwangsläufigen Folge“ noch keine Gebührenerzielungsabsicht gesehen werden. Das liege nun mal an der Vielzahl der Verstöße. Wenn in der Preissuchmaschine keine produktspezifischen Versandkostenangaben möglich sind, dürfe diese nicht genutzt werden.

Es liege auch eine irreführende Werbung vor:

„Die Angabe „ab 5,99 Euro“ ist produktbezogen, da sie sich unmittelbar neben dem beschriebenen Fernsehgerät neben dem Preis für das Gerät befindet. Der durchschnittliche Kunde im Versandhandel versteht unter der Kostenangabe „ab:“, dass das Produkt, für das diese Angabe steht, in der billigsten Variante zu Kosten von 5,99 Euro versandt werden kann. … Der Verbraucher erkennt zwar, dass es möglicherweise teurere Versandarten gibt, geht jedoch zumindest zum Teil davon aus, dass die billigste Versandart bereits ab 5,99 Euro möglich ist. „

Auch die Richtigstellung auf im Online-Shop führe nicht zur Rechtmäßigkeit der Werbung in der Suchmaschine. Die zunächst niedrigeren Versandkosten führten zumindest zu einem gewissen Anlock-Effekt dahingehend, dass der Kunde sich näher mit dem Angebot befasst. Auch die spätere Aufklärung im Online-Shop werde bei einem Teil der interessierten Verbraucher keine Änderung des Kaufentschlusses herbeiführen, da er die Preise bzw. Versandkosten der anderen Anbieter möglicherweise gar nicht mehr im Kopf habe bzw. sich nicht die Mühe mache, diese nachzuschauen. Auch eine Irreführung, die zunächst nur zu einem Anlock-Effekt führt und die möglicherweise nachträglich richtig gestellt wird, stelle eine irreführende Werbung i.S. des § 5 UWG dar.

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