Das OLG Nürnberg hat mit Urteil v. 25.10.2005 (3 U 1084/05) entschieden, dass das Bereitstellen einer reinen Produktempfehlungsfunktion, mittels derer Dritte Produkte des Shops gezielt an Bekannte per E-Mail weiterempfehlen können, nicht wettbewerbswidrig ist. Wettbewerbswidrig ist eine solche Produktempfehlung jedoch dann, wenn die Produktempfehlungs-E-Mail ohne Kenntnis des Versenders mit sonstiger Werbung versehen wird.

Ein großes Versandhandelshaus hatte auf seiner Website u.a. die Möglichkeit geboten, bestimmte Produkte per sog. „tell-a-friend“-Funktion weiterzuempfehlen. Dabei musste ein Besucher der Website in einem Menü die Funktion „Produkt weiterempfehlen“ auswählen und gelangte zu einer weiteren Seite, auf der er Empfänger, Name, Vorname und E-Mail eintragen musste. Beim Klick auf einen Button „Abschicken“ erhielt der angegebene Empfänger eine E-Mail mit dem Text „Ich dachte, dieses Angebot würde dich interessieren“, einem Link zu dem empfohlenen Produkt sowie einem Hinweis auf die Anmeldemöglichkeit zum Newsletter des Versandhandelsunternehmens sowie einen werblichen Text zu einem „Großen Sonderverkauf“.

Die klagende Verbraucherzentrale war der Auffassung, eine solche Vorgehensweise verstoße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG und sei damit wettbewerbswidrig. Es gehe nicht nur um eine reine Produktempfehlung eines Dritten, sondern eine Werbung des Versandhandelsunternehmens, für die der Empfänger keine Einwilligung erteilt hat. Durch die Tarnung als Freundschaftswerbung werde das Werbeverbot umgangen. Eine solche Werbung habe die gleiche Wirkung wie wenn der Händler selbst Werbung versende. Dem hielt das Versandhandelshaus entgegen, es handele sich nicht um Direktwerbung im Sinne der EU-Richtlinie 2002/58/EG.

Das Landgericht hatte die Klage der Verbraucherzentrale noch abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte versende die E-Mail nicht selbst, sondern eröffne nur dem Besucher der Website die Möglichkeit, E-Mails an einen Dritten zu versenden. Es handele sich daher nicht um Direktwerbung. Die E-Mails verschleierten auch nicht die Identität des Werbenden oder den kommerziellen Charakter, weil das Versandhandelsunternehmen klar in der E-Mail benannt wurde. Hiergegen richtete sich die Berufung der Verbraucherzentrale, die der Auffassung ist, aus einer fehlenden Einwilligung folge zwingend eine „unzumutbare Belästigung“ im Sinne des UWG.

Das OLG gab nun der Klage der Verbraucherzentrale statt und untersagte dem Versandhandelsunternehmen, Produktempfehlungsfunktionen in der beschriebenen Art und Weise an Dritte ohne deren Einwilligung zu verschicken. Dabei stellte der Senat zunächst klar, dass eine reine Produktempfehlung als solche (also ohne Hinweise auf weitere Produkte des Händlers) nicht als wettbewerbswidrig zu qualifizieren sei. Eine solche sei zwar auch als Werbung zu verstehen, der Versand beruhe aber auf dem Entschluss eines Dritten, der nicht vom UWG erfasst werde, da seine Tätigkeit nicht auf den Absatz eigener Waren gerichtet sei.

Allerdings verstoße es gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wenn solchen Empfehlungsmails weitere Werbung seitens des Händlers angefügt wird. Hier liege keine Einwilligung des Adressaten vor. Das Zusenden einer solchen Mail beruhe auch nicht auf dem Entschluss des Dritten, der lediglich ein bestimmtes Produkt weiterempfehlen wollte. Es sei davon auszugehen, dass der Dritte keine weitere Werbung an den Empfänger versenden wollte, von der er vorher auch gar keine Kenntnis erlangte. Dadurch werde ungewollte Werbung (hier „Großer Sonderverkauf“) in die Produktempfehlungsmail „hineingeschmuggelt“.

Eine solche Vorgehensweise sei als Direktwerbung im Sinne der EU-Richtlinie 2002/58/EG zu werten. Entscheidend sei allein die Frage, ob ein bestimmter Adressat über seinen elektronischen Briefkasten angesprochen wird oder nicht. Unerheblich sei dabei, ob der Unternehmer dabei über Umwege tätig wird, indem er einen ahnungslosen Dritten für die Übermittlung der Werbung einsetzt. Auch die Tatsache, dass es sich um einen einmaligen Vorgang handelt und nicht einen Massenversand von E-Mails nehme der Vorgehensweise nicht den belästigenden Charakter. Eine solche Sichtweise würde die sehr strikte Entscheidung der EU-Richtlinien und des nationalen Gesetzgebers außer Acht lassen, eine Mailbox von Werbung grundsätzlich freizuhalten. Hintergrund dieser Regelungen sei die Gefahr, dass eine elektronische Mailbox sehr viel einfacher als ein realer Briefkasten „zugemüllt“ werden kann. Auf einen Massenversand stelle der Gesetzgeber nicht ab.

Das Urteil stellt zunächst aus Händlersicht begrüßenswert klar, dass das bloße Bereitstellen einer tell-a-friend Funktion als solches nicht wettbewerbswidrig ist. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass nicht der Händler, sondern ein Dritter eine Produktempfehlung verschickt, der nicht dem UWG unterliegt. Problematisch wird eine Freundschaftswerbung jedoch dann, wenn die E-Mail über die reine Produktempfehlung hinaus weitere Werbung enthält, von der der absendende Kunde nichts wusste.
Wettbewerbswidriges Handeln kann aber auch vorliegen, wenn der Händler nicht beweisen kann, dass tatsächlich ein Dritter die Werbung verschickt hat oder die dritte Person nicht identifiziert werden kann. Denkbar ist nämlich auch, dass der Händler selbst seine eigene Funktion benutzt, um als vermeintlicher Dritter Werbung an Kunden zu versenden. Hierdurch würden die gesetzlichen Vorgaben umgangen.

Trotz des Urteils ist also weiter Vorsicht geboten. Idealerweise werden Produktempfehlungsfunktionen nur registrierten Kunden zur Verfügung gestellt, damit nachvollzogen werden kann, wer die Mails verschickt. So kann Missbrauch verhindert werden und das Risiko eines Gesetzesverstoßes ist gering. Es bleibt auch abzuwarten, wie der BGH über den Fall entscheiden wird.

Bildnachweis: Zerbor/shutterstock.com

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