Das Landgericht Münster hat mit Urteil v. 2.8.2006 (24 O 96/06) entschieden, dass zwar die Formulierung im amtlichen Belehrungsmuster “frühestens mit Erhalt dieser Belehrung” nicht mit § 312d Abs. 2 BGB übereinstimmt, weil für den Beginn der Widerrufsfrist auch der Erhalt der Ware maßgeblich ist. Gleichwohl stehe, so das Gericht, § 14 BGB-InfoV seit Neuverkündung im Fernabsatzänderungsgesetz v. 2.12.2004 (BGBl 2004, S. 3102) normenhierarchisch mit §§ 355, 312d Abs. 2 BGB auf einer Ebene, so dass bei Verwendung des amtlichen Musters kein unlauterer Gesetzesverstoß vorliege.

In dem Wettbewerbsprozess beanstandete ein Konkurrent des Verfügungsbeklagten die Verwendung der amtlichen Muster-Belehrung und beantragte, die Verwendung der Formulierung “die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung” zu unterlassen. In der Tat ist dieser Passus im amtlichen Muster nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit, weil die Frist ebenfalls an den Erhalt der Ware sowie die Erfüllung sämtlicher Pflichtinformationen im Fernabsatz und E-Commerce geknüpft ist und auch erst am Tag nach Erhalt der Ware zu laufen beginnt. Diese und andere bekannte Fehler hatten das LG Halle veranlasst, die Belehrung insgesamt für rechtswidrig und nichtig zu erklären.

Anders als das LG Halle entschied nun das LG Münster, dass die amtliche Belehrung seit 8.12.2004 den Rang eines Gesetzes hat und nun nicht einfach von einem Gericht für unwirksam erklärt werden kann. § 14 BGB-InfoV steht mit §§ 312d, 355 BGB normenhierarchisch auf eine Ebene. Diese Ansicht hatten wir bereits im Zusammenhang mit der Entscheidung des LG Halle vertreten (siehe auch http://www.trustedshops.de/de/trustedshops/news_de_8342.html und http://www.heise.de/newsticker/meldung/76374).

Es bleibt zu hoffen, dass andere Gerichte dem Urteil folgen, da ansonsten ein völliges Chaos droht. Unabhängig davon sollten die bekannten Fehler der Musterbelehrung aber durch den Gesetzgeber schleunigst korrigiert werden. Die Vielzahl der Fehler führt nämlich dazu, dass das Muster bei kleinsten Änderungen (Abweichungen vom Originalwortlaut) wettbewerbswidrig ist. Da Änderungen häufig erforderlich und/oder sinnvoll sind, ist das Muster nicht wirklich praktikabel. Das BMJ sieht bislang allerdings keine Notwendigkeit einer Gesetzesänderung.

Trotz der Fehler sollte das Muster unbedingt unverändert genutzt werden. Werden kleinste Änderungen vorgenommen, müssen sämliche Fehler korrigiert werden. Im Originalwortlaut kann es sowohl zur vorvertraglichen Information als auch zur Belehrung in Textform rechtssicher eingesetzt werden. Eine Rechtmäßigkeits-Fiktion findet sich nicht nur in § 14 Abs. 1 BGB-InfoV, sondern auch in § 1 Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV, wonach auch “zur Erfüllung der Informationspflicht nach Absatz 1 Nr. 10” das Muster genutzt werden kann. (CF)

Das Urteil ist als PDF abrufbar unter: http://www.internetrecht-rostock.de/lg-muenster-24-o-96-06.pdf

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