Der BGH hat mit Urteil vom 21.9.2005, Az: VIII ZR 284/04 entschieden, dass sich ein Online-Shop in den AGB nicht pauschal das Recht vorbehalten darf, einen qualitativ und preislich gleichwertigen Ersatzartikel zu liefern, wenn der bestellte Artikel nicht lieferbar ist. Mit diesem Urteil gab der Bundesgerichtshof einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) statt, der gegen eine entsprechende Vertragsklausel im Online-Shop des Otto-Versandes vorgegangen war. Dieser formularmäßige Änderungsvorbehalt sei für die Verbraucher unzumutbar und damit unwirksam, so der BGH. AGB sollten unbedingt überprüft und ggf. angepasst werden.

In dem Verfahren der Verbraucherschützer gegen den großen Versandhändler ging es um mehrere AGB-Klauseln. Schon vor dem Landgericht Hamburg wurde Otto eine sog. Rügeklausel untersagt, nach der Kunden verpflichtet sein sollten, offensichtliche Transportschäden unverzüglich zu melden (wir berichteten).

Im jetzigen Verfahren ging es noch um die Klausel: „Sollte ein bestimmter Artikel nicht lieferbar sein, senden wir Ihnen in Einzelfällen einen qualitativ und preislich gleichwertigen Artikel (Ersatzartikel) zu.“ Im Anschluss an diese Regelung hieß es in den AGB: „Auch diesen können Sie bei Nichtgefallen innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Sollte ein bestellter Artikel oder Ersatzartikel nicht lieferbar sein, sind wir berechtigt, uns von der Vertragspflicht zur Lieferung zu lösen; …“

Nach Auffassung des BGH stellt dies eine einseitige Benachteiligung des Kunden dar, die gemäß §§ 307 Abs. 1, 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist. Da die Verbraucher die Ware individuell nach ihren Bedürfnissen auswählten, sei „zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderung“ erforderlich. Ansonsten würden die Interessen der Verbraucher nicht hinreichend berücksichtigt. Die verwendete pauschale AGB-Klausel lasse hier einen zu großen Interpretationsspielraum. Dem Verbraucher sei beispielsweise die Ersatzlieferung brauner Schuhe nicht zumutbar, wenn er schwarze Schuhe bestellt hat. Eine derartige Möglichkeit bestehe jedoch bei kundenfeindlichster Auslegung der streitgegenständlichen Klausel. Das OLG Hamburg hatte als Vorinstanz die Frage noch anders beurteilt. Der BGH sah hingegen ein Verstoß gegen das Verbot des § 308 Nr. 4 BGB (http://dejure.org/gesetze/BGB/308.html), eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung bei einer Abwägung von Verbraucher- und Händlerinteressen zumutbar ist.

Vor kurzem hatte bereits das Landgericht Frankfurt a.M. (Urteil vom 09.03.2005, 2-02 O 341/04) in einem Verfahren auf Betreiben der Wettbewerbszentrale dem Anbieter T-Online die Verwendung einer Reihe von Klauseln untersagt. Unwirksam sind nach diesem Urteil bestimmte Klauseln zu unverbindlichen Lieferzeiten, Änderungsvorbehalten, Rügepflichten und zur Originalverpackung. T-Online hatte u.a. die Klausel verwendet: „Sollte ein vom Kunden bestelltes Produkt wider Erwarten trotz rechtzeitiger Disposition aus von der T-Online AG nicht zu vertretenden Gründen nicht verfügbar sein, ist die T-Online AG berechtigt, anstatt des bestellten Produktes ein in Qualität und Preis gleichwertiges Produkt zu liefern.“ (Ziff. 4.2 AGB)

Das Urteil zeigt einmal mehr, dass der Verbraucherschutz im Internet ungebrochen gilt. Der BGH hat nun in einer Reihe von Entscheidungen zugunsten der Verbraucher entschieden und auch große Händler nicht verschont. Neue Abmahnungen werden nicht lange auf sich warten lassen. Um dies zu verhindern, sollten immer nur solche Klauseln eingesetzt werden, über deren Zulässigkeit Gewissheit besteht oder mit denen ein wohl kalkuliertes Risiko eingegangen werden soll. Ersatzlieferungsklauseln sind möglich, müssen aber das konkrete Interesse des Kunden berücksichtigen, d.h. es ist je nach Warensortiment zu formulieren. An diesem Fall wird auch deutlich, dass „Muster-AGB“ nur sehr begrenzt eingesetzt werden können und in vielen Fällen auf den Einzelfall angepasst werden müssen.

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